Nach § 12 Abs. 1 ErbStG ist grundsätzlich der erste Teil des Bewertungsgesetzes (§ 1§ 16 BewG) anzuwenden, wenn eine Bewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer vorzunehmen ist. Dies gilt aber dann nicht, wenn ausdrücklich eine andere Bewertungsvorschrift vorgeschrieben ist.

 
Praxis-Tipp

§ 12 ErbStG als Überleitungsvorschrift zu den Bewertungsvorschriften des BewG

Bei Erwerben, die unter das ErbStG fallen, können die zutreffenden Bewertungsvorschriften des BewG nur aus der Überleitungsvorschrift des § 12 ErbStG abgeleitet werden.

Nach der Vorgabe des § 12 ErbStG ergeben sich die folgenden Bewertungsmöglichkeiten:

  • § 12 Abs. 1 ErbStG: Grundsätzlich gilt der erste Teil des BewG für alle Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist.
  • § 12 Abs. 2 ErbStG: Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Wert gesondert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG festzustellen ist, sind mit dem für sie auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen. Der Wert der Anteile an Kapitalgesellschaften ermittelt sich dabei nach § 11 BewG.
  • § 12 Abs. 3 ErbStG: Grundbesitz ist mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag festzustellenden Wert anzusetzen. Dabei ist der Grundbesitzwert nach § 157 ff. BewG maßgeblich; vgl. dazu den Beitrag zur Bewertung des Grundvermögens und der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
  • § 12 Abs. 4 ErbStG: Bodenschätze (soweit sie nicht zum Betriebsvermögen gehören) werden angesetzt, wenn für sie Absetzungen für Substanzverringerung vorzunehmen sind. Dabei werden die ertragsteuerlichen Werte angesetzt.
  • § 12 Abs. 5 ErbStG: Betriebsvermögen, für das ein Wert gesondert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG festzustellen ist, wird mit dem auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert angesetzt. Dabei sind – über die Bewertungsvorschriften des § 109 Abs. 1 und Abs. 2 BewG – die grundsätzlichen Bewertungsvorschriften des § 11 Abs. 2 BewG maßgeblich; vgl. dazu den Beitrag über die Bewertung des Betriebsvermögens.
  • § 12 Abs. 6 ErbStG: Wirtschaftsgüter und Schulden, für die ein Wert gesondert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG festzustellen ist, werden mit dem anteiligen Wert angesetzt. Dies betrifft Wirtschaftsgüter und Schulden, die mehreren Personen zustehen.
  • § 12 Abs. 7 ErbStG: Ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen sind nach § 31 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

     
    Wichtig

    Bewertung erfolgt unabhängig von Begünstigungen

    Die Bewertung der einzelnen Vermögenspositionen erfolgt unabhängig davon, ob sich für diese Vermögenspositionen eine erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung ergibt oder nicht. So unterliegen bestimmte Grundstücke einer Steuerbefreiung von 10 %[1], andere Grundstücke sind vollständig von der Erbschaftsteuer befreit und Betriebsvermögen sowie bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften können unter diversen weiteren Voraussetzungen[2] bis zur vollständigen Steuerfreistellung begünstigt werden. Die Bewertung als solche erfolgt aber vor der Feststellung der individuellen Begünstigung.

2.1 Der gemeine Wert

Als allgemeiner Wert des Bewertungsrechts ist der gemeine Wert immer dann anzuwenden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist.[1] Es ist der grundsätzliche Bewertungsmaßstab für die Erbschaft- und Schenkungsteuer.

Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, dabei sind ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen.

Bei der Ermittlung des gemeinen Werts ist auf den Einzelveräußerungspreis abzustellen, den der Besitzer des Gegenstands auf dem ihm zugänglichen Veräußerungsmarkt erzielen könnte. Als Einzelveräußerungspreis umfasst der gemeine Wert soweit möglich die gesetzliche Umsatzsteuer. Der Einzelveräußerungspreis muss nicht mit einem tatsächlich einmal am Markt erzielten Preis übereinstimmen, allerdings werden tatsächlich erzielte Preise häufig einen Rückschluss auf den gemeinen Wert zulassen.

Der gemeine Wert kommt insbesondere bei den folgenden Vermögensgegenständen zur Anwendung:

  • Hausrat
  • bewegliche körperliche Gegenstände (z. B. Pkw, Segelboot etc.)
  • Sammlungsstücke, Kunstgegenstände
  • Schmuck, Münzen
  • Sachleistungsansprüche[2]
 
Praxis-Tipp

Hausrat begünstigt nach § 13 ErbStG

Zu beachten ist, dass bei vielen Vermögensgegenständen (z. B. Hausrat, bewegliche körperliche Gegenstände) sachliche Steuerbefreiungen in Abhängigkeit von der Steuerklasse nach § 13 ErbStG gewährt werden.

Soweit es für bestimmte Wirtschaftsgüter allgemein zugängliche Marktpreise gibt (z. B. bei Edelmetall, Goldmünzen etc.) ist die Feststellung des gemeinen Werts ohne Schwierigkeiten möglich. In vielen Fällen wird ein gemeiner Wert aus Verkaufspreisen vergleichbarer Gegenstände abgeleitet werden können.

 
Praxis-Tipp

Gemeiner Wert ableitbar aus feststellbaren Marktpreisen

Bei Fahrzeugen wird sich ein gemeiner Wert aus Veröffentlichungen (z. B. Schwacke-Liste) ableiten lassen. Auch ...

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