Zusammenfassung

 
Überblick

Wird Betriebsvermögen (Einzelunternehmen oder Anteile an einer Personengesellschaft) vererbt oder verschenkt, unterliegt der Vorgang der Erbschaftsteuer. Um den Vorgang der Erbschaftsteuer unterwerfen zu können, muss ein Wert für das Betriebsvermögen festgestellt werden. Dabei ist nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts jeder Vermögensgegenstand grundsätzlich mit dem Verkehrswert anzusetzen. Dabei darf weder die Rechtsform noch die ertragsteuerrechtliche Gewinnermittlungsvorschrift einen wesentlichen Einfluss auf den festzustellenden Wert haben. Die Bewertung des Betriebsvermögens erfolgt entsprechend den Regelungen für die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Kann der Verkehrswert nicht aus Verkäufen abgeleitet werden, ist der Wert anhand eines auch für nichtsteuerliche Zwecke anerkannten Bewertungsverfahrens festzustellen. Der Wert kann auch durch ein vom Gesetzgeber normiertes vereinfachtes Ertragswertverfahren ermittelt werden. Im Zusammenhang mit notwendigen Änderungen bei den Verschonungsregelungen wurde zum 1.7.2016[1] auch eine wesentliche Veränderung bei dem sog. vereinfachten Ertragswertverfahren vorgenommen. An Stelle eines vom jeweils aktuellen Marktzinsniveau abhängigen Vervielfältigers wurde ein fester Kapitalisierungsfaktor von 13,75 vorgegeben.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die erbschaftsteuerrechtliche Bewertung des Betriebsvermögens richtet sich grundsätzlich nach § 12 Abs. 5 ErbStG. Danach ist der gesondert festgestellte Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG maßgeblich. Der Wert des Betriebsvermögens richtet sich gem. § 109 Abs. 1 BewG (bei gewerblichen und freiberuflichen Einzelunternehmen) oder § 109 Abs. 2 BewG (bei Anteilen an Personengesellschaften) nach der Grundregelung des § 11 Abs. 2 BewG. Soweit keine Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen oder anderen zugelassenen Bewertungsverfahren erfolgt, bestimmt sich der Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren nach § 199 bis § 203 BewG. Die Finanzverwaltung hat ausführlich in R B 199.1 bis R B 203 ErbStR die gesetzlichen Regelungen des vereinfachten Ertragswertverfahrens kommentiert.

[1] Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts v. 04.11.2016, BGBl 2016 I S. 2464.

1 Grundlagen der Bewertung

Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften gingen nach den bis zum 31.12.2008 geltenden Bewertungsvorschriften mit systematisch völlig unterschiedlichen Werten in die Besteuerungsgrundlage bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ein.

Bei börsennotierten Kapitalgesellschaften wurde der idealtypische gemeine Wert – der Börsenkurs – angesetzt. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wurde im Regelfall der zufallsbedingte Bilanzwert der einzelnen Wirtschaftsgüter berücksichtigt. Bei nichtbilanzierenden Unternehmern war die Ermittlung des Steuerwerts für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nur in Einzelfällen auf ertragsteuerrechtliche Werte zurückzuführen: Bei dem abnutzbaren Anlagevermögen war der ertragsteuerrechtliche Restbuchwert anzusetzen. Alle anderen Vermögens- und Schuldpositionen waren nach dem allgemeinen Teil des Bewertungsgesetzes zu bewerten (in der Regel der Teilwert nach § 10 BewG).

Insbesondere die Ertragsaussichten waren durch diese unterschiedlichen Bewertungsverfahren völlig unterschiedlich berücksichtigt. Während beim Ansatz des Börsenkurses systembedingt den zukünftigen Ertragsaussichten ein hoher Stellenwert zukommt, bei der Schätzung des gemeinen Werts von Kapitalgesellschaften nach dem sog. Stuttgarter Verfahren die Ertragsaussichten auch eine wesentliche Rolle spielten, waren diese in allen anderen Fällen völlig unbeachtlich, es erfolgte eine reine substanzwertorientierte Bewertung.

Die Regelungen seit dem 1.1.2009 setzen dagegen die eindeutigen Vorgaben des BVerfG um: Es muss in allen Fällen der gemeine Wert (Verkehrswert) ermittelt werden. Aus diesen Gründen steht im Mittelpunkt der Bewertungsverfahren ein rechtsformunabhängiges Ertragswertverfahren, dass sog. vereinfachte Ertragswertverfahren. Allerdings kann der Erwerber den Verkehrswert auch durch andere – auch für nichtsteuerliche Zwecke zulässige – Bewertungsverfahren ermitteln. Erst wenn das Betriebsvermögen für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke zutreffend bewertet worden ist, kann geprüft werden, ob eine Verschonungsregelung (Steuerbefreiung) bei der Berechnung der Erbschaftsteuer angewendet werden kann.

Ist Betriebsvermögen oder sind Anteile an einer Kapitalgesellschaft Gegenstand eines Erwerbs von Todes wegen oder einer Schenkung unter Lebenden, muss in 2 Schritten vorgegangen werden:

  • Zuerst muss der bewertungsrechtlich zutreffende Wert für die Vermögensteile ermittelt werden,
  • danach muss geprüft werden, ob und in welchem Umfang Verschonungsregelungen für diese Vermögensteile vorliegen.

2 Grundsätze der Wertfeststellung

2.1 Regelungen zur Feststellung der Werte des Betriebsvermögens und Anteilen an Kapitalgesellschaften

Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen (bei Personengesellschaften) wird grundsätzlich nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG gesondert f...

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