Leitsatz

Die beim Transport lebender Rinder gem. Art. 3 VO Nr. 615/98 erforderliche tierärztliche Kontrolle der ersten Entladung der Tiere im Bestimmungsland hat jedenfalls im unmittelbaren Anschluss an den Entladevorgang zu erfolgen. Eine tierärztliche Kontrolle erst zwölf Tage nach dem Entladen erfüllt diese Voraussetzung nicht.

 

Normenkette

Art. 3, Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98, Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 VO Nr. 805/68

 

Sachverhalt

1999 sind Zuchtrinder nach Libyen ausgeführt worden. Sie wurden u.a. auf einem Schiff transportiert. Ein Gesundheitszeugnis eines libyschen Tierarztes mit einer Zusatzerklärung der Kontroll- und Überwachungsgesellschaft bescheinigt, dass die Rinder im libyschen Hafen entladen worden sind. Die tierärztliche Kontrolle ihres Gesundheitszustands wurde aber erst rund zwei Wochen später in der Quarantänestation durchgeführt. Das HZA will dem Exporteur deshalb keine Ausfuhrerstattung gewähren.

 

Entscheidung

Dem Exporteur steht keine Erstattung zu! Eine tierärztliche Kontrolle erst fast zwei Wochen nach der Ankunft und dem Entladen genügt den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht. Die angeblich vom FG (FG Hamburg, Urteil vom 10.06.2004, IV 313/01, Haufe-Index 1254728) aufgrund des Tierarztberichts gewonnene (tatrichterliche) Überzeugung vom Wohlbefinden der Tiere während des Transports und einer gesunden Ankunft bindet den BFH nicht nach § 118 Abs. 2 FGO.

 

Hinweis

Das Gemeinschaftsrecht macht die Gewährung von Ausfuhrerstattungen bei der Ausfuhr lebender Tiere von der Einhaltung der Vorschriften zum Schutz der Tiere während des Transports, insbesondere der RL 91/628/EWG abhängig. Bedenken gegen den dazu hergestellten Konnex aufgrund höherrangiger Rechtsprinzipien, insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, bestehen nicht (EuGH, Urteil vom 17.01.2008, Rs. C 37/06 und C 58/06, ZfZ 2008, 42; BFH, Urteil vom 17.05.2005, VII R 76/04, BFH/NV 2005, 1713).

Im Einzelnen verlangt das Gemeinschaftsrecht u.a., dass ein Kontrollbericht eines Tierarztes vorgelegt wird, der von einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft, die von einem Mitgliedstaat oder von der Kommission zu diesem Zweck zugelassen wurde oder von einer amtlichen Stelle eines Mitgliedstaats beauftragt worden ist und der "die erste Entladung im Bestimmungsdrittland" kontrolliert hat.

Wie muss diese Kontrolle aussehen? Muss sie unmittelbar beim Entladen durchgeführt werden oder reicht auch eine spätere Beschau der Tiere aus, wenn diese Rückschlüsse auf ihren Gesundheitszustand bei der Ankunft und auf ihre Behandlung auf dem Transport zulassen?

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.07.2008, VII R 54/05

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