Leitsatz

Dienstleistungen, die ein landwirtschaftlicher Erzeuger allein mit seiner eigenen Arbeitskraft für einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb erbringt, unterliegen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist staatlich geprüfter Landwirt und war bis zum 30.10.2004 als Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters (überwiegend Milchviehhaltung) tätig. Danach pachtete er von seinem Vater Ackerflächen und gründete einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Für die Bewirtschaftung der Flächen wurden Lohnunternehmerleistungen in Anspruch genommen und Geräte aus dem väterlichen Betrieb (gegen Entgelt) eingesetzt. Daneben erbrachte der Kläger ab dem 1.11.2004 weiterhin Dienstleistungen im väterlichen Milchviehbetrieb. Da er hierfür die Maschinen und Geräte des Milchviehbetriebs verwendete, wurden die Dienstleistungen ausschließlich mit seiner eigenen Arbeitskraft verrichtet. Er übernahm insbesondere das Führen des Zuchtstammbuches (Herdbuch), das bei einer Herde von über 400 Kühen sehr zeitintensiv war. Seine geleisteten Arbeitsstunden stellte er monatlich mit 7,50 Euro pro Stunde bzw. später mit 8,50 Euro pro Stunde in Rechnung. Neben seinen Umsätzen aus seiner landwirtschaftlichen Urproduktion unterwarf er auch die Entgelte für die an seinen Vater ausgeführten Dienstleistungen ("Arbeitsstunden") der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG und zahlte dafür faktisch keine Umsatzsteuer. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Umsätze aus den Dienstleistungen der Regelbesteuerung zu unterwerfen seien.

 

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Die vom Kläger in den Streitjahren an das landwirtschaftliche Unternehmen des Vaters erbrachten Dienstleistungen unterliegen gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG der Durchschnittssatzbesteuerung. Damit gleichen sich Umsatzsteuer und Vorsteuer im Ergebnis aus. Das Tatbestandsmerkmal "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" in § 24 UStG ist unionsrechtskonform auszulegen (vgl. Art. 295 ff MwStSystRL). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erbrachte der Kläger die streitigen Dienstleistungen "im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs", weil diese Leistungen sämtliche Voraussetzungen für das Vorliegen von landwirtschaftlichen Dienstleistungen, die der unionsrechtlichen Pauschalierungsregel unterliegen, erfüllen. Insbesondere handele es sich bei der persönlichen Arbeitskraft des Klägers um die "Arbeitskraft (Arbeitskräfte) seines landwirtschaftlichen Betriebs" mit deren Hilfe er seine Dienstleistungen gegenüber dem Betrieb seines Vaters erbringt. Zwar ist dem Finanzamt zuzugeben, dass der Kläger nach dem Akteninhalt den überwiegenden Teil seiner persönlichen Arbeitskraft (immerhin 270 Stunden/Monat) dem väterlichen Betrieb widmet, während seine landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit (Anbau von Kartoffeln und Silomais), d. h. die Bewirtschaftung der gepachteten Ackerflächen, vornehmlich von Lohnunternehmern durchgeführt wurde. Diese Umstände lassen aber nach Ansicht des Gerichts nicht den Schluss zu, dass die persönliche (eigene) Arbeitskraft des Klägers nicht zu seiner (eigenen) landwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit gerechnet werden kann.

 

Hinweis

Nach diesem Urteil gehören Dienstleistungen, die ein landwirtschaftlicher Erzeuger allein mit seiner eigenen Arbeitskraft erbringt und die zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, zu den umsatzsteuerlich begünstigten landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Zumindest konnte im vorliegenden Fall die eigene Arbeitskraft des Betriebsinhabers als Teil des eigenen landwirtschaftlichen Betriebs betrachtet und nicht isoliert von seiner Erzeugertätigkeit beurteilt werden. Das Finanzamt kam auch nicht mit seiner Argumentation durch, dass die ausgeführten Dienstleistungen (z. B. das Führen eines Herdbuchs) Leistungen seien, die im eigenen Betrieb des Klägers (Ackerbau) gar nicht anfallen könnten.

Hinzuweisen ist noch darauf, dass auch im Bereich der Durchschnittssatzbesteuerung der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des Unionsrechts nicht vollständig, sondern lediglich dadurch umgesetzt hat, dass er die im Zeitpunkt der Verabschiedung der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden nationalen Regelungen im Wesentlichen fortgeführt hat (vgl. BFH, Urteil v. 10.9.2014, BStBl 2015 II S. 720).

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 10.06.2016, 1 K 257/14 U

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