Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG für landwirtschaftliche Dienstleistungen – Einsatz der eigenen Arbeitskraft eines landwirtschaftlichen Einzelunternehmers – Verhältnis der landwirtschaftlichen Dienstleistungen zur eigenen Erzeugertätigkeit – Erforderlichkeit des Besitzes und des Einsatzes landwirtschaftlicher Arbeitsgeräte

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Dienstleistungen, die ein landwirtschaftlicher Erzeuger allein mit seiner eigenen Arbeitskraft erbringt und die zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, gehören zu den der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterliegenden landwirtschaftlichen Dienstleistungen im Sinne von Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL.
  2. Dies gilt auch, wenn ein landwirtschaftlicher Einzelunternehmer den überwiegenden Teil seiner persönlichen Arbeitskraft (270 Stunden im Monat) der Erbringung derartiger Dienstleistungen für andere landwirtschaftliche Betriebe widmet, während seine eigene landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit vornehmlich von Lohnunternehmern durchgeführt wird.
  3. Die unionsrechtlichen Regelungen setzen für das Vorliegen einer landwirtschaftlichen Dienstleistung nicht den Besitz und den Einsatz landwirtschaftlicher Arbeitsgeräte voraus.
 

Normenkette

UStG § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; RL 77/388/EWG Art. 25 Abs. 1-2; MwStSystRL Art. 295 Abs. 1 Nr. 5, Art. 296

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.08.2017; Aktenzeichen V R 8/17)

BFH (Urteil vom 24.08.2017; Aktenzeichen V R 8/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die vom Kläger in den Streitjahren 2004 bis 2009 an das landwirtschaftliche Unternehmen des Vaters des Klägers erbrachten Dienstleistungen der Regelbesteuerung (§ 12 UStG) oder der Durchschnittssatzbesteuerung (§ 24 UStG) unterliegen.

Der Kläger (geb. ...) ist staatlich geprüfter Landwirt. Bis zum 30.10.2004 war er als Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters (Landwirt ...) in A (...hof - überwiegend Milchviehhaltung) tätig.

Zum 01.11.2004 pachtete der Kläger von seinem Vater landwirtschaftliche Ackerfläche von 7,5 ha und gründete einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. In der Folge wurde die angepachtete Fläche auf knapp 20 ha (Gemarkung ...) ausgedehnt (vgl. Landpachtvertrag vom 31.10.2006). Der Kläger baute Kartoffeln und Silomais an. Während die Kartoffeln an den Handel und an die Industrie abgegeben wurden, wurde der Mais an den landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters veräußert. Für die Bewirtschaftung der Flächen wurden Lohnunternehmerleistungen in Anspruch genommen und Geräte aus dem väterlichen Betrieb (gegen Entgelt) eingesetzt.

Daneben erbrachte der Kläger ab dem 01.11.2004 weiterhin Dienstleistungen im väterlichen Milchviehbetrieb. Hierzu wurden die Maschinen und Geräte des Milchviehbetriebs verwendet. Eigene Maschinen kamen nicht zum Einsatz; der Kläger besaß keine eigenen landwirtschaftlichen Gerätschaften. Die Tätigkeit des Klägers umfasste - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - alle anfallenden Arbeiten im Stall (z.B. Melken) und auf dem Feld, sowie koordinative und organisatorische Aufgaben. Insbesondere übernahm der Kläger das Führen des Zuchtstammbuchs (Herdbuch), das bei einer Herde von über 400 Kühen sehr zeitintensiv war. Seine geleisteten Arbeitsstunden stellte der Kläger monatlich mit 7,50 EUR/ Stunde bzw. später mit 8,50/ Stunde in Rechnung (vgl. hierzu z.B. Rechnung vom 01.05.2008 über 2.540,57 EUR für 270 Stunden (geleistet im April 2008); Handakte).

Die Umsätze aus seiner landwirtschaftlichen Urproduktion unterwarf der Kläger ebenso wie die Umsätze aus den an den Betrieb des Vaters erbrachten Dienstleistungen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Umsatzsteuererklärungen wurden nicht abgegeben.

Im Jahr 2011 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B mit einer Betriebsprüfung, welche zunächst die Jahre 2004 bis 2006 umfasste und später auf die Jahre 2007 bis 2009 erweitert wurde. Der Prüfer war der Auffassung, dass der Kläger ertragsteuerlich zwei gesonderte Betriebe führe, die auch umsatzsteuerlich unterschiedlich zu behandeln seien. Bei den Umsätzen aus der Veräußerung der eigenerzeugten landwirtschaftlichen Produkte handle es sich um Umsätze eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, welche der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterlägen. Hingegen seien die Umsätze aus den Dienstleistungen der Regelbesteuerung zu unterwerfen (16% bzw. 19%). Die Dienstleistungen im Bereich der Milchviehhaltung seien kein Ausfluss der eigenen landwirtschaftlichen Produktion. Zudem nähmen die Umsätze aus Dienstleistungen (durchschnittlich 25.000 EUR) einen überdurchschnittlich hohen Anteil im Vergleich zu Urproduktion (durchschnittlich 50.000 EUR) ein. Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichtes vom 18.04.2012 wird verwiesen.

Entsprechend den Prüferfeststellungen erließ der Beklagte am 09.07.2012 erstmalig Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2009. Er setze die Um...

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