3.6.1 Management nachhaltigkeitsorientierter Daten mit dem Carbon Accounting

Für ein erfolgreiches Nachhaltigkeitscontrolling müssen Daten gezielt erfasst, gespeichert sowie zu steuerungsrelevanten Informationen verarbeitet und verdichtet werden.[1] Ein Instrument zur Gewinnung und Integration spezifischer ökologischer Daten ist das Carbon Accounting. Carbon Accounting bedeutet frei übersetzt “Bilanzierung von CO2“ und dient der Informationsbereitstellung im Rahmen des Carbon Controllings, welches wiederum die Zieldefinition und -kontrolle zur Erhöhung der CO2-Effizienz von Unternehmen zur Aufgabe hat.[2]

[1] Vgl. Endenich/Trapp 2019, S. 230.
[2] Vgl. Stechemesser/Guenther 2012, S. 18.

3.6.2 Relevanz des Carbon Accounting

Unternehmen müssen als Reaktion auf den zunehmenden öffentlichen Druck und verbindliche gesetzliche Regularien effektive Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) und insbesondere von Kohlenstoffdioxid entwickeln.[1] Hierzu müssen aber zuverlässige Informationen über tatsächliche THG-Emissionen und mögliche Umweltfolgen vorliegen. Das Carbon Accounting stellt ein leistungsfähiges Instrument zur systematischen Erfassung und Verteilung von THG-Werten auf verschiedene Bilanzierungsobjekte wie Produkte, Dienstleistungen oder ganze Lieferketten dar. Zudem werden die Emissionen in monetären und/oder nicht monetären Größen bewertet.[2] Die gewonnenen Informationen dienen der externen Berichterstattung sowie einer nachhaltigkeitsorientierten Unternehmenssteuerung in Richtung Kohlenstoffneutralität und dienen in diesem Kontext der Entscheidungsfindung des Managements. Zudem ziehen Investoren THG-Emissionen verstärkt als Bewertungskriterium für Unternehmen heran.[3]

[1] Vgl. He et al. 2022, 273f.
[2] Eitelwein/Goretzki 2010, S. 25 sowie Schmidt 2010, S. 32.
[3] Vgl. Busch et al. 2022, S. 350.

3.6.3 Geltungsbereiche des Carbon Accounting

Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol), das vom World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und World Resources Institute (WRI) entwickelt wurde, bietet Richtlinien für das Carbon Accounting in Anlehnung an die internationale Klimapolitik. Innerhalb des GHG Protocol wird zwischen drei Scopes (Geltungsbereichen) unterschieden, welche die Emissionsquellen definieren, die durch das Carbon Accounting abgedeckt werden sollen (vgl. Abb. 26):[1]

  1. Scope 1 umfasst alle direkten THG-Emissionen aus der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens im engeren Sinne, also bspw. direkt im Unternehmen verbrauchte Primärenergieträger wie Erdgas oder direkte THG-Emissionen aus dem Produktionsprozess.
  2. In Scope 2 werden die indirekten THG-Emissionen aus der Energieerzeugung außerhalb des Unternehmens betrachtet, also Emissionen aus der Erzeugung des eingekauften Stroms, der Fernwärme oder Kühlenergie.
  3. Scope 3 umfasst alle sonstigen indirekten THG-Emissionen, die durch die Geschäftstätigkeit im weiteren Sinne verursacht werden, also aus der Lieferkette oder Nutzung der Produkte.

Abb. 26: Unterteilung von THG-Emissionen in Scopes nach dem GHG Protocol[2]

[1] Vgl. World Research Institute 2015, S. 25.
[2] Vgl. World Research Institute, 2015, S. 26.

3.6.4 Datenquellen für das Carbon Accounting

Um realistische THG-Reduktionsziele auf Unternehmensebene festzulegen und Fortschritte zu messen, benötigen Unternehmen umfassende physikalische und monetäre Daten.[1] Zur Erhebung physikalischer Daten können bestehende interne Quellen aus unterschiedlichen Fachbereichen herangezogen werden. Die Buchhaltung etwa erfasst meist detaillierte Daten über den Energieverbrauch des Unternehmens in Scope 1 und 2, welche unabhängig vom Carbon Accounting in die Aufstellung der Betriebskosten einfließen.[2]

Ein weiteres Beispiel für die Erhebung physikalischer kohlenstoffbezogener Daten ist der Kilometerstand des Fuhrparks, der sich leicht in das Volumen der THG-Emissionen für einen bestimmten Zeitraum umrechnen lässt. Solche Informationen werden in der Regel im ERP-System des Unternehmens gespeichert. Diese physikalischen Informationen bilden die tatsächliche Unternehmensleistung in Bezug auf Kohlenstoffneutralität ab und werden anschließend in monetäre Größen als Basis für Kostenrechnung, Planung und Ressourcenallokation umgewandelt. Beispielsweise erfordert die Reduktion von THG-Emissionen in der Regel Investitionen (bspw. in Technologie, Öko-Strom, Aus- und Weiterbildung), weshalb die tatsächliche Reduktion meist in direktem Zusammenhang mit dem Investitionsvolumen und demnach monetären Größen steht.[3]

[1] Vgl. Csutora/Harangozo, 2017, 459ff.
[2] Vgl. Burritt et al., 2011, 86f.
[3] Vgl. Burritt et al., 2011, 86f.

3.6.5 Instrumente und Implementierung des Carbon Accounting

Das Carbon Accounting bietet eine Reihe neuer Informationsmanagement- und Bilanzierungsmethoden. Die erhobenen physikalischen Informationen über die THG-Emissionen können beispielsweise in Form von CO2-Fußabdrücken von Unternehmen, Ökobilanzen, absoluten und relativen Zielen in Bezug auf Reduktion von THG-Emissionen, sowie tatsächlichen Kohlenstoffemissionen im Vergleich zu Planwerten oder Trends im Zeitverlauf dargestellt werden.[1] Das GHG Protocol bietet eine Methode zur Berechnung und Darstellung des CO2-Fußabdrucks. Dabei wird der direkte und indirekte Energiebedarf ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge