Rz. 11

Nach § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB macht sich strafbar, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit entgegen dem Handelsrecht Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen.

 

Rz. 12

Als Täter des § 283 StGB ("wer") kommt – wie § 283 Abs. 6 StGB zeigt – zunächst überhaupt nur der Schuldner in Betracht. § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB kann darüber hinaus nur von bilanzierungspflichtigen Personen verwirklicht werden. Nichtkaufleute scheiden somit aus dem Täterkreis aus. Bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und einer OHG sind taugliche Täter die einzelnen Gesellschafter, bei der KG und der KGaA nur die persönlich haftenden Gesellschafter. Bei einer AG, einer GmbH und einer eingetragenen Genossenschaft befindet sich zwar diese selbst in der Krise, da sie allerdings nicht deliktsfähig ist, greift insoweit § 14 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 sowie Abs. 2 Nr. 2 StGB ein. Als Täter kommen danach die Organe und Vertreter der Gesellschaft (z. B. der Vorstand oder der Geschäftsführer), aber auch andere Personen, die "ausdrücklich beauftragt wurden, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen" (wie z. B. der mit der Bilanzerstellung betraute Steuerberater), in Betracht.[1]

 

Rz. 13

Die Tathandlung muss bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit begangen werden. Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der nach der InsO neuen dreistufigen Überschuldungsprüfung werden die Vermögensgegenstände zunächst mit Liquidationswerten angesetzt. Ergibt sich daraus rechnerisch eine Überschuldung, so wird nach der Wahrscheinlichkeit einer Unternehmensfortführung gefragt. Ist eine solche überwiegend wahrscheinlich, so werden die Vermögensgegenstände erneut bewertet, nun allerdings mit Fortführungswerten (so genannte Going-concern-Werte). Erst wenn auch jetzt das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, liegt Überschuldung vor.[2]

 

Rz. 14

Der Schuldner ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist die Zahlungsunfähigkeit, nicht die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners. Des Weiteren muss der Schuldner andauernd, nicht nur vorübergehend,[3] außer Stande sein, die wesentlichen[4] fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.[5] Ein Indiz für das Vorliegen der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist dabei nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die Zahlungseinstellung. Die bloße Nichtzahlung reicht dafür allerdings nicht aus. Die Zahlungsunfähigkeit muss vielmehr für die beteiligten Verkehrskreise in irgendeiner Form (z. B. in einem Rundschreiben an die Gläubiger oder in der Presse) nach außen erkennbar geworden sein. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt dagegen dann vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO).[6]

 

Rz. 15

§ 283 Abs. 2 StGB stellt der Begehung im Sinne des § 283 Abs. 1 StGB ("bei") die Fälle gleich, in denen die Krise zur Zeit der Handlung zwar noch nicht besteht, aber durch die Bankrotthandlung verursacht wird. Kausal herbeigeführt werden muss hier allerdings entweder die Überschuldung oder die Zahlungsunfähigkeit, eine lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit ist nicht ausreichend.

 

Rz. 16

Tatobjekt des § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB ist die Bilanz. Aus der Formulierung "entgegen dem Handelsrecht" lässt sich schließen, dass zunächst lediglich die Handelsbilanz gemeint ist. Obwohl jeder Kaufmann nach § 252 Abs. 2 HGB zwingend auch eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen hat, die mit der Bilanz und bei Kapitalgesellschaften auch mit dem Anhang eine Einheit bildet, beschränkt sich der Straftatbestand des § 283 StGB auf die Bilanz im eigentlichen Sinne.[7]

 

Rz. 17

§ 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB stellt 2 Tathandlungen unter Strafe. Zunächst nennt § 283 Abs. 1 Nr. 7a StGB die Erschwerung der Vermögensübersicht. Eine solche liegt dann vor, wenn es einem sachverständigen Dritten nicht mehr oder nur nach übermäßigen Bemühungen möglich ist, einen Überblick über die Vermögenslage zu gewinnen.[8]

 

Rz. 18

§ 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB nennt als zweite Tathandlungsalternative die nicht rechtzeitige Bilanzerstellung. Die Eröffnungsbilanz ist bei allen Bilanzierenden zu Beginn ihres Handelsgewerbes (§ 242 Abs. 1 HGB), also unverzüglich aufzustellen. Für die Jahresabschlussbilanz hingegen bestehen besondere Vorschriften zunächst für alle Kapitalgesellschaften. Nach § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB haben diese den Jahresabschluss in den ersten 3 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres aufzustellen. Lediglich kleine Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, jedoch...

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