Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Bestehen einer Grundstücksgemeinschaft können die Miteigentümer von der erhöhten Absetzung des § 7b EStG nur unter Anwendung eines einheitlichen Vomhundertsatzes Gebrauch machen.

 

Normenkette

EStG § 7b

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei Bestehen einer Grundstücksgemeinschaft die Miteigentümer von der Sonderabschreibung des § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Anwendung verschiedener Vomhundertsätze Gebrauch machen können.

Die Grundstücksgemeinschaft X., an der Y. und Z. je zur Hälfte beteiligt sind, errichtete im Jahre 1954 in A. vier Wohnhäuser mit einem Herstellungsaufwand von 467.837,75 DM. In der Erklärung zur einheitlichen Feststellung der Einkünfte für 1954 wurde beantragt, die Sonderabschreibung des § 7b EStG für Y. mit 6,5 v. H. und für Z. mit 10 v. H. zuzulassen.

Das Finanzamt erachtete die Anwendung verschiedener Abschreibungssätze für das einheitliche Objekt nicht für statthaft und nahm eine einheitliche Abschreibung von 10 v. H. vor.

Der Einspruch blieb erfolglos. Auf die Berufung kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, daß bei einer Grundstücksgemeinschaft die einzelnen Beteiligten berechtigt seien, voneinander abweichende erhöhte Absetzungsbeträge geltend zu machen. Eine Bindung der erhöhten Abschreibung an das Objekt sei nicht gegeben. Die durch das Gesetz gebotenen Steuervorteile stünden stets nur der Einzelperson, nicht einer Gemeinschaft im Ganzen zu. Wenn schon § 7b EStG ebenso wie § 7 EStG hinsichtlich der Absetzung nur von Gebäuden spreche, so seien doch für die zu errechnenden Absetzungsbeträge die Herstellungskosten maßgebend, die von jedem einzelnen Steuerpflichtigen getragen worden seien. So würden sich bei einem Gebäude, an dem mehrere Personen beteiligt seien, verschieden hohe Absetzungsbeträge je nach Beteiligung an den Herstellungskosten ergeben. Daraus sei zu folgern, daß auch hinsichtlich der Sonderregelung des § 7b EStG nur von dem einzelnen Steuerpflichtigen und nicht von dem in Frage stehenden Gebäude ausgegangen werden könne, daß also für jeden Beteiligten voneinander unabhängige erhöhte Absetzungsbeträge anerkannt werden müßten.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts, mit der die bisherige Auffassung des Finanzamts weiterhin vertreten wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Der § 7b EStG gibt dem Hersteller eines Wohngebäudes die Möglichkeit, abweichend von § 7 EStG, im Herstellungsjahr und dem darauf folgenden Jahre je 10 v. H. der Herstellungskosten abzusetzen. § 10 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) läßt erkennen, daß keine starre Bindung an den Satz von 10 % gewollt ist, sondern dem Steuerpflichtigen die Wahl offen steht, ob er 10 % oder weniger in Anspruch nehmen will. Damit bringt der § 7b EStG dem Steuerpflichtigen die Befugnis, Absetzungen für Abnutzung (AfA), die er nach der allgemeinen Vorschrift des § 7 EStG nur in der Höhe hätte beanspruchen können, wie sie bei der Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfallen würden, im Herstellungsjahr und den zunächst folgenden Jahren zum guten Teil vorweg zu nehmen.

Trotz dieser im Interesse des Wohnungsbaus getroffenen Regelung, die dazu dienen soll, dem Hersteller die Finanzierung des Wohnungsbaus zu erleichtern, bleibt auch die Absetzung nach § 7b EStG eine auf das Objekt, nämlich das Gebäude, bezogene Maßnahme. Das wird besonders dadurch deutlich, daß der § 7b EStG vorsieht, daß nach Ablauf der ersten 12 Jahre die weiteren AfA nach dem dann noch vorhandenen Restwert und der Restnutzungsdauer des Gebäudes zu bemessen sind. Damit mündet auch die Sonderabschreibung des § 7b EStG wieder in die Normalabschreibung des § 7 EStG ein.

Diese Bezogenheit auf das Objekt bringt es dann aber mit sich, daß nur ein einheitlicher Abschreibungssatz möglich ist. Dem steht die Erwägung des Finanzgerichts, daß für die zu errechnenden Absetzungsbeträge die Herstellungskosten maßgebend sind und es hiernach möglich sei, daß bei einem Gebäude, an dem mehrere beteiligt sind, verschieden hohe Absetzungsbeträge in Frage kommen können, nicht entgegen. Richtig ist, daß die absolute Höhe der Absetzungsbeträge bei verschieden hoher Beteiligung der Miteigentümer an den Herstellungskosten verschieden ausfallen muß. Daraus ist aber nicht abzuleiten, daß nun auch jeder der Miteigentümer einen anderen Abschreibungssatz wählen kann.

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) glaubt mit dem Hinweis auf die Bilanzbündeltheorie ein Recht jedes Miteigentümers auf Anwendung eines ihm genehmen Abschreibungssatzes herleiten zu können. Nach dieser Theorie werden allerdings die einzelnen Gesellschafter einer Handelsgesellschaft (OHG, KG) als selbständige Gewerbetreibende und die Personengesellschaft nur als Zusammenschluß dieser Gesellschafter behandelt. Für die Gemeinschaften des Bürgerlichen Gesetzbuches - eine solche stellt die Bgin. als Grundstücksgemeinschaft dar - ist die gleiche Auffassung am Platze. Diese Bilanzbündeltheorie, also die gedankliche Aufgliederung der Gemeinschaft in Einzelunternehmungen der Gemeinschaftsmitglieder, will in erster Linie das Verhältnis der Mitglieder zur Gemeinschaft und der Gemeinschaftsmitglieder untereinander verständlich machen. Wie die Ausführungen des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil I 159/57 U vom 14. Januar 1958 (Bundessteuerblatt 1958 III S. 75, Slg. Bd. 66 S. 193) erkennen lassen, geht die Wirkung der Theorie nicht so weit, daß die Mitglieder einer Gemeinschaft, sei es einer Personengesellschaft des Handelsrechts, sei es einer Gesellschaft des Bürgerlichen Gesetzbuches, von der Befugnis zu Sonderabschreibungen in verschiedener Höhe Gebrauch machen könnten. Die Folgerungen aus der Bilanzbündeltheorie dürfen im Interesse der Einheit der Gemeinschaft nicht überspannt werden. Es ist mithin nicht statthaft, daß die Mitglieder einer Grundstücksgemeinschaft für die Abschreibung nach § 7b EStG verschiedene Vomhundertsätze anwenden.

Es kann sein, daß die steuerlichen Interessen mehrerer Beteiligter verschieden liegen. Daraus folgt aber nicht, daß sie diese verschiedenen Interessen bei der Wahl des Abschreibungssatzes gegenüber dem Steuerfiskus geltend machen können. Es ist vielmehr Sache der Gesellschafter, im Innenverhältnis einen Ausgleich ihrer Interessen zu finden. Wollte man zulassen, daß mehrere Beteiligte verschiedene Abschreibungssätze wählen, so würde das, da im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung keine Buchführungspflicht besteht, bei den für die AfA in Betracht kommenden langen Zeiträumen bald zu völliger Verwirrung und Unübersichtlichkeit führen. Diese überlegung hat im Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 221/36 vom 27. Mai 1936 (Reichssteuerblatt 1936 S. 886) dazu geführt, Absetzungen vom gesamten Gebäudekapital bei privaten Wohngrundstücken nur einheitlich zuzulassen. Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann jedenfalls die AfA auf ein einheitliches Wirtschaftsgut nur einheitlich bemessen werden. Haben mehrere Steuerpflichtige ein Wahlrecht, so können sie es gegenüber dem Steuerfiskus nur einheitlich ausüben.

Die Rechtslage beim § 7b EStG liegt anders als im Falle des § 7a EStG. Die erhöhte Absetzung des § 7b EStG tritt an die Stelle der nach § 7 EStG zu bemessenden Absetzung. Dagegen gibt der § 7a EStG neben der AfA nach § 7 EStG noch eine Absetzungsmöglichkeit für den Einzelnen, bei der die persönlichen Verhältnisse dieses Einzelnen im Vordergrund stehen.

Sonach ist die angegriffene Entscheidung, die dies verkannte, aufzuheben. Es ist jedoch nicht möglich, dem Antrage des beschwerdeführenden Finanzamts zu folgen und die Einspruchsentscheidung wieder herzustellen, d. h. also, den einheitlichen Abschreibungssatz von 10 v. H. für die Beteiligten der Gemeinschaft anzuwenden. Der Bgin. steht es zu, sich für einen einheitlichen Abschreibungssatz zu entscheiden. Diese Entscheidung hat die Bgin. bisher nicht getroffen, weil sie davon ausging, daß verschiedene Abschreibungssätze für jedes Mitglied der Gemeinschaft möglich seien. Es muß der Bgin. die Möglichkeit, sich für einen bestimmten einheitlichen Abschreibungssatz zu entscheiden, offengehalten werden. Deshalb ist auch die Einspruchsentscheidung vom 8. August 1956 aufzuheben und die Sache ist an das Finanzamt zurückzuverweisen. Dieses hat die Bgin. zur Wahl eines einheitlichen Abschreibungssatzes zu veranlassen - diesbezügliche Vorschläge sind im Laufe des Verfahrens bereits von der Bgin. unterbreitet - und hat demgemäß unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen erneut zu entscheiden.

 

Fundstellen

BStBl III 1959, 154

BFHE 1959, 400

BFHE 68, 400

StRK, EStG:7b R 29

NJW 1959, 1655

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