Leitsatz (amtlich)

1. Die Verordnungen der Präsidenten der früheren Landesfinanzämter über die Bewertung bebauter Grundstücke vom 17. Dezember 1934 (RMBl S. 785 ff., RStBl S. 1641 ff.) sind durch Ziff. 27 der Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz und zum Vermögensteuergesetz vom 22. November 1939 (RGBl I S. 2271) nicht außer Kraft getreten.

2. Die Bewertung eines Geschäftsgrundstücks nach dem Sachwertverfahren nach § 33 Abs. 3 BewDV kann nicht damit begründet werden, daß der nach dem Vielfachen der Jahresrohmiete ermittelte Wert nicht dem gemeinen Wert entspreche oder vom Ergebnis her fehlerhaft sei.

3. Die Schätzung der Jahresrohmiete kann in der Revisionsinstanz nur beanstandet werden, wenn sie außerhalb jeder vernünftigen Überlegung liegt.

 

Normenkette

Verordnung über die Bewertung bebauter Grundstücke im Gebiet des Landesfinanzamts Köln vom 17. Dezember 1934 (RMBl S. 799, RStBl S. 1655) § 1

 

Gründe

Aus den Gründen:(Der Urteilstatbestand ist aus Gründen der Raumersparnis weggelassen worden; die Entscheidungsgründe sind in Verbindung mit den Leitsätzen aus sich heraus verständlich.)

1. Die Bewertung der bebauten Grundstücke ist, abgesehen von der Bewertung mit dem Mindestwert (§ 52 Abs. 2 BewG) im BewG selbst nicht geregelt. § 52 Abs. 1 BewG schreibt nur vor, daß für ihre Bewertung der Reichsminister der Finanzen (RdF) die maßgebenden Bestimmungen erläßt. Von dieser Ermächtigung hatte der RdF zunächst in der Verordnung über die Bewertung bebauter Grundstücke vom 10. November 1934 (RGBl I S. 1106, RStBl S. 1457) Gebrauch gemacht. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung waren Mietwohngrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke mit einem Vielfachen der Jahresrohmiete zu bewerten. Alle übrigen bebauten Grundstücke waren nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung mit dem gemeinen Wert zu bewerten. § 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung enthält eine Ermächtigung für die Präsidenten der damaligen Landesfinanzämter, für bestimmte Geschäftsgrundstücke oder für eine Untergruppe von diesen die Bewertung mit einem Vielfachen der Jahresrohmiete zu bestimmen. Nach § 8 der Verordnung waren diese Bestimmungen der Präsidenten der Landesfinanzämter als Rechtsverordnung im Reichsministerialblatt (RMBl) zu verkünden. Von dieser Ermächtigung hat der damalige Prasident des Landesfinanzamts Köln Gebrauch gemacht. In § 1 der Verordnung über die Bewertung bebauter Grundstücke im Gebiet des Landesfinanzamts Köln vom 17. Dezember 1934 (RMBl S. 799, RStBl. S. 1655) hat er bestimmt, daß auch die Geschäftsgrundstücke mit Ausnahme solcher Grundstücke, die der Raumfläche ihrer Gebäude nach überwiegend als Fabrikgrundstücke, Werkstätten oder Lagerhäuser anzusehen sind, mit einem Vielfachen der Jahresrohmiete zu bewerten sind. Die Verordnung vom 10. November 1934 wurde durch § 91 Abs. 3 Satz 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die Bewertung des Vermögens nach dem Stand vom 1. Januar 1935 (RBewDB 1935) vom 2. Februar 1935 (RGBl I S. 81, RStBl S. 189) mit dem Inkrafttreten dieser RBewDB 1935 aufgehoben. Die Bestimmungen dieser Verordnung über die Bewertungsmaßstäbe für bebaute Grundstücke wurden in § 33 RBewDB 1935 wörtlich übernommen. § 33 Abs. 2 Satz 2 RBewDB 1935 enthielt dieselbe Ermächtigung, die in § 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung vom 10. November 1934 den Präsidenten der Landesfinanzämter eingeräumt war. In § 39 RBewDB 1935 war, wie in § 8 der Verordnung vom 10. November 1934 bestimmt, daß die Bestimmungen der Präsidenten der Landesfinanzämter als Rechtsverordnungen im RMBl zu verkünden seien. Nach § 91 Abs. 3 Satz 2 RBewDB 1935 blieb die Gültigkeit der Bestimmungen, die die Präsidenten der Landesfinanzämter auf Grund der Verordnung vom 10. November 1934 erlassen hatten, unberührt. Der Revisionskläger ist der Auffassung, daß sich dieser Rechtszustand mit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der RBewDB und zum VStG vom 22. November 1939 (RGBl I S. 2271, RStBl S. 1133) geändert habe. Es ist richtig, daß nach Ziff. 27 dieser Verordnung die §§ 89 bis 91 RBewDB 1935 gestrichen wurden. Das bedeutet jedoch entgegen der Auffassung des Revisionsklägers nicht, daß damit die Verordnungen der Landesfinanzämter ungültig geworden sind. Das ergibt sich daraus, daß nach § 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) vom 22. November 1939 eine Hauptfeststellung der Einheitswerte für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und des Grundvermögens, der Betriebsgrundstücke und der Gewerbeberechtigung bis auf weiteres nicht stattfinden sollte und daß nach § 3 a dieser Verordnung bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte für den Grundbesitz die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 zugrunde gelegt werden sollten. Diese vom Verordnungsgeber beabsichtigte Erstarrung des Wertniveaus der Einheitswerte für den Grundbesitz wäre jedoch unmöglich gewesen, wenn die Verordnungen der Präsidenten der Landesfinanzämter, die gerade die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 für die bebauten Grundstücke festlegten, als ungültig erklärt worden wären. § 91 Abs. 3 Satz 2 RBewDB 1935 kann deshalb nur deswegen gestrichen worden sein, weil der Verordnungsgeber ihn für überflüssig hielt, da die Weitergeltung der Verordnungen der Präsidenten der Landesfinanzämter sich aus den übrigen Bestimmungen der Verordnung vom 22. November 1939 sowieso ergab. Es ist auch nicht richtig, daß der Verordnungsgeber in § 33 Abs. 2 Satz 2 BewDV die Oberfinanzpräsidenten ermächtigt habe, durch schlichte Verwaltungsanweisungen Ausnahmen von der Regelbewertung des § 33 Abs. 2 Satz 1 BewDV zu bestimmen. Die Ermächtigung in § 33 Abs. 2 Satz 2 BewDV stimmt mit den früheren Ermächtigungen für die Präsidenten der Landesfinanzämter in § 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung vom 10. November 1934 und § 33 Abs. 2 Satz 2 RBewDB 1935 überein. Wie in § 8 der Verordnung vom 10. November 1934 und in § 39 RBewDB 1935, ist auch in § 39 BewDV bestimmt, daß die Bestimmungen der Oberfinanzpräsidenten auf Grund des § 33 Abs. 2 Satz 2 BewDV als Rechtsverordnung im RMBl zu verkünden sind. Eine bloße Verwaltungsanweisung erfüllt diese Voraussetzung nicht. Im übrigen ist aus den einleitenden Sätzen der OFD-Verfügung vom 4. September 1962 zu entnehmen, daß auch die OFD von der Weitergeltung der Verordnung des Präsidenten des Landesfinanzamts ausgeht. Im Schrifttum wird ganz allgemein ebenfalls von der Weitergeltung dieser Verordnung ausgegangen. Der erkennende Senat hat diese Verordnungen in zahlreichen Entscheidungen angewandt und damit inzidenter ihre Gültigkeit bejaht. Da nach § 1 der Verordnung vom 27. Dezember 1934 das Streitgrundstück als Geschäftsgrundstück mit dem Vielfachen der Jahresrohmiete zu bewerten ist, liegt in der Anwendung dieses Bewertungsmaßstabes bei der Artund Wertfortschreibung zum 1. Januar 1954 kein Bewertungsfehler.

2. Auch in den Fällen, in denen nach den Verordnunden der Präsidenten der Landesfinanzämter Geschäftsgrundstücke in der Regel mit dem Vielfachen der Jahresrohmiete zu bewerten sind, kann allerdings ausnahmsweise im Einzelfall doch eine Bewertung nach dem Sachwertverfahren geboten sein. Das ist nach § 33 Abs. 3 BewDV dann der Fall, wenn sich die Rohmiete für ein Grundstück nur schwer ermitteln oder schätzen läßt. Die Bestimmung des § 33 Abs. 3 BewDV gilt jedoch nach ständiger Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen. Sie kann nicht auf Fälle ausgedenht werden, in denen der nach dem Vielfachen der Jahresrohmiete berechnete Einheitswert nicht dem gemeinen Wert des Grundstücks entspricht (Entscheidungen des RFH III A 30/37 vom 9. April 1937, RStBl 1937 S. 634; III 282/38 vom 14. März 1940, RStBl 1940 S. 589). Das FG hat festgestellt, daß das von der Klägerin errichtete Verwaltungsgebäude nur im Erdgeschoß und in einem Obergeschoß einige Repräsentationsräume enthält und im übrigen aus einer Vielzahl von Büro- und Aktenräumen verschiedener Größe, den dazu gehörigen Nebenräumen sowie Küchen- und Speiseräumen besteht. Es hat daraus gefolgert, daß die einzelnen Obergeschosse jedes für sich oder mehrere zusammen an verschiedene Unternehmen vermietet werden können. Das FG hat ferner festgestellt, daß es Gebäude bzw. Räume gleicher Art und Lage sowohl im Jahre 1935 als auch im Jahre 1954 in ausreichender Zahl gegeben habe, so daß eine Schätzung der üblichen Miete möglich sei. Diese Feststellungen und Schlußfolgerungen des FG liegen im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. An sie ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Der Revisionskläger hat gegen sie keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe geltend gemacht. Insbesondere kann er nicht damit gehört werden, daß die Bewertung mit dem Vielfachen der Jahresrohmiete schon "vom Ergebnis her" fehlerhaft sei. Die Verschiedenartigkeit der Ergebnisse zwischen einer Bwertung mit dem Vielfachen der Jahresrohmiete und einer Bewertung nach dem Sachwertverfahren liegt an dem abweichenden Bewertungsverfahren und muß nach der Rechtsprechung in Kauf genommen werden (vgl. RFH-Entscheidungen III A 30/37 vom 9. April 1937, a. a. O.; III 123/42 vom 24. September 1942, RStBl 1942 S. 1102). Der Revisionskläger kann sich auch nicht auf die OFD-Verfügung vom 4. September 1962 berufen. Wie oben bereits dargelegt wurde, handelt es sich bei dieser Verfügung nicht um eine Bestimmung auf Grund der Ermächtigung in § 33 Abs. 2 Satz 2 BewDV. Sie ist danach für die Gerichte nicht bindend. Wenn sie in dem Sinn zu verstehen wäre, daß eigengenutzte Verwaltungsgebäude ohne weitere Nachprüfung nach dem Sachwertverfahren bewertet werden sollen, dann würde sie gegen § 33 Abs. 3 BewDV und gegen § 1 der Verordnung vom 17. Dezember 1934 verstoßen und unbeachtlich sein. In Wirklichkeit hat die OFD aber wohl mit dieser Verfügung die FÄ nur noch einmal in eindringlicher Form auf die Bestimmung des § 33 Abs. 3 BewDV hinweisen wollen. Der Revisionskläger hat jedoch keine Tatschen vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, daß die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmungen im Streitfall erfüllt sind. Es liegt also auch insoweit kein Bewertungsfehler bei der Art- und Wertfortschreibung zum 1. Januar 1954 vor.

3. Dem FG ist schließlich darin zuzustimmen, daß auch hinsichtlich der Höhe der bei der Art- und Wertfortschreibung zum 1. Januar 1954 angesetzten Jahresrohmiete kein klarliegender Fehler festgestellt werden kann. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach den von Rössler-Troll (Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, vormals Krekeler, 7. Aufl., Anm. 10 zu § 22 BewG) zitierten nicht veröffentlichten Entscheidungen des Senats III 23/56 vom 8. März 1957 und III 227/56 vom 17. April 1957 ein solcher Fehler nur anerkannt werden kann, wenn die ursprüngliche Schätzung der Jahresrohmiete außerhalb jeder vernünftigen Überlegung gelegen hat. Das ist jedoch im Streitfall nach den Feststellungen des FG, gegen die der Revisionskläger keine Einwendungen erhoben hat, nicht der Fall gewesen.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 532

BFHE 1966, 451

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