Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtbarkeit der Übertragung der FG-Entscheidung auf den Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 FGO n.F.

 

Leitsatz (NV)

Eine mit der zulassungsfreien Revision erhobene Besetzungsrüge (vgl. §§ 116 Abs. 1 Nr. 1 und 119 Nr. 1 FGO) mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO n.F. hätten nicht vorgelegen, kann nur ausnahmsweise Erfolg haben, so etwa dann, wenn sich der Einzelrichter selbst bestellt hat oder wenn ihm der Rechtsstreit statt durch Senatsbeschluß durch Verfügung des Vorsitzenden zugewiesen wurde oder wenn gegen § 6 Abs. 2 oder § 6 Abs. 3 Satz 2 FGO verstoßen wurde oder wenn sich die Übertragung auf den Einzelrichter aus sonstigen Gründen als greifbar gesetzeswidrig erweist.

 

Normenkette

FGO § 6 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der zuständige Senat des Finanzgerichts (FG) übertrug den Rechtsstreit durch Beschluß vom 19. April 1993 gemäß § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter zur Entscheidung. Dieser wies die Klage durch das angefochtene Urteil zum weitaus überwiegenden Teil ab.

Dagegen hat der Kläger und Revisionskläger (Kläger) mit der Begründung (zulassungsfreie) Revision eingelegt, daß die Übertragung auf den Einzelrichter nicht zulässig gewesen sei, da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukomme. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Übertragung auf den Einzelrichter bestünden auch deshalb, weil seitens des FG von vornherein beabsichtigt gewesen sei, von den maßgeblichen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. März 1964 II 41/60 U (BFHE 79, 37, BStBl III 1964, 246) und vom 12. März 1968 II R 110/66 (BFHE 92, 234, BStBl II 1968, 495) abzuweichen. Daraus folge, daß das FG nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Der Kläger vermochte keine Tatsachen vorzutragen, die - ihre Richtigkeit unterstellt - einen Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO ergeben.

Gegen Urteile des Einzelrichters sind dieselben Rechtsmittel wie gegen Urteile des (Voll-)Senats gegeben. Eine Besetzungsrüge (vgl. §§ 116 Abs. 1 Nr. 1 und 119 Nr. 1 FGO) mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO für eine Übertragung auf den Einzelrichter hätten nicht vorgelegen, kann nur ausnahmsweise Erfolg haben, so etwa dann, wenn sich der Einzelrichter selbst bestellt hat oder wenn ihm der Rechtsstreit statt durch Senatsbeschluß durch Verfügung des Vorsitzenden zugewiesen wurde oder wenn gegen § 6 Abs. 2 oder § 6 Abs. 3 Satz 2 FGO verstoßen wurde oder wenn sich die Übertragung auf den Einzelrichter aus sonstigen Gründen als greifbar gesetzeswidrig erweist (vgl. auch Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 6 Rdnr. 20, m.w.N.; Zöller/Greger, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 18. Aufl., § 348 Rdnr. 15, betreffend die § 6 Abs. 1 FGO vergleichbare Vorschrift des § 348 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung).

Das Vorliegen eines derartigen Sachverhalts hat der Kläger nicht schlüssig dargetan. Allein daraus, daß der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt und das FG aufgrund im vorhinein bestehender Absicht von den vom Kläger zitierten BFH-Urteilen abgewichen ist, kann eine greifbare Gesetzeswidrigkeit des Übertragungbeschlusses nicht hergeleitet werden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 725

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