Entscheidungsstichwort (Thema)

Liebhaberei beim Handel mit Antiquitäten und Gebraucht waren -- Gebäudevermietung zwischen Ehegatten

 

Leitsatz (NV)

1. Bei einer Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht ist der maßgebliche Gewerbegewinn nach steuerlichen Vorschriften zu berechnen. Gemäß § 160 AO 1977 nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigende Aufwendungen bleiben auch dann außer Betracht, wenn sie unstreitig angefallen sind.

2. Mietet ein Unternehmer von seinem Ehegatten ein Gebäude zur betrieblichen Nutzung, so sind die von ihm selbst getragenen laufenden Gebäudeaufwendungen auch dann Betriebsausgaben, wenn der Ehegatten-Mietvertrag steuerlich nicht anzuerkennen ist. Die frühere Rechtsprechung, die eine private Veranlassung bejahte, wenn ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht wurde, ist durch den Beschluß des GrS vom 30. Januar 1995 GrS 4/92 (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) überholt.

3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen -- betr. Versäumung der Revisionsfrist -- kann auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 56 Abs. 3 FGO gewährt werden. Es genügt, daß innerhalb der Jahresfrist eine die Wiedereinsetzung rechtfertigende Lage bestand.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 1-3, § 120 Abs. 1, § 155; ZPO §§ 85, 87; AO 1977 § 160; EStG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger) wurden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide bezogen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger betrieb außerdem von 1976 an einen Handel mit Antiquitäten und "älteren Gebrauchsgegenständen", bis 1978 zusammen mit einem anderen Arbeitnehmer in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ab 1979 allein. Die Waren kaufte er zum Teil auf Flohmärkten, zum Teil von Landwirten. Soweit die Verkäufer nicht bereit waren, Quittungen auszustellen, fertigte der Kläger Eigenbelege, die Angaben über den gekauften Gegenstand und den Kaufpreis enthielten, nicht jedoch die Namen und Anschriften der Verkäufer. Der Kläger zog die in den Eigenbelegen ausgewiesenen Beträge als Betriebsausgaben ab.

Der Antiquitätenhandel wurde in einem Gebäude betrieben, das die Klägerin 1976 erworben hatte und das sie und der Kläger gemeinsam finanzierten. Nach dem schriftlichen Mietvertrag zwischen den Klägern betrug die Miete in den Streitjahren monatlich 817 DM (= 9804 DM jährlich). Der Kläger zahlte die Miete nur unregelmäßig und nicht in der vereinbarten Höhe (1984: 8170 DM, 1985: 4902 DM, 1986: 5600 DM, 1987: 700 DM). Die Reparaturen und laufenden Grundstückskosten (einschließlich Schuldzinsen) trug der Kläger. Im Mietvertrag war hierzu nichts geregelt. Die auf dem Grundstück befindliche Behelfsgarage nutzte der Voreigentümer. Die Garagenmiete von 300 DM jährlich sowie das Entgelt für das vom Voreigentümer verbrauchte Wasser flossen auf das Konto des Klägers.

Die Klägerin erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die vom Kläger bezahlte Miete, die Garagenmiete und das Wassergeld erfaßte sie als Einnahmen, die laufenden Grundstückskosten (einschließlich Schuldzinsen), die Reparaturen und die Absetzungen für Abnutzung (AfA) behandelte sie als Werbungskosten.

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte den Mietvertrag zwischen den Eheleuten nicht an und berücksichtigte deshalb in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 1984 bis 1987 die Verluste der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung nicht.

Die Einkünfte des Klägers aus dem Antiquitätenhandel erhöhte das FA um die als Betriebsausgaben abgezogenen Mietzahlungen und die Ausgaben für die nur durch Eigenbelege nachgewiesenen Wareneinkäufe. Dagegen zog es die Gebäudeaufwendungen (ohne AfA) als Betriebsausgaben ab. Die Einnahmen aus der Überlassung der Garage (einschließlich Wassergeld) erfaßte es als Betriebseinnahmen des Klägers. Aufgrund der so ermittelten Verluste verneinte es die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers und berücksichtigte seine gewerblichen Verluste in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 1984 bis 1987 ebenfalls nicht. Die Einsprüche der Kläger waren erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) beurteilte die Mietzahlungen des Klägers -- ebenso wie das FA -- nicht als Betriebsausgaben. Die vom FA als Betriebsausgaben anerkannten Gebäudeaufwendungen sah das FG dagegen als nicht abziehbare private Zuwendungen des Klägers an die Klägerin an (§ 12 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --). Die Aufwendungen für die Wareneinkäufe ließ es mit 25 % zum Abzug zu. Das FA sei zwar nach § 160 der Abgabenordnung (AO 1977) berechtigt gewesen, die Benennung der Warenverkäufer zu verlangen. Bei Ausübung sachgerechten Ermessens seien jedoch 25 % der Aufwendungen anzuerkennen. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, daß er zumindest Teile der Waren von steuerfrei veräußernden Privatleuten gekauft habe und daß gewerblich tätige Verkäufer aufgrund ihrer Betriebsausgaben nicht den vollen Kaufpreis versteuern müßten. Die Zahlungen des Voreigentümers für die Nutzung der Garage behandelte das FG als Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung. Die anteilig auf die Garage entfallenden Gebäudeaufwendungen seien aber nicht als Werbungskosten abziehbar. Der Kläger habe diese Aufwendungen zwar getragen. Da er hierzu jedoch weder aufgrund vertraglicher Verpflichtung noch aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet gewesen sei, handle es sich ebenfalls um private Zuwendungen des Klägers an die Klägerin (§ 12 Nr. 2 EStG).

Es ergaben sich für die Streitjahre 1984 und 1985 Verluste in Höhe von 2589 DM und 2299 DM, für die Streitjahre 1986 und 1987 Gewinne in Höhe von 2524 DM und 980 DM. Aufgrund dieser Betriebsergebnisse nahm das FG Gewinnerzielungsabsicht an. Es setzte die Einkommensteuer für 1984 und 1985 unter Berücksichtigung der Verluste aus gewerblicher Tätigkeit entsprechend herab. Hinsichtlich der Streitjahre 1986 und 1987, für die sich Gewinne ergaben, wies es die Klage unter Hinweis auf das Verböserungsverbot im finanzgerichtlichen Verfahren ab.

Die Revision des FA richtet sich gegen die Herabsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre 1984 und 1985. Das FG habe zu Unrecht den Antiquitätenhandel des Klägers als gewerbliche Betätigung beurteilt. Die Prüfung, ob mit einem Gesamtgewinn zu rechnen sei, sei nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorzunehmen. Dabei dürften Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die nur aus formalen Gründen steuerlich nicht berücksichtigt würden, weil z. B. der Empfänger nicht benannt werde (§ 160 AO 1977) oder ein Vertrag zwischen Angehörigen nicht wie zwischen Fremden abgewickelt worden sei, nicht außer Betracht bleiben. Tatsächlich angefallene Aufwendungen für einen Betrieb sprächen auch dann gegen eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn sie steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürften.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung hinsichtlich der Streitjahre 1984 und 1985 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Revision der Kläger richtet sich gegen die Entscheidung des FG für sämtliche Streitjahre. Sie führen aus, die vom Kläger getragenen Gebäudeaufwendungen (ohne AfA) seien in voller Höhe, die streitigen Aufwendungen für Wareneinkäufe in Höhe von 75 % als Betriebsausgaben abziehbar.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide folgende Verluste aus gewerblicher Tätigkeit zu berücksichtigen:

1984:

... DM

1985:

... DM

1986:

... DM

1987:

... DM

Das FG hatte die Revision im Urteil nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde legte nicht der Prozeßbevollmächtigte der Kläger aus dem finanzgerichtlichen Verfahren, Steuerberater A, ein, sondern unter Vollmachtsvorlage Steuerberater B. Das FG stellte den Zulassungsbeschluß gleichwohl Steuerberater A zu. Im Rubrum des Beschlusses war nur Steuerberater A aufgeführt, dem der Beschluß am 20. August 1992 zugestellt wurde. Mit Schreiben vom 21. August 1992 (beim FG eingegangen am 24. August 1992) teilte dieser dem FG mit, da Steuerberater B die Beschwerde eingelegt habe, habe er ihm den Beschluß als Rechtsbehelfsführer zugeleitet. Daraufhin stellte das FG Steuerberater B am 4. September 1992 eine Ausfertigung des Beschlusses zu, woraufhin dieser am 1. Oktober 1992 Revision einlegte.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revisionen sind zulässig.

Wegen der von den Klägern versäumten Revisionsfrist wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Hat ein Beteiligter für dasselbe Verfahren zwei Prozeßbevollmächtigte bestellt und wird die Entscheidung beiden Prozeßbevollmächtigten zugestellt, beginnt die Rechtsmittelfrist mit der ersten Zustellung des Beschlusses zu laufen; eine spätere Zustellung an den zweiten Prozeßbevollmächtigten setzt die Rechtsmittelfrist nicht erneut in Gang (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 28. Januar 1991 IX B 46/90, BFH/NV 1991, 612, m. w. N.). Nach der dem FG vorgelegten Prozeßvollmacht war die Berechtigung von Steuerberater A zur Vertretung der Kläger nicht auf das Klageverfahren beschränkt. Die Zustellung des Zulassungsbeschlusses an ihn setzte daher die Revisionsfrist in Lauf. Die am 1. Oktober 1992 von Steuerberater B eingelegte Revision war somit verspätet.

Den Klägern ist jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 Abs. 2 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Erst nachdem Steuerberater A mitgeteilt hatte, er habe den Zulassungsbeschluß an den das Rechtsmittel führenden Steuerberater B weiterge leitet, hat das FG eine Ausfertigung des Beschlusses auch an Steuerberater B zugestellt. Es hat dadurch bei Steuerberater B den Irrtum erweckt, maßgebend für die Berechnung der Revisionsfrist sei die Zustellung an ihn. Steuerberater B trifft daher kein Verschulden an der Überschreitung der Revisionsfrist.

Der Ablauf der Jahresfrist des § 56 Abs. 3 FGO steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen. Bei einer Wiedereinsetzung ohne Antrag kommt es nicht darauf an, wann das Gericht darüber entscheidet, sondern nur darauf, wann eine die Wiedereinsetzung rechtfertigende Lage gegeben war (BFH- Urteil vom 28. Februar 1978 VII R 92/74, BFHE 124, 487, BStBl II 1978, 390, unter IV. 3.). Die maßgeblichen, für eine Wiedereinsetzung sprechenden Tatsachen waren vor Ablauf der Jahresfrist aus den dem Senat vorliegenden Akten erkennbar, so daß der Senat bei einer sofortigen Entscheidung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen hätte gewähren können.

2. Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat die für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht maßgeblichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb unzutreffend ermittelt.

a) Zu Recht hat das FG den maßgeblichen Gewerbegewinn nach steuerlichen Vorschriften berechnet. Aufwendungen, die steuerlich den Gewinn nicht mindern, sind -- entgegen der Ansicht des FA -- bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen.

Gewinnerzielungsabsicht ist das Streben nach einem betrieblichen Totalgewinn im Sinne eines positiven Gesamtergebnisses des Betriebs von seiner Gründung bis zur Veräußerung oder Aufgabe oder Liquidation. Für die Ermittlung des Gewinns sind nach ständiger Rechtsprechung die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften maßgebend (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 unter C. IV. 2. und 3.; BFH-Urteile vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778, und vom 31. März 1992 IX R 11/87, BFH/NV 1993, 8). Dies gilt auch, soweit unstreitig angefallene Betriebsausgaben gemäß § 160 AO 1977 nicht zu berücksichtigen sind.

b) Entgegen der Auffassung des FG sind jedoch die Aufwendungen des Klägers für das im Eigentum der Ehefrau stehende Gebäude -- soweit sie nicht den Einkünften aus der Vermietung (§ 21 EStG) der Garage zuzurechnen sind -- als Betriebsausgaben bei den gewerblichen Einkünften abziehbar.

aa) Im Ergebnis zutreffend hat das FG den zwischen den Klägern geschlossenen Mietvertrag nicht anerkannt. Verträge zwischen nahen Angehörigen werden steuerrechtlich nur berücksichtigt, wenn sie ernsthaft vereinbart sind und entsprechend der Verein barung tatsächlich durchgeführt werden; Vertragsinhalt und Vertragsdurchführung müssen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75). Die steuerrechtliche Anerkennung scheitert im Streitfall schon daran, daß der Kläger die vereinbarte Miete nur teilweise bezahlt hat, die Kläger den Vertrag also nicht wie vereinbart durchgeführt haben. Auf die geänderte Rechtsprechung zum sog. Oder-Konto (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34) kommt es daher im Streitfall nicht an.

bb) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Bereits nach bisheriger ständiger Rechtsprechung gehören Aufwendungen, die durch die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter für eigene betriebliche Zwecke veranlaßt sind, zu den Betriebsausgaben (vgl. BFH-Urteile vom 14. November 1989 IX R 110/85, BFHE 159, 442, BStBl II 1990, 462; vom 5. September 1991 IV R 40/90, BFHE 165, 512, BStBl II 1992, 192, und vom 28. Juli 1994 IV R 89/93, BFH/NV 1995, 379). In Fällen, in denen der Eigentümer eines fremden Wirtschaftsgutes ein naher Angehöriger war, hat der BFH in den genannten Urteilen allerdings eine private Veranlassung (§ 12 EStG) angenommen, wenn ein Erstattungsanspruch bestand und nicht geltend gemacht wurde. Diese Rechtsprechung ist durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 30. Januar 1995 GrS 4/92 (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) überholt.

Das allen Einkunftsarten zugrundeliegende Nettoprinzip, nach dem die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden, gebietet grundsätzlich den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden (Beschluß des Großen Senats in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 unter C. III.). Daher hat der Große Senat den Betriebsausgabenabzug von AfA auf ein Gebäude zugelassen, dessen (Mit-)Eigentümer der Ehegatte des Steuerpflichtigen war. Nicht entscheidungserheblich war für den Großen Senat, ob dem Steuerpflichtigen ein nicht geltend gemachter zivilrechtlicher Erstattungsanspruch gegen seinen Ehegatten zustand. Der Große Senat sah die AfA-Beträge unabhängig hiervon als betrieblich veranlaßt an (zur früheren Rechtsprechung bei AfA s. BFH-Urteile vom 20. Mai 1988 III R 151/86, BFHE 153, 566, BStBl II 1989, 269, und vom 17. März 1989 III R 58/87, BFHE 157, 83, BStBl II 1990, 6, m. w. N.). Für den Abzug der laufenden Gebäudeaufwendungen gelten dieselben Grundsätze.

c) Der Betriebsausgabenabzug von 25 % der Aufwendungen für den Wareneinkauf ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Gemäß § 160 Abs. 1 AO 1977 sind u. a. Betriebsausgaben steuerlich nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder Empfänger genau zu benennen. Die rechtmäßige Anwendung des § 160 AO 1977 ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH in zwei Schritten zu überprüfen (BFH-Urteile vom 9. August 1989 I R 66/86, BFHE 158, 7, BStBl II 1989, 995, und vom 15. März 1995 I R 46/94, BFHE 178, 99, BStBl II 1996, 51). Zunächst ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob ein Benennungsverlangen geboten ist. Der zweite Schritt besteht darin zu prüfen, ob die Hinzurechnungen dem Grunde und der Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechen.

bb) Ein Benennungsverlangen ist grundsätzlich dann gerechtfertigt, wenn die Vermutung naheliegt, der Zahlungsempfänger habe den Bezug zu Unrecht nicht versteuert (BFHE 158, 7, BStBl II 1989, 995). Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben, da der Kläger Waren auch von Gewerbetreibenden bzw. aus dem Betriebsvermögen von Landwirten kaufte.

Das Benennungsverlangen war auch zumutbar (vgl. Urteil vom 9. April 1987 IV R 142/85, BFH/NV 1987, 689). Es führt zu keinen unverhältnismäßigen Nachteilen für den Kläger. Beim Wareneinkauf konnte er die notwendigen Feststellungen treffen. Es ist nicht erkennbar, aus welchen nichtsteuerlichen Gründen Verkäufer die nötigen Angaben z. B. in Form einer Quittung verweigern sollten.

cc) Die Korrektur der Entscheidung des FA zweiter Stufe durch das FG ist rechtmäßig. Das FG konnte das Ermessen des FA durch seine eigene Ermessensentscheidung ersetzen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Hinzurechnungen nach § 160 AO 1977 sollen einen Ausgleich für die vermutete Nichtversteuerung beim Empfänger sein (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1983 I R 228/78, BFHE 138, 317, BStBl II 1983, 654). Soweit solche Steuerausfälle nicht zu erwarten sind, ist dies bei der Ermessensausübung zweiter Stufe zu berücksichtigen. Das FG hat dies getan, indem es 25 % der Aufwendungen als Betriebsausgaben anerkannte.

Damit ist das FG an der unteren Grenze des bestehenden Ermessensspielraums geblieben. Indes ist nicht erheblich, welchen Prozentsatz an Betriebsausgaben der erkennende Senat -- 75 % haben die Kläger beantragt -- für ermessensgerecht hält. Denn das Revisionsgericht ist lediglich befugt, die Vorentscheidung auf Ermessensfehler zu überprüfen. Ein eigenes Ermessen kann der BFH -- im Gegensatz zum FG -- nicht ausüben (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1986 VIII R 350/82, BFHE 148, 406, BStBl II 1987, 286).

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann die Frage, ob Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, nicht selbst entscheiden. Das FG muß nach der zu ändernden Ermittlung der gewerblichen Einkünfte unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erneut tatrichterlich würdigen (§ 118 Abs. 2 FGO), ob der Kläger mit Gewinnerzielungsabsicht handelte.

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 891

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