Leitsatz (amtlich)

Hat ein Gewerbetreibender die von ihm getragenen Herstellungskosten für ein Betriebsgebäude als Nutzungsrecht aktiviert, soweit sie auf den Miteigentumsanteil seines mit der betrieblichen Nutzung einverstandenen Ehegatten entfallen, so kann er bei einem vorzeitigen Wegfall des Nutzungsrechts infolge Betriebsverlegung einen etwaigen Restbuchwert nicht gewinnmindernd abschreiben.

 

Orientierungssatz

Ist das Nutzungsrecht für das Betriebsgebäude nicht gegenstandslos geworden, so ist es bei Beendigung der Betriebsnutzung erfolgswirksam mit dem Teilwert zu entnehmen. Führt dagegen die vorzeitige Beendigung der betrieblichen Nutzung zum Wegfall des Nutzungsrechts, so steht der Gewinnminderung durch Teilwertabschreibung in Höhe des Restbuchwertes jedoch der gewinnerhöhende Ausgleichsanspruch gegen die Ehefrau (§§ 951, 812 BGB) gegenüber, auch wenn der Ehemann diesen Anspruch tatsächlich nicht geltend macht (bei Verzicht Entnahme der Forderung; vgl. Rechtsprechung: BFH, BGH; auch zur Höhe des Ersatzanspruchs).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 2, §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1; BGB § 951 i.V.m. § 812, § 812

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 04.03.1987; Aktenzeichen IV 8677/86 E)

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten. Der Kläger unterhält als selbständiger Maler einen Gewerbebetrieb. Bis zum Jahre 1981 befand sich der Betrieb in einem Werkstattgebäude, das auf einem beiden Ehegatten je zur Hälfte gehörenden Grundstück gelegen war und das der Kläger erst nach dem Grundstückserwerb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung errichtet hatte. Die Klägerin war mit der ausschließlichen Nutzung der Werkstatt für betriebliche Zwecke durch den Kläger einverstanden.

Der Kläger behandelte den auf seine Ehefrau entfallenden ideellen Anteil am Werkstattgebäude als bilanzierungsfähiges Nutzungsrecht, das er mit den anteiligen Herstellungskosten des Werkstattgebäudes ansetzte. Auf dieses Nutzungsrecht nahm er in der Folgezeit Absetzungen für Abnutzung (AfA) in der Höhe vor, die er bei Zugehörigkeit des Gebäudeanteils der Ehefrau zum Betriebsvermögen hätte geltend machen können.

Im Jahre 1981 verlegte der Kläger seinen Gewerbebetrieb auf ein anderes Grundstück. Seit dieser Zeit wird das ehemalige Werkstattgebäude nicht mehr betrieblich genutzt.

In seiner Bilanz auf den 31.Dezember 1981 schrieb der Kläger neben einer zeitanteiligen Normal-AfA von 117 DM den verbleibenden Restbuchwert von 12 028 DM gewinnmindernd auf 0 DM ab. Infolge der Teilwertabschreibung ergab sich für dieses Jahr ein nicht ausgleichsfähiger Verlust, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Wege des Verlustrücktrags gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) zunächst bei der Steuerfestsetzung für das Streitjahr (1980) berücksichtigte. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA jedoch im Rahmen einer Änderungsveranlagung die Auffassung, daß das Nutzungsrecht mit Beendigung der betrieblichen Nutzung im Jahre 1981 erfolgsneutral auszubuchen sei.

Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid blieben ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 498 veröffentlicht.

Mit ihrer vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer für 1980 herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat eine gewinnmindernde Abschreibung des Restbuchwerts des bilanzierten Nutzungsrechts im Ergebnis zu Recht nicht zugelassen.

1. Mit dem FG ist davon auszugehen, daß der Kläger die auf den Miteigentumsanteil seiner Ehefrau entfallenden Herstellungskosten des Gebäudes in seiner Bilanz aktivieren durfte.

Im Streitfall hat der Kläger die gesamten Herstellungskosten des Werkstattgebäudes allein getragen. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, daß diese Aufwendungen betrieblich veranlaßt waren und in der Übernahme der auf den Miteigentumsanteil der Ehefrau entfallenden Kosten insbesondere keine Schenkung liegt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 27.März 1987 III R 175/82, BFH/NV 1988, 21). Nach den Feststellungen des FG hat sich die Klägerin auch mit der ausschließlich betrieblichen Nutzung des Gebäudes durch den Betriebsinhaber einverstanden erklärt.

Das FG hat hieraus unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zutreffend gefolgert, daß das Nutzungsrecht beim Kläger entgeltlich entstanden ist und wie ein materielles Wirtschaftsgut mit den anteiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen ist (vgl. Senatsurteil vom 11.Dezember 1987 III R 188/81, BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493 unter 2 a mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Dem steht der Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26.Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348) schon deshalb nicht entgegen, weil sich diese Entscheidung lediglich mit der Einlage unentgeltlich erworbener Nutzungsrechte befaßt.

2. Zweifelhaft ist allerdings, ob sich das FG auch bei den Folgerungen, die es aus der vorzeitigen Beendigung der betrieblichen Nutzung des Werkstattgebäudes gezogen hat, im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung befindet.

a) Nach Auffassung des FG ist das Nutzungsrecht infolge der Betriebsverlagerung zwar für den Gewerbebetrieb des Klägers gegenstandslos geworden; es sei jedoch hierdurch nicht erloschen. Falls der Kläger das ursprüngliche Werkstattgebäude im eigenen Namen weitervermietet habe, habe das Nutzungsrecht als vom Eigentum der Ehefrau abgespaltenes Recht fortbestanden. Im Falle der gemeinsamen Nutzung (Vermietung) durch die Ehegatten sei das Nutzungsrecht im Wege der Entnahme erst in das Privatvermögen des Klägers und anschließend in das Vermögen der Ehefrau übergegangen.

b) Demgegenüber ist der BFH im Urteil vom 20.November 1980 IV R 117/79 (BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68) --allerdings für den Fall eines unentgeltlich eingeräumten Nutzungsrechts-- von einem ersatzlosen Wegfall des Nutzungsrechts bei Beendigung der betrieblichen Nutzung ausgegangen, da ein solches Recht nur auf den Unternehmer-Ehegatten zugeschnitten und einer anderen Verwertung als der betrieblichen Nutzung durch diesen nicht zugänglich sei. Dem ist der erkennende Senat auch für den Fall des entgeltlich erworbenen Nutzungsrechts jedenfalls im Ergebnis gefolgt, wenn er außergewöhnliche Aufwendungen durch Absetzungen des Restbuchwerts dem Grunde nach für zulässig erachtet hat (Urteil in BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493 unter 2 b).

Der Annahme eines Fortbestands des im betrieblichen Bereich entstandenen Nutzungsrechts auch nach Beendigung der tatsächlichen Nutzung im Betrieb steht nicht zuletzt die vom FG angeführte Rechtsprechung des BFH in BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68 entgegen, die im Einverständnis des Nichtunternehmer-Ehegatten mit der ausschließlichen betrieblichen Nutzung des überlassenen Gegenstandes durch den Betriebsinhaber ein wesentliches Kriterium für die Entstehung eines bilanzierungsfähigen Rechts sieht.

3. Der Streitfall zwingt indessen nicht zu einer abschließenden Entscheidung über die Auswirkungen der vorzeitigen Beendigung der betrieblichen Nutzung auf das Nutzungsrecht und die sich hieraus ergebenden Folgen für die Gewinnermittlung. Denn eine gewinnmindernde Berücksichtigung des Restbuchwerts des Nutzungsrechts scheidet in jedem Falle aus.

a) Folgt man dem FG darin, daß das für das Werkstattgebäude eingeräumte Nutzungsrecht auch mit der Betriebsverlegung nicht gegenstandslos geworden ist, so war es bei Beendigung der betrieblichen Nutzung erfolgswirksam mit dem Teilwert zu entnehmen (§ 6 Abs.1 Nr.4 Satz 1 EStG).

Eine Entnahme (§ 4 Abs.1 Satz 2 EStG) ist gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen in den privaten Bereich übergeht (BFH-Beschluß vom 7.Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168). Das fortbestehende Nutzungsrecht ist mit der Betriebsverlegung in den privaten Bereich übergegangen, da es ab diesem Zeitpunkt weder zum weiteren unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt war noch aus sonstigen Gründen der Erzielung gewerblicher Einkünfte diente. Für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens ist im Streitfall schon deshalb kein Raum, weil der Kläger einen möglichen betrieblichen Zusammenhang durch die Ausbuchung des Nutzungsrechts ausdrücklich ausgeschlossen hat (vgl. zum Widmungsakt bei Wirtschaftsgütern des gewillkürten Betriebsvermögens z.B. BFH-Urteil vom 18.Juli 1974 IV R 187/69, BFHE 113, 222, BStBl II 1974, 767).

Nach den von den Klägern insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des FG, die für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend sind, entspricht der Teilwert des Nutzungsrechts im Zeitpunkt der Entnahme dessen Buchwert, so daß die Entnahme ohne Gewinnauswirkung bleibt.

b) Führt dagegen die vorzeitige Beendigung der betrieblichen Nutzung zum Wegfall des Nutzungsrechts, so kann der Kläger zwar eine Teilwertabschreibung in Höhe des Restbuchwerts vornehmen; der hierdurch bedingten Gewinnminderung steht jedoch der Ausgleichsanspruch --gewinnerhöhend-- gegenüber, den der Kläger gegen seine Ehefrau als Grundstückseigentümerin gemäß § 951 i.V.m. § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) besitzt (vgl. hierzu Senatsurteile in BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493 unter 2 b, und vom 20.Mai 1988 III R 151/86, BFHE 153, 566). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger diesen Anspruch tatsächlich geltend gemacht hat, da bei einem Verzicht eine erfolgswirksame Entnahme dieser Forderung in das Privatvermögen stattgefunden hat (Senatsurteil in BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493).

Die Sache ist auch in diesem Falle entscheidungsreif, obwohl das FG zur Höhe des Ausgleichsanspruchs keine Feststellungen getroffen hat. Denn die Höhe dieses Ersatzanspruchs entspricht mindestens dem Restbuchwert des Nutzungsrechts.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist der Anspruch des Bauherrn beim Bau auf fremdem Grund und Boden nicht auf den Rechtsverlust an den eingebauten Baumaterialien beschränkt (Urteil vom 10.Juli 1953 V ZR 22/52, BGHZ 10, 171, 179). Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen auf Wertersatz gerichteten Anspruch, dessen Höhe sich nach der Steigerung des gemeinen Werts (Verkehrswerts des Grundstücks durch die Bebauung) bemißt und deshalb nicht durch den Verlust des Entreicherten begrenzt wird (BGH-Urteile vom 13.Mai 1955 V ZR 36/54, BGHZ 17, 236, und vom 18.September 1961 VII ZR 118/60, BGHZ 35, 356).

bb) Der Wert des auf die Ehefrau entfallenden Gebäudeanteils kann hiernach im Zeitpunkt des Wegfalls des Nutzungsrechts jedenfalls nicht niedriger sein als die anteiligen Herstellungskosten abzüglich AfA. Wertmindernde Umstände, durch die der Verkehrswert des Gebäudeanteils den Buchwert des Nutzungsrechts hätte unterschreiten können, sind im Streitfall schon deshalb auszuschließen, weil sie auch den Teilwert des wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandelnden Nutzungsrechts beeinflußt hätten, der nach den Feststellungen des FG nicht unter dessen Buchwert gesunken ist.

cc) Im Hinblick auf das "Verböserungsverbot" im finanzgerichtlichen Verfahren ist es im Streitfall ohne Belang, ob und ggf. in welcher Höhe die Ausgleichsforderung des Klägers gegen seine Ehefrau den Restbuchwert des Nutzungsrechts übersteigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62575

BFH/NV 1989, 38

BStBl II 1990, 6

BFHE 157, 83

BFHE 1990, 83

BB 1989, 1655-1656 (LT1)

DB 1989, 1802-1803 (LT)

DStR 1989, 605 (KT)

HFR 1989, 658 (LT)

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