Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird das DM-Nennkapital einer Kapitalgesellschaft entgegen § 35 Abs. 2 DMBG ohne Einstellung eines Kapitalentwertungskontos höher festgesetzt, als dem wirklichen Vermögensüberschuß entspricht, so unterliegt die Neufestsetzung des DM-Nennkapitals in Höhe des aktiven Ausgleichspostens der steuerlichen DM-Eröffnungsbilanz grundsätzlich der Gesellschaftsteuer.

 

Normenkette

KVStG § 2/1; DMBG § 73 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine GmbH, ist im Jahre 1947 mit einem Stammkapital von ..... RM gegründet und Anfang 1948 ins Handelsregister eingetragen worden. Mit Gesellschafterbeschluß vom ..... 1951 wurde das Stammkapital in DM neu festgesetzt. Die Eintragung der Neufestsetzung im Handelsregister erfolgte Mitte 1951.

Bei einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß am 21. Juni 1948 nur ein Vermögen der GmbH vorhanden gewesen ist, das rund 20.000 DM weniger als das DM-Stammkapital ausmachte. Zu dieser Feststellung ist der Betriebsprüfer durch Beanstandung mehrerer Posten der handelsrechtlichen DM-Eröffnungsbilanz gekommen, deren Ansatz den Vorschriften des D-Markbilanzgesetzes widerspreche. Der vom Finanzamt als steuerlicher aktiver Posten bezeichnete, vom Betriebsprüfer als Kapitalentwertung in die - steuerliche - DM-Eröffnungsbilanz eingesetzte Betrag von rund 20.000 DM ist bis zum 31. Dezember 1949 durch Gewinne der GmbH ausgeglichen. Das Finanzamt hat in Höhe des Unterschiedsbetrages eine gesellschaftsteuerpflichtige Kapitalerhöhung angenommen, die durch Verzicht auf entsprechende Gewinnausschüttung einbezahlt sei, und hat entsprechend die Gesellschaftsteuer festgesetzt. Der Einspruch blieb erfolglos. Auf die Berufung hat das Finanzgericht die GmbH von der Gesellschaftsteuer freigestellt, da eine steuerpflichtige Leistung nach § 2 Ziff. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) nicht gegeben sei. Ein Verzicht auf Gewinnausschüttung sei nicht ausgesprochen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

Die kapitalverkehrsteuerliche Folge einer zu hohen Neufestsetzung des Nennkapitals in DM wegen gesetzlich unzulässiger Wertansätze ist umstritten.

Das Finanzamt begründet in der Rb. seine Auffassung über die Steuerpflicht des Vorgangs mit der Erwägung, daß in der Neufestsetzung des Nennkapitals zwei Vorgänge enthalten seien, einmal eine Umstellung in Höhe des richtig festgestellten Vermögens und zweitens eine Kapitalerhöhung in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Reinvermögensüberschuß und dem neu festgesetzten Stammkapital der GmbH. Damit behauptet das Finanzamt eine Kapitalverkehrsteuerpflicht nach § 2 Ziff. 1 KapVStG. Auf den Tilgungsvorgang des steuerlichen Ausgleichspostens komme es daher nicht an. In dem Unterlassen der Prüfung der Steuerpflicht nach § 2 Ziff. 1 KapVStG durch das Finanzgericht sieht das Finanzamt eine unzureichende rechtliche Würdigung. Die Auffassung des Finanzamts geht im wesentlichen auf die Ausführungen von Sandkaulen in der Deutschen Verkehrsteuer-Rundschau 1951 S. 9, 41 zurück.

Die GmbH wendet ein, daß infolge der Aufrechterhaltung der handelsrechtlichen DM-Eröffnungsbilanz eine Verpflichtung der Gesellschafter zu einer Leistung nicht gegeben sei. Die Tilgung des steuerlichen Minderkapitals aus eigenem Vermögen der Gesellschaft ergebe keine Kapitalverkehrsteuerpflicht. Sie beruft sich dabei auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II 79/41 vom 22. Oktober 1942 (Grundwerk-Steuerrechtskartei Nr. 9 zu § 2 KapVStG).

Der Senat hält die Steuerpflicht im vorliegenden Fall für gegeben. § 35 Abs. 2 des D-Markbilanzgesetzes (BMBG) schreibt - abgesehen von den Möglichkeiten der §§ 36 bis 38 - vor, daß das neue Nennkapital in Höhe des bei Aufstellung der Eröffnungsbilanz sich ergebenden Reinvermögensüberschusses festzusetzen ist, soweit der Betrag nicht in Rücklage gestellt wird. Das D-Markbilanzgesetz, das den Zweck hat, das neu festgesetzte Nennkapital mit dem wirklichen Wert des Vermögens in Einklang zu bringen, geht somit davon aus, daß bei den Wertansätzen in der handelsrechtlichen DM-Eröffnungsbilanz die anerkannten Bewertungsgrundsätze (die gesetzlichen des D-Markbilanzgesetzes, HGB usw., sowie die kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen) tatsächlich beachtet sind. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Gegenüber der Berufung auf die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen DM-Eröffnungsbilanz wird darauf hingewiesen, daß die Vorschrift des § 74 Abs. 1 DMBG über die Koppelung von steuerlicher und handelsrechtlicher Eröffnungsbilanz bei den Steuern vom Kapitalverkehr nicht gilt. Der tatsächliche, den gesetzlichen Vorschriften entsprechend, also richtig bewertete Vermögensüberschuß bildet nach dem Gesetz den Höchstbetrag, auf den das Nennkapital neu festgesetzt werden kann. Nur in dieser Höhe ist Vermögen vorhanden. über den tatsächlichen Vermögensüberschuß hinaus konnte das Nennkapital nur festgesetzt werden, wenn von den Befugnissen der §§ 36 bis 38 DMBG Gebrauch gemacht wurde. Die GmbH hat sich also eines Weges bedient, der einer Kapitalgesellschaft, die richtig bewertet, versperrt ist. Der richtige Weg wäre gewesen, das Nennkapital entsprechend herabzusetzen oder den Unterschied als Kapitalentwertungskonto einzustellen. Das aber hat die Bgin. abgelehnt. Der Betrag, um den das Nennkapital höher als der wirkliche Vermögensüberschuß neu festgesetzt wird, ist sachlich einer Kapitalerhöhung gleichzustellen und dementsprechend steuerlich zu behandeln. Hiergegen spricht auch nicht das D-Markbilanzgesetz. Die änderung des Nennkapitals in Höhe des steuerlichen Minderkapitals ist insoweit keine lediglich zahlenmäßige. Der vom Gesetzgeber in § 73 Abs. 2 DMBG vorgesehenen Begünstigung sollte, abgesehen von den besonderen Fällen der §§ 36 bis 38 DMBG, eine Kapitalgesellschaft nur teilhaftig werden, soweit ihr neues Nennkapital dem wirklichen Reinvermögensüberschuß entspricht. Die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 Satz 2 DMBG für die Beträge zur Tilgung eines Kapitalentwertungskontos liegen nicht vor, da ein solches Konto von der Gesellschaft nicht gebildet ist.

Demnach unterliegt die Neufestsetzung des Nennkapitals - ohne Einstellung eines Kapitalentwertungskontos - in einem höheren Betrag, als dem Reinvermögensüberschuß entspricht, grundsätzlich in Höhe des Unterschiedsbetrages der Gesellschaftsteuer nach § 2 Ziff. 1 KapVStG für den Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den ersten Erwerber. Dies gilt nur dann nicht, wenn die von den Finanzbehörden beanstandete Bewertung in der DM-Eröffnungsbilanz der Kapitalgesellschaft, die zu dem steuerlichen Minderkapital (aktiven Ausgleichsposten) führt, noch in den Grenzen einer allenfalls denkbaren Schätzung liegt.

Im gegebenen Falle ist die Höhe des steuerlichen Minderkapitals in der Tatsacheninstanz nicht bestritten. Die Ansätze des Prüfers, insbesondere hinsichtlich der beiden Hauptposten, nämlich der Rückstellung wegen Garantierverpflichtungen von ..... DM und des Rechnungsabgrenzungspostens für Junigehälter und Junilöhne von ..... DM sind nicht zu beanstanden. Die Ansätze entsprechen den gesetzlichen Vorschriften.

Die Zugrundelegung des Nennbetrages des Unterschiedsbetrages als Steuermaßstab stimmt mit § 8 Ziff. 1 KapVStG überein.

Die Vorentscheidung, die den vorstehenden Ausführungen zuwiderläuft, ist aufzuheben und die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407642

BStBl III 1953, 167

BFHE 1954, 431

BFHE 57, 431

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