Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Fallen im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vorgesehene Beschränkungen hinsichtlich der Beteiligung am Gewinn und an dem etwaigen Liquidationserlös später weg, so begründet dieser Rechtsvorgang für sich allein grundsätzlich keine Kapitalverkehrsteuerpflicht i. S. des § 2 Ziff. 1 KapVStG.

Werden in Fällen der Ziff. 1 neue Gesellschaftsanteile durch Kapitalerhöhung geschaffen und von den Gesellschaftern erworben, so ist Kapitalverkehrsteuerpflicht nach § 2 Ziff. 1 KapVStG gegeben, es sei denn, daß die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 73 Abs. 2 DMBG vorliegen.

 

Normenkette

KVStG § 2/1; KVStG § 2/1/1; DMBG § 73 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegner (Bgin.) ist eine Zeitungsverlags-GmbH, die durch notariellen Vertrag vom 6. Dezember 1947 mit einem Stammkapital von 40.000 RM errichtet ist. Davon haben zwei Gesellschafter je 20.000 RM übernommen. Nach dem Gesellschaftsvertrag hatten die Gesellschafter keinen Anspruch auf Gewinn. Beim Ausscheiden der Gesellschafter sollte nur Anspruch auf Ersatz des auf den Geschäftsanteil eingezahlten Betrages bestehen. Im Falle der Auflösung der Gesellschaft sollten die Gesellschafter nur in Höhe ihres eingezahlten Geschäftsanteils am Gesellschaftsvermögen teilnehmen. Das darüber hinaus verbleibende Gesellschaftsvermögen sollte einer gemeinnützigen Stiftung zufallen. Diese Beschränkungen sind auf Maßnahmen der Militärregierung zurückzuführen, die das Unternehmen lizenziert hatte. Die Lizenzierungspflicht ist am 29. Juli 1949 weggefallen, und damit die Voraussetzung für die Einschränkungen durch den Gesellschaftsvertrag.

Durch Gesellschafterbeschluß vom 29. März 1950 wurden in der DM-Eröffnungsbilanz das Stammkapital - unter Verwendung des nicht ausgeschütteten Gewinns - auf 300.000 DM und die Geschäftsanteile auf je 150.000 DM neu festgesetzt. Durch Gesellschafterbeschluß vom 15. Januar 1951 wurde der Gesellschaftsvertrag entsprechend geändert und bestimmt, daß die oben erwähnten Beschränkungen des Gesellschaftsvertrags wegfallen. Der Abänderungsbeschluß wurde am 20. Februar 1951 ins Handelsregister eingetragen.

Das Finanzamt nahm an, daß die Gesellschafter erst mit der Eintragung des neuen Gesellschaftsvertrags am 20. Februar 1951 das Eigentumsrechts an den GmbH-Anteilen erworben hätten, die durch Eintragung des umgestellten Stammkapitals am 20. Juni 1950 entstanden seien. Vorher hätten die Gesellschafter keine Rechte am Gesellschaftsvermögen besessen. Das Finanzamt zog den Unterschied zwischen dem RM-Nennkapital und dem neuen DM-Kapital von 260.000 DM zur Steuer heran.

Das Finanzgericht hat im Gegensatz zum Finanzamt die Vergünstigung des § 73 Abs. 2 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) für anwendbar erklärt und die GmbH von der Gesellschaftsteuer freigestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Zutreffend ist das Finanzgericht davon ausgegangen, daß infolge der Verknüpfung des kapitalverkehrsteuerpflichtigen Vorgangs nach § 2 Ziff. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) mit dem ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten an Kapitalgesellschaften die Steuerpflicht auch dann entstehen kann, wenn die Gesellschaftsrechte ohne Gegenleistung des Gesellschafters auf Grund Verwendung von Vermögen der Gesellschaft erworben sind (Beispiel: Freianteile). Demnach ist die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln steuerpflichtig. Das wäre auch bei Neufestsetzung des Stammkapitals mit einem über den RM-Nennbetrag hinausgehenden DM-Nennbetrag anläßlich der Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz der Fall, wenn nicht der Gesetzgeber in § 73 Abs. 2 DMBG bestimmt hätte, daß die aus der Neufestsetzung sich ergebenden zahlenmäßigen Veränderungen im Vermögen der im § 35 DMBG bezeichneten Gesellschaften - wozu auch die GmbH gehört - und deren Gesellschafter nicht den Steuern vom Kapitalverkehr unterliegen. Durch die Regelung im § 35 DMBG ist der Wertzusammenhang zwischen der RM-Schlußbilanz und der DM-Eröffnungsbilanz, also auch zwischen dem RM-Kapital und dem DM-Kapital, durchbrochen und auf Grund des § 73 Abs. 2 DMBG die Kapitalerhöhung aus Mitteln der Gesellschaft der Gesellschaftsteuer nicht unterworfen. Dabei ist es gleichgültig, woher die Mittel für eine bei der Neufestsetzung des DM-Nennkapitals vorgenommene Kapitalerhöhung rühren, ob aus der Umstellung oder aus stillen Rücklagen oder aus angesammelten Gewinnen. Wie hoch die Abweichung der neuen Kapitalziffer von der früheren Ziffer des Gesellschaftskapitals sind, ist dabei ebenfalls ohne Bedeutung. Dagegen bleibt die Kapitalverkehrsteuerpflicht bestehen, wenn die Gesellschafter anläßlich der Umstellung der Gesellschaft neue Werte zuführen, also neue Leistungen vollbringen (KapVStG § 2 Ziff. 2, 3).

Zu Unrecht sieht das Finanzamt in dem Gesellschafterbeschluß vom 15. Januar 1951, durch den die Einschränkungen der Gesellschaftsrechte des Vertrags vom 6. Dezember 1947 aufgehoben wurden und die Höhe der Geschäftsanteile jedes Gesellschafters festgesetzt wurden, einen ursprünglichen Erwerb neuer Geschäftsanteile. Der Senat stimmt mit dem Finanzgericht überein, daß die Gesellschafter das Eigentum an den Geschäftsanteilen in Höhe von 300.000 DM bereits durch die Neufestsetzung der Geschäftsanteile gemäß § 35 DMBG anläßlich der Kapitalumstellung erhalten haben. Die Geschäftsanteile, die bereits zum 21. Juni 1948 in das Eigentum der Gesellschafter übergegangen sind, konnten nicht mehr durch den Vertrag vom 15. Januar 1951 erworben werden. Den Gedanken, daß infolge der früheren Beschränkung der Gesellschafterrechte durch den Vertrag vom 6. Dezember 1947 bei der Neufestsetzung des Stammkapitals anläßlich der DM-Eröffnungsbilanz nur ein Teil des Stammkapitals erworben und der eigentliche Erwerb auf Grund des Vertrags vom 15. Januar 1951 erst mit der Eintragung ins Handelsregister vom 20. Februar 1951 eingetreten sei, hat das Finanzgericht zutreffend als rechtsirrig bezeichnet. Die DM-Anteile sind mit der Umstellung uneingeschränkt erworben worden. Die Einschränkung der Rechte hinsichtlich des Gewinnbezugs und der Ausschüttung beim Ausscheiden beeinflußt das grundsätzliche Vollrecht des Gesellschafters zwar wertmäßig, aber nicht seinen Rechtsbeistand. Die Werterhöhung der Geschäftsanteile anläßlich der Aufhebung von Beschränkungen hinsichtlich der Beteiligung von Gewinn oder Auseinandersetzungserlös ist kein durch die Gesellschaftsteuer erfaßbarer Vorgang, wenn nicht neue Anteile durch Kapitalerhöhung geschaffen und von den Gesellschaftern erworben werden. Somit kann dem Einwand des Finanzamtsvorstehers nicht beigepflichtet werden, daß dem Vertrag vom 15. Januar 1951 eine rechtsbegründende Wirkung und nicht bloß eine rechtsbekundende zukommt. Die Umwandlung der Gesellschaftsrechte beschränkten Umfangs in solche unbeschränkten Umfangs ohne änderung des Stammkapitals unterliegt somit regelmäßig nicht der Gesellschaftsteuer. Ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts (ß 6 des Steueranpassungsgesetzes) ist nicht behauptet. Die Höhe der Umstellung auf das 7 1/2-fache rechtfertigt eine andere Auffassung nicht.

Die Rb. des Finanzamtsvorstehers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407481

BStBl III 1952, 263

BFHE 1953, 688

BFHE 56, 688

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