Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Begründung der Revision und zur Nachsichtgewährung bei Versäumung der Begründungsfrist

 

Leitsatz (NV)

1. Eine unter Verletzung des Vertretungszwangs vor dem BFH vorgelegte Revisionsbegründung ist unwirksam.

2. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, wenn die Begründung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 FGO nachgeholt wird.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 56

 

Tatbestand

Das FG wies die Klage des Klägers mit Urteil vom 25. April 1985 3 K 13/85 ab. Dieses Urteil wurde dem Kläger am 9. Mai 1985 zugestellt. Mit Schreiben vom 24. Mai 1985, eingegangen beim FG am 28. Mai 1985, legte der Kläger Revision ein, ohne sich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten zu lassen. Das Prozeßkostenhilfegesuch des Klägers zur Durchführung dieses Revisionsverfahrens lehnte der Senat mit Beschluß vom 28. Januar 1986 VII S 15/85 ab. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 1985 zeigte der Steuerberater E mit Bezug u. a. auf das Aktenzeichen des vorliegenden Revisionsverfahrens an, daß er den Kläger vertrete, im Namen seines Mandanten das ,,Rechtsmittel" einlege und die Begründung des Klägers übernehme. Mit weiterem Schreiben vom 28. Oktober 1985 teilte der Steuerberater mit, daß er das Mandat mit sofortiger Wirkung niederlege. Mit Schreiben vom 25. März 1986, eingegangen beim Bundesfinanzhof (BFH) am 26. März 1986, zeigte die Steuerberaterin M unter Beifügung einer Vollmacht an, daß sie den Kläger vertrete, und teilte mit, daß sie im Namen ihres Mandanten ,,Beschwerde" einlege und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantrage; zur Begründung verwies sie auf die Begründung des Klägers im Prozeßkostenhilfeverfahren und dessen inzwischen ergänzenden Begründungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision war als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Revision ist beim FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Eine formgerechte Begründung der Revision ist bisher nicht eingegangen. Zwar hat der Kläger selbst seine Revision begründet. Diese Begründung ist aber ohne Wirkung, da sie unter Verletzung des Vertretungszwangs des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) nicht von einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer unterzeichnet worden ist (vgl. auch BFH-Beschluß vom 28. Juli 1982 V R 64/82, BFHE 136, 199, BStBl II 1982, 641). Der Begründungspflicht ist auch nicht dadurch genügt, daß die Prozeßbevollmächtigten auf die Begründung des Klägers verwiesen haben.

Eine Nachholung der bisher unterbliebenen Revisionsbegründung durch einen vertretungsbefugten Prozeßbevollmächtigten erfüllte die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO nur, falls dem Kläger wegen der Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte. Das scheidet aber im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen aus: Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; innerhalb dieser Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 56 Abs. 2 FGO). Das Hindernis für die Wahrung der Frist ist spätestens mit Zustellung des die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren ablehenden Beschlusses des Senats weggefallen. Dieser Beschluß ist dem Kläger am 3. März 1986 mit Einschreiben zugesandt worden. Die (formgerechte) Revisionsbegründung ist aber bisher nicht, also auch nicht fristgerecht, vorgelegt worden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 113

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