Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungszwang im Prozeßkostenhilfeverfahren; Öffentliche Zustellung

 

Leitsatz (NV)

Für die Einlegung der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozeßkostenhilfe gilt der Vertretungszwang.

Gibt der Kläger lediglich eine Postanschrift an, ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 53 Abs. 2; VwZG § 15 Abs. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat mit Beschluß vom 27. Mai 1988 den Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf Prozeßkostenhilfe für seinen Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1979 abgelehnt. Der Beschluß wurde öffentlich zugestellt, nachdem die Zustellung an die vom Kläger angegebene Adresse erfolglos geblieben war und Nachforschungen bei dem zuständigen Einwohnermeldeamt ergeben hatten, daß sich der Kläger ,,nach unbekannt" abgemeldet hatte. Eine Anschrift der Entscheidung sandte das FG postlagernd an das vom Kläger hierzu angegebene Postamt.

Gegen die Ablehnung seines Antrags auf Prozeßkostenhilfe richtet sich die vom Kläger persönlich eingelegte Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat. Weiter beantragt der Kläger, das Verfahren wegen eines mehrere Wochen oder Monate dauernden Auslandsaufenthalts ruhen zu lassen. Als Absenderanschrift gab er wie bereits im FG-Verfahren an: ,,poste restante, X".

Eine an den Kläger unter diese Anschrift gerichtete Aufforderung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 5. Dezember 1988, eine Anschrift mitzuteilen, an die zugestellt werden könne, blieb bis heute unbeantwortet.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluß hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntLG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932 i. d. F. des Gesetzes vom 3. Dezember 1987, BGBl I 1987, 2442, BStBl I 1987, 800). Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde wegen Versagung der Prozeßkostenhilfe durch das FG (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG; BFH-Beschluß vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62, m.w.N.).

Fehlt es, wie offensichtlich im Streitfall, an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen (Prozeßhandlungsvoraussetzung; vgl. dazu Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 45 II 1, S. 249), so sind die betreffenden Prozeßhandlungen - im Streitfall die Einlegung der Beschwerde und der Antrag auf Ruhen des Verfahrens - unwirksam.

Die Entscheidung des Senats ist dem Kläger durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen, da sein Aufenthaltsort unbekannt ist (§ 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 15 Abs. 1 Buchst. a des Verwaltungszustellungsgesetzes). Der Senat hält es für zweckmäßig, dem Kläger außerdem einen Abdruck der Entscheidung mittels einfachen Briefs ,,postlagernd" an das von ihm angegebene Postamt in X zuzusenden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424337

BFH/NV 1989, 653

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