Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung gemäß § 56 FGO

 

Leitsatz (NV)

Einem Finanzamt kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gewährt werden, wenn diese Fristversäumung durch einen Organisationsmangel des Finanzamtes verursacht worden ist.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Der Schriftsatz mit der Revisionsbegründung des FA X, an dessen Stelle das jetzt beklagte FA (nachfolgend FA genannt) getreten ist, ging am 7. August 1985 nach Ablauf der bis zum 5. August 1985 verlängerten Revisionsbegründungsfrist beim BFH ein.

Das FA beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO wegen Versäumung der vorgenannten Frist. Die Verspätung sei auf ein Versehen des Sachbearbeiters des FA X zurückzuführen. Das Verfahren zur Überwachung von Fristen in Revisionsverfahren sei bei diesem FA durch Verfügung des Vorstehers vom 28. Juni 1983 geregelt. Nach dieser Verfügung, dessen Abdruck zu den Gerichtsakten überreicht wurde, ist u. a. angeordnet, daß zur Überwachung der vorgenannten Fristen ein Fristenblatt angelegt und zu der betreffenden FA-Akte (Rb-Akte) genommen wird. Auf diesem Fristenblatt muß der betreffende Sachgebietsleiter den Fristablauf berechnen und diese Verfügung unterzeichnen. Die Frist ist in ein Fristenbuch einzutragen, das im Vorzimmer des Vorstehers geführt wird. 10 Tage vor Fristenablauf muß der zuständige Sachgebietsleiter vom Vorzimmer an die ,,Erledigung . . . erinnert" werden. Daneben muß auch der Sachgebietsleiter die Einhaltung der Frist ,,in seinem Terminkalender" überwachen. Das Absenden der Schriftsätze - ggf. mit Akten - ,,übernimmt das Vorzimmer".

Im vorliegenden Fall sei - wie das FA vorträgt - die Frist im Fristenblatt und im Fristenbuch vermerkt worden. Die Revisionsbegründung sei rechtzeitig fertiggestellt und die Zustimmung der vorgesetzten Behörde hierzu erbeten worden. Wegen seines bevorstehenden Urlaubes habe der zuständige Sachgebietsleiter FA-Akten und Revisionsbegründungsschriftsatz dem zuständigen Sachbearbeiter übergeben mit der Weisung, beides nach Eingang der Zustimmung der vorgesetzten Behörde - jedenfalls aber rechtzeitig vor Ablauf des 5. August 1985 - an den BFH abzuschicken. Der Sachbearbeiter sei auch entsprechend der Amtsverfügung 10 Tage vor Ablauf der Frist vom Vorzimmer des Vorstehers erinnert worden. Versehentlich habe er aber Akten und Revisionsbegründung erst am 5. August 1985 abgeschickt. Dieses Versehen könne dem FA nicht angelastet werden; denn der Sachbearbeiter sei hier lediglich als Bote anzusehen.

Die Klägerin begehrt die Zurückweisung des Antrages. Nach ihrer Ansicht hat das FA nicht die Einhaltung von Revisionsbegründungsfristen durch entsprechende organisatorische Maßnahmen sichergestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, weil die Frist des § 120 Abs. 1 FGO für die Begründung der Revision nicht eingehalten wurde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO kann dem FA nicht gewährt werden. Das bisher zuständige FA hat die Fristüberschreitung verschuldet; denn es hatte nicht durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt, daß Fristen der vorliegenden Art eingehalten wurden (vgl. dazu den Beschluß des BFH vom 17. Dezember 1982 VIII R 77/79, BFHE 137, 221, BStBl II 1983, 229). Nach der Amtsverfügung vom 28. Juni 1983 hatte zwar das Vorzimmer den Sachgebietsleiter 10 Tage vor Ablauf der Frist zu erinnern und dann das Absenden der Schriftsätze zu übernehmen. Die Verfügung stellte aber nicht sicher, daß die Schriftsätze vom Vorzimmer rechtzeitig vor Ablauf der Frist abgesandt wurden. Notwendig wäre eine Anordnung etwa der Art gewesen, daß etwa drei Tage vor Ablauf der Frist der zuständige Sachgebietsleiter vom Vorzimmer zur sofortigen Ablieferung des Schriftsatzes zwecks Absendung aufzufordern, diese Aufforderung im Fristenbuch zu vermerken und dieses Buch bei erfolgloser Aufforderung dem Vorsteher zwecks Kenntnisnahme vorzulegen sei.

Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob im vorliegenden Fall Angehörige des FA Fehler gemacht haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414611

BFH/NV 1987, 588

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