Entscheidungsstichwort (Thema)

KraftSt-Erhöhung für Diesel-Pkw verfassungsgemäß

 

Leitsatz (NV)

Die Verfassungsmäßigkeit der 1993 erfolgten Kraftfahrzeugsteuer-Erhöhung für Diesel-Personenkraftwagen ist nicht ernstlich zweifelhaft.

 

Normenkette

KraftStG 1979/1994 § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; KraftStG 1979/1994 § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. aa; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) setzte gegen den Antragsteller und Beschwerdeführer, Halter eines nicht schadstoffarmen Personenkraftwagens mit Selbstzündungsmotor (Erstzulassung 1984), mit einem Hubraum von 2482 ccm Kraftfahrzeugsteuer für 1994 unter Zugrundelegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 i. d. F. des Gesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) bestimmten Satzes von 42,70 DM/100 ccm Hubraum fest. Über die von dem Antragsteller, der die Neuregelung hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuersätze für Pkw mit Dieselmotor für verfassungswidrig hält, nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Seinen zugleich beim Gericht gestellten Antrag, die Vollziehung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides insoweit auszusetzen, als die Kraftfahrzeugsteuer für 1994 erhöht worden ist (über den bis dahin geltenden Steuersatz von 35,20 DM/100 ccm Hubraum hinaus), lehnte das Finanzgericht (FG) ab. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung beständen nicht; die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken griffen, auch gegenüber der hier zu beurteilenden Steuererhöhung, nicht durch (Hinweis auf das Urteil des beschließenden Senats vom 20. Oktober 1992 VII R 33/92, BFHE 169, 247, BStBl II 1993, 62). Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht sei nicht ersichtlich.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde bringt der Antragsteller vor, mit der Kraftfahrzeugsteuererhöhung sei die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 279/32) in einer die Halter von Diesel- Pkw diskriminierenden Art umgesetzt worden. Dieser Personenkreis hätte den Steuerausfall infolge der Steuersenkung für Nutzfahrzeuge zu tragen. Über die grundrechtskonforme Auslegung und Umsetzung der Richtlinie müsse der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorab entscheiden. Finanzierungskosten zur Erfüllung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen dürften im übrigen nicht ausschließlich den Haltern von Diesel-Pkw aufgebürdet werden.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und seinem erst instanzlichen Antrag zu entsprechen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) nicht erkennbar sind. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ob die von dem Antragsteller geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die der Besteuerung zugrundeliegende Vorschrift -- § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1994 (Fassung vom 24. Mai 1994, BGBl I 1994, 1102, BStBl I 1994, 358) -- auch letztlich nicht durchgreifen, wird erst im Hauptverfahren zu entscheiden sein. Im vorliegenden Verfahren braucht noch keine endgültige Klärung der Streitfrage zu erfolgen (Gräber/Koch, FGO, 3. Aufl. 1993, § 69 Anm. 107 m. w. N.).

Unter den mit der Beschwerde geltend gemachten Gesichtspunkten ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsgültigkeit von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1994. Die von dem Antragsteller angeführte EWG-Richtlinie vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren ... betrifft im wesentlichen die Höhe der Kraftfahrzeugsteuersätze für größere Nutzfahrzeuge und steht, ebenso wie die weiter genannte Richtlinie über die Mineralölsteuer(-mindestsätze), in keinem Zusammenhang mit der beanstandeten Kraftfahrzeugsteuererhöhung für Diesel- Pkw, deretwegen der im Hauptverfahren angefochtene Bescheid erlassen worden ist (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG 1979). Fragen der Gültigkeit oder Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften (vgl. Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft) stellen sich nicht.

Auch im übrigen bestehen, wie das FG mit zutreffender Begründung entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken wegen der Gültigkeit der Steuererhöhung. Insoweit ist zunächst auf das Urteil in BFHE 169, 247 zu verweisen (vgl. jedoch auch den Hinweis in Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht -- UVR -- 1994, 252 auf eine Verfassungsbeschwerde gegen eine nach Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ergangene Parallelentscheidung des Senats). Ebenso wie die darin als verfassungsrechtlich unbedenklich erkannte Kraftfahrzeugsteuer erhöhung für schadstoffarme Diesel-Pkw -- nach dem Haushaltsbegleitgesetz 1989 -- läßt sich auch die weitere Anhebung des Steuersatzes durch das Steueränderungsgesetz 1991 nicht als gleichheitswidrig beanstanden (vgl. Anmerkung zu BFHE 169, 247 in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 83; FG München, Urteil vom 3. März 1993 4 K 48/92, UVR 1993, 249). Eine Systemwidrigkeit, die einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz -- Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -- indizieren könnte (hierzu etwa Senat, Urteil vom 8. Dezember 1992 VII R 64/92, BFH/NV 1993, 499), ist nicht zu erkennen. Der "Systemunterschied", der zwischen Kraftfahrzeugsteuer (Verkehrsteuer) und Kraftstoffsteuer (Verbrauchsteuer) besteht, schließt einen Belastungsausgleich, wie er mit der Steuererhöhung erfolgt ist, nicht aus. Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer sind gleichermaßen Kostenfaktoren für den Betrieb von Kraftfahrzeugen, obwohl die Kraftfahrzeugsteuer bereits das bloße Halten der Fahrzeuge belastet (BFHE 169, 247, 249). Dieser Zusammenhang, der auch die in der Vergangenheit mehrfach angestellten Überlegungen zur Frage einer "Umlegung" der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer erklärt, rechtfertigt den mit der Steuererhöhung bezweckten Ausgleich einer Minderbelastung durch die Mineralölsteuer (für Diesel-Kraftstoff). Daß dieser Ausgleich überproportional bemessen sei, ist nicht ersichtlich.

Letzteres gilt auch für die weitere, mit dem Gesetz vom 21. Dezember 1993 bestimmte und in dem angefochtenen Steuerbescheid berücksichtigte Kraftfahrzeugsteuererhöhung für Diesel-Pkw. Die ihr zugrunde liegende Berechnung des für erforderlich gehaltenen Ausgleichs (vgl. amtliche Begründung in BTDrucks 12/5764, S. 55 f.) erscheint aus den Gründen des Senatsurteils in BFHE 169, 247 unbedenklich. Das bezieht sich auch auf die bei der Berechnung angenommene durchschnittliche Jahresfahrleistung (kritisch insoweit Halaczinsky, UVR 1994, 205 f.), die aufgrund statistischer Werte ermittelt worden ist. Der Umstand, daß sie in Einzelfällen, beim Betrieb kleinerer Diesel-Pkw, nicht erreicht wird -- was der Antragsteller hinsichtlich seines Fahrzeugs im übrigen nicht geltend macht --, kann nicht dazu führen, die auf ihr beruhende Ausgleichsbemessung als willkürlich zu verwerfen. Ob weitere Steueran hebungen zum Ausgleich einer Kraftstoffminderbelastung, mit der Folge einer Annäherung der Steuersätze für Diesel-Pkw an die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Belastung von Nutzfahrzeugen, unbedenklich wären (zweifelnd Keßler, Deutsche Steuer- Zeitung 1994, 165, 169), ist nicht zu entscheiden. Auf die Frage, ob ein solches Ergebnis sich als gleichheitswidrig darstellen kann -- was angesichts der bei der Nutzfahrzeugbesteuerung zu berücksichtigenden besonderen Gesichtspunkte jedenfalls nicht offenkundig ist --, braucht mithin nicht eingegangen zu werden.

Mit der hiernach gebotenen Zurückweisung der Beschwerde erledigt sich das auf "vorläufige" Aussetzung gerichtete Begehren des Antragstellers.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 734

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