Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Gegenvorstellung

 

Leitsatz (NV)

Die Gegenvorstellung gegen einen Beschluß des BFH ist nicht statthaft.

 

Normenkette

FGO §§ 115, 128, 134; GG Art. 103 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Senat hat durch Beschluß vom 10. September 1986 II B 72/86 die Beschwerde der Klin. gegen den gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO ergangenen Einstellungsbeschluß des FG Rheinland-Pfalz vom 9. Februar 1977 II 322/76 als unzulässig verworfen mit der Begründung, die Beschwerde sei nicht fristgerecht eingelegt worden. Begonnen habe die Beschwerdefrist mit Ablauf des 17. Februar 1977, dem Tag, an dem der Einstellungsbeschluß ,,dem damals bestellten Prozeßbevollmächtigten der Klin. gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden war"; geendet habe sie mit Ablauf des 3. März 1977. Die Beschwerde sei aber erst über neun Jahre später beim FG eingegangen. Nach so langer Zeit könne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden (§ 56 Abs. 3 FGO).

Mit ihrer ,,Gegenvorstellung" beantragt die Klin., den Beschluß des BFH vom 10. September 1986 II B 72/86 sowie den Einstellungsbeschluß des FG vom 9. Februar 1977 II 322/76 aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Die Annahme des BFH, der angefochtene Einstellungsbeschluß sei ,,dem damals bestellten Prozebevollmächtigten der Klin. gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden", sei unrichtig. Denn der Steuerberater A, dem der Einstellungsbeschluß zugestellt worden sei, habe ,,Zwar im Namen der Klin., aber ohne deren Vollmacht" gehandelt. Ihr, der Klin., sei der Einstellungsbeschluß nicht bekanntgegeben worden, infolgedessen sei die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden. Außerdem verletze ,,das bisherige Verfahren, insbesondere die Beschwerdeentscheidung vom 10. 9. 1986", ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Denn die Entscheidung des BFH führe dazu, daß ,,jeder Steuerbürger, dem eine gerichtliche Entscheidung wegen Auslandsaufenthalts nicht selbst zugestellt werden" könne, ,,relativ einfach um seinen Anspruch auf rechtliches Gehör gebracht werden" könne: Es brauche ,,nur ein Steuerberater ohne Vollmacht und ohne Kenntnis des Betroffenen eine Klage gegen einen den Bürger betreffenden Bescheid zu erheben, sodann nach Aufforderung keine Vollmacht nachzuweisen, und schon" sei ,,die materielle Klärung der Steuersache für den Staatsbürger für alle Zeiten blockiert, weil das Finanzgericht das Verfahren dann mangels Vollmacht des Steuerberaters" einstelle und diese Einstellung gegen den Steuerbürger wirke. Der Staatsbürger, der von alledem nichts wisse, sei damit jeglichen Rechtsbehelfs beraubt, ohne je die Möglichkeit gehabt zu haben, dazu auch nur ein einziges Wort zu sagen. Das könne nicht rechtens und vom Verfassungsgesetzgeber nicht gewollt sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Gegenvorstellung der Klin. ist nicht statthaft.

Gegen den Beschluß des BFH vom 10. September 1986 ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Ein nach der FGO unstatthaftes Rechtsmittel wird nicht dadurch statthaft, daß es auf die Behauptung der Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt wird (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1982 2 BvR 869/81, BVerfGE 60, 96, 98 hinsichtlich der Zivilprozeßordnung). Soweit hiervon abweichend und weitergehend auf Gegenvorstellung hin eine Abänderung für zulässig gehalten wird, geschieht das nur in Fällen, in denen die Entscheidung auf Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist (Beschluß des gemäß § 93a Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht berufenen Ausschusses vom 20. Februar 1984 1 BvR 166/84). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere beruht die Entscheidung des BFH nicht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Klin. hat während des Beschwerdeverfahrens in mehreren Schriftsätzen ihre Rechtsauffassung zur Frage des Beginns der Beschwerdefrist dargelegt und zu der abweichenden Rechtsauffassung des FA Stellung genommen. Ihr Vorbringen hat der beschließende Senat zur Kenntnis genommen und es erwogen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414813

BFH/NV 1987, 378

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