Entscheidungsstichwort (Thema)

Drei-Tage-Zugangsvermutung, auch wenn dritter Tag (Montag) Feiertag ist

 

Leitsatz (NV)

Die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gilt auch dann, wenn der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post ein Feiertag ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Drei-Tage-Zeitraum aus Samstag, Sonntag und Feiertag besteht (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 146, 27, BStBl II 1986, 462).

Von Zweifeln am Zugang der Einspruchsentscheidung (EE) innerhalb des Drei-Tage-Zeitraums kann im Prozeßkostenhilfeverfahren nur ausgegangen werden, wenn der Antragsteller den Zugang der EE nach Ablauf dieses Zeitraums ausdrücklich behauptet.

 

Normenkette

AO § 122 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wurden für die Streitjahre 1989 und 1990 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Gegen die Einkommensteuerbescheide legten die Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin für beide Antragsteller Einspruch ein. Der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Einspruchsbescheide wurden am 30. September 1994 mit einfachem an die Prozeßbevollmächtigten adressierten Brief zur Post gegeben. Am 4. November 1994 ging die von den Prozeßbevollmächtigten erhobene Klage bei Gericht ein.

Während des Klageverfahrens beantragten die Prozeßbevollmächtigten, den Antragstellern Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren.

Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt, da die von den Antragstellern erhobene Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Klage sei verspätet erhoben worden. Die Einspruchsbescheide vom 30. September 1994 gälten am 3. Oktober 1994 als bekanntgegeben, da sie ausweislich eines Aktenvermerkes am 30. September 1994 mit einfachem Brief zur Post gegeben worden seien. Unerheblich sei, daß der 3. Oktober 1994 ein gesetzlicher Feiertag sei. Hierdurch werde der Drei-Tage-Zeitraum nicht verlängert (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. März 1986 II R 5/84, BFHE 146, 27, BStBl II 1986, 462). Die Klagefrist habe am 3. November 1994 geendet.

Gegen diesen Beschluß des FG haben die Prozeßbevollmächtigten für beide Antragsteller Beschwerde eingelegt. Diese haben sie nicht begründet. Auf Anforderung einer Vollmacht für den Antragsteller zu 2. haben sie erklärt, daß sie eine solche nicht vorlegen könnten.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2. ist unzulässig, weil die Prozeßbevollmächtigten eine von ihm erteilte schriftliche Vollmacht (§ 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) nicht vorgelegt haben. Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Antragsteller persönlich (vgl. BFH- Beschluß vom 14. Juni 1988 VII B 18/88, BFH/NV 1989, 117).

2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zwar zulässig; sie bedurfte insbesondere keiner Begründung (vgl. §§ 129 und 130 FGO). Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das FG hat den Antrag auf Bewilligung der PKH zu Recht abgelehnt.

Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist die PKH zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (BFH- Beschluß vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526).

Der Senat teilt bei summarischer Prüfung der Rechtslage und Würdigung der wesentlichen Tatumstände die Einschätzung des FG, daß die Klage wegen nicht fristgemäßer Erhebung wahrscheinlich keinen Erfolg haben wird. Zutreffend geht das FG davon aus, daß die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) auch dann gilt, wenn der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post ein Feiertag ist. Dies gilt selbst dann, wenn -- wie im Streitfall -- der Drei-Tage-Zeitraum aus Samstag, Sonntag und Feiertag besteht (vgl. BFH- Urteil in BFHE 146, 27, BStBl II 1986, 462). Zweifel an der Vermutung des Zugangs am 3. Oktober 1994 ergeben sich im Streitfall nicht dadurch, daß die von den Prozeßbevollmächtigten dem Klageschriftsatz beigefügten Einspruchsbescheide den Eingangsstempel der Kanzlei vom 4. Oktober 1994 tragen. Denn die Prozeßbevollmächtigten haben weder auf den Hinweis des FA mit Schriftsatz vom 29. August 1995, daß die Klage verspätet sei, noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren den Zugang der Einspruchsbescheide außerhalb des Drei-Tage-Zeitraums behauptet. Dessen hätte es aber zur Begründung von Zweifeln zumindest bedurft (vgl. BFH-Beschluß vom 20. August 1992 VI B 99/91, BFH/NV 1993, 75).

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 727

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