Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf PKH für eine (noch einzulegende) NZB

 

Leitsatz (NV)

Beantragt der Kläger persönlich PKH für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde, so kann ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist nur dann gewährt werden, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare unternimmt, um das ‐ hier in seiner Mittellosigkeit liegende ‐ Hindernis zu beheben. Er muss innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen. Dazu gehört auch, dass er dem BFH eine "Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" vorlegt.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 1-2

 

Tatbestand

I. Im Februar 2004 erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) dem Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) wegen dessen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Säumniszuschläge in Höhe von 9 957 €. Im angefochtenen Bescheid erließ das FA im Mai 2005 weitere Säumniszuschläge in Höhe von 169 €. Die erlassenen Beträge entsprachen der Hälfte der insgesamt aufgelaufenen Säumniszuschläge in Höhe von 20 253 €.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte der Antragsteller, auch die restlichen Säumniszuschläge in Höhe von 10 126 € zu erlassen. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Das FG-Urteil ist dem Antragsteller am 30. Dezember 2005 zugestellt worden.

Mit seinem Schreiben an das FG vom 31. Januar 2006 und einem weiteren Schreiben an den Bundesfinanzhof (BFH) "vom 30.12.2005" eingegangen beim BFH am 21. Februar 2006, wendet sich der Antragsteller gegen das klageabweisende FG-Urteil und begehrt darüber hinaus sinngemäß Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Nichtzulassungsbeschwerde. Er trägt u.a. vor, er könne es sich nicht leisten, eine der in § 62a der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Personen oder Gesellschaften mit seiner Vertretung zu beauftragen, und beantrage einen "Gerichtskostenzuschuss".

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist unbegründet und deshalb abzulehnen.

1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO).

2. Die im vorliegenden Fall beabsichtigte Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Dies folgt zwar noch nicht allein daraus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem BFH vertretungsbefugte Person oder Gesellschaft i.S. des § 62a FGO erhoben worden ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. § 56 FGO) gewährt werden.

Dies erfordert allerdings, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare unternimmt, um das --hier in seiner Mittellosigkeit liegende-- Hindernis zu beheben. Er muss innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. September 2002 X S 4/02 (PKH), BFH/NV 2003, 73).

b) Im Streitfall hat der Antragsteller diesem Erfordernis nicht genügt, weil er die "Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" nicht innerhalb der am 30. Januar 2006 abgelaufenen Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgelegt hat (vgl. hierzu z.B. Senatsbeschluss vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249; ferner Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rz. 12, m.w.N.).

c) Selbst wenn dem Antragsteller wegen dieser Versäumnis --was offen bleiben kann-- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte, ist der Antrag auf PKH jedenfalls deswegen abzulehnen, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

Der angerufene Senat vermag bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung des Vortrages des Antragstellers, des Inhalts der Akten und des vom Antragsteller beanstandeten FG-Urteils keinen hinreichenden Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO zu erkennen, der eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Der vorliegende Sachverhalt wirft keine über den spezifisch gelagerten Einzelfall des Antragstellers hinausreichende allgemein bedeutsame Rechtsfrage auf, welche die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 Alternative 1 FGO gebietet. Überdies vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass das FG mit einem bestimmten, in dem vom Antragsteller beanstandeten Urteil aufgestellten Rechtssatz von der Entscheidung eines anderen Gerichts zu derselben Rechtsfrage abgewichen wäre (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das FG-Urteil infolge schwerwiegender materiell-rechtlicher Fehler objektiv willkürlich erscheinen würde und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar wäre (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; ferner Lange, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 782, 784). Schließlich beruht das FG-Urteil bei der gebotenen kursorischen Prüfung auch nicht auf einem Verfahrensmangel, der --auf der Grundlage des vom FG eingenommen materiell-rechtlichen Standpunkts-- dessen Entscheidung hätte beeinflussen können (vgl. zu Letzterem z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 79 und 96, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

3. Insgesamt ist bei der gebotenen summarischen Prüfung kein Grund für eine Zulassung der Revision erkennbar, so dass die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Entscheidung über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde stellt der angerufene Senat bis vier Wochen nach Übersendung dieses Beschlusses zurück, um dem Antragsteller die Möglichkeit einzuräumen zu prüfen, ob er ggf. seine Beschwerde zur Vermeidung des Anfalls höherer Gerichtskosten zurücknehmen möchte.

 

Fundstellen

BFH/NV 2006, 1141

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