Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen einen Beschluß über eine Urteilsberichtigung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer eine Beschwer geltend macht

 

Leitsatz (NV)

Eine Beschwer durch einen Beschluß über eine Urteilsberichtigung ist geltend gemacht, wenn der Beschwerdeführer schlüssig darlegt, daß die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Urteils nach § 107 FGO dem Grunde nach nicht vorgelegen haben oder daß die Berichtigung selbst fehlerhaft durchgeführt worden ist.

 

Normenkette

FGO § 107 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) betrieb neben einem Handelsbetrieb eine Gastwirtschaft. Für die Jahre 1977 und 1978 wurden die Umsätze des Antragstellers geschätzt, weil er keine Steuererklärungen abgegeben und eine Schätzung angeregt hatte.

Im Einspruchs- und Klageverfahren wandte sich der Antragsteller nur gegen die Höhe der für die Gastwirtschaft geschätzten Umsätze. Die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1977 und 1978 und gegen die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen hatte zu einem geringen Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verminderte die allein streitigen Umsätze des Antragstellers aus dem Betrieb der Gastwirtschaft. Bei der Steuerfestsetzung für 1977 und 1978 in dem Urteil vom 14. Dezember 1984 berücksichtigte es aber die unstreitigen Umsätze aus dem Handelsbetrieb nicht.

Durch Beschluß vom 27. Dezember 1985 berichtigte das FG auf einen Antrag des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA -) die Steuerberechnungen nach § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Begründung führte es u. a. aus, versehentlich seien die aus den Umsatzsteuerakten ersichtlichen, während des gesamten Rechtsbehelfsverfahrens bis zur Urteilsverkündung nicht streitigen Besteuerungsgrundlagen aus dem Handelsbetrieb bei der Steuerberechnung im Urteil übersehen worden. Einen vom Antragsteller im Berichtigungsverfahren gestellten Antrag auf Änderung der Höhe der Umsätze aus dem Handelsbetrieb wies das FG in dem erwähnten Beschluß zurück.

Der Beschluß ist dem Antragsteller am 9. Januar 1986 zugestellt worden. Am 24. Januar 1986 ging bei dem FG ein mit dem Datum des 22. Januar 1986 versehenes Schreiben des Antragstellers ein, in dem er u. a. ausführte:

,,In der Sache ./. Finanzamt, lege ich gegen den getroffenen Beschluß vom 27. 12. 1985 hiermit Beschwerde ein.

Aus finanziellen Gründen bin ich nicht in der Lage für diese Beschwerde einen Rechtsanwalt einzuschalten."

Mit weiteren Ausführungen wandte sich der Antragsteller gegen die Höhe der Umsatzsteuer für 1977 und für 1978.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Auf den Hinweis der Geschäftsstelle des V. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH), daß Beschwerde und Antrag auf Prozeßkostenhilfe zur Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine Einlegung der Beschwerde um einen Tag verspätet eingelegt worden seien, erwiderte der Antragsteller, er habe sein Beschwerdeschreiben am 22. Januar 1986 bei der Post aufgegeben. Es hätte rechtzeitig am 23. Januar 1986 bei dem FG eingehen müssen. Er könne das Beschwerdeverfahren mit Hilfe eines Rechtsanwalts aber nur durchführen, wenn ihm Prozeßkostenhilfe bewilligt werde.

 

Entscheidungsgründe

Der erkennende Senat geht davon aus, daß der Antragsteller mit seinen Ausführungen Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluß des FG vom 27. Dezember 1984 einschließlich des Verfahrens auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen diesen Beschluß begehrt.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 142 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe u. a. unter der Voraussetzung, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen besteht.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des FG vom 27. Dezember 1984 über die Berichtigung der Steuerfestsetzung in dem Urteil des FG vom 14. Dezember 1984 verspricht jedoch, unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller erfolgreich Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Beschwerdefrist erlangen kann, keine Aussicht auf Erfolg.

Die Beschwerde ist bei summarischer Prüfung unzulässig, soweit sie sich gegen die Urteilsberichtigung nach § 107 Abs. 1 FGO richtet. Es ist nicht erkennbar, daß der Antragsteller geltend macht oder geltend machen könnte, durch diesen Beschluß beschwert zu sein. Eine Beschwer durch einen Beschluß über die Urteilsberichtigung ist vorhanden, wenn der Beschwerdeführer schlüssig darlegt oder darlegen könnte, daß die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 107 FGO dem Grunde nach nicht vorgelegen haben oder daß die Berichtigung selbst fehlerhaft durchgeführt worden ist. Derartige Einwendungen erhebt der Antragsteller ersichtlich nicht. Vielmehr beanstandet er die ,,bisher strittige Umsatzsteuer für die Jahre 1977 und 1978". Der Antragsteller kann die erwähnten Einwendungen auch nicht schlüssig geltend machen. Ein finanzgerichtliches Urteil darf nach § 107 Abs. 1 FGO berichtigt werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - das FG eine nach den Steuerakten klar erkennbare Besteuerungsgrundlage übersehen hat (vgl. BFH-Beschluß vom 6. Juli 1972 VIII B 11/68, BFHE 107, 4, BStBl II 1972, 954). Die Berichtigung hat das FG auch zutreffend durchgeführt.

Sachliche Unrichtigkeiten des finanzgerichtlichen Urteils, die nicht auf Schreibfehlern, Rechenfehlern oder ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten beruhen (§ 107 Abs. 1 FGO), kann der Antragsteller nicht durch Beschwerde, sondern nur durch Revision gegen das Urteil geltend machen.

Die Beschwerde verspricht aber auch insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, als sie sich gegen die Ablehnung des FG in dem Beschluß vom 27. Dezember 1984 richtet, den Tatbestand des Urteils nach § 108 FGO zu berichtigen. Für eine Berichtigung des Tatbestands hat der Antragsteller kein Rechtsschutzbedürfnis, weil er gegen das finanzgerichtliche Urteil vom 14. Dezember 1984 kein Rechtsmittel eingelegt hat und dieses Urteil - zugestellt am 25. März 1985 - unanfechtbar geworden ist. Selbst eine nachträgliche Berichtigung der ursprünglichen Urteilsfassung hätte auf den Lauf der Rechtsmittelfrist grundsätzlich keinen Einfluß (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76, BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291).

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 621

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