Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an NZB in Schätzungssachen

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Erfüllung der in §115 Abs. 3 Satz 3 FGO normierten Darlegungspflicht.

2. Zum Begriff des Verfahrensmangels i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO und zum Erfordernis seiner Bezeichnung gemäß §115 Abs. 3 Satz 3 FGO, speziell in Schätzungssachen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 162, 193ff, 393, 397; FGO §§ 96, 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die vom Senat in entsprechender Anwendung des §73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Rechtsmittel können keinen Erfolg haben, teils weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO), teils weil sie nicht gegeben sind.

1. Von vornherein unbeachtlich in diesem Verfahren ist das Beschwerdevorbringen, soweit es sich in Einwänden gegen die Richtigkeit der angefochtenen Urteile erschöpft (s. z. B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Juli 1997 XI B 13/97, BFH/NV 1998, 54, und vom 28. August 1997 X B 50/97, BFH/NV 1998, 199; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §115 Rz. 58, 62, m. w. N.).

2. Auch unsubstantiierte, pauschale Ausführungen, Generalverweisungen auf früheres Vorbringen oder auf bestimmte Kommentierungen genügen den besonderen Anforderungen nicht, die nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegungspflicht zu stellen sind (s. Senatsbeschluß vom 29. August 1997 X B 38, 39/97, BFH/NV 1998, 199; Gräber, a. a. O., Rz. 55 ff., m. w. N.).

3. Unabhängig von diesen generellen Mängeln der Beschwerdebegründung ist ihr im einzelnen folgendes entgegenzuhalten:

a) Das Vorbringen der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) läßt, was die Divergenzrüge angeht, keinen konkreten, das angefochtene Urteil tragenden Rechtssatz erkennen, der von dem tragenden Rechtssatz des BFH-Urteils vom 4. November 1987 II R 102/85 (BFHE 151, 324, BStBl II 1988, 113) i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO abweicht. Die allgemeinen Ausführungen hierzu genügen den Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO (dazu BFH-Beschlüsse vom 16. September 1996 VIII B 135--136/95, BFH/NV 1997, 298; vom 21. August 1997 VIII B 66/97, BFH/NV 1998, 195, und in BFH/NV 1998, 199; Gräber, a. a. O., §115 Rz. 63, jeweils m. w. N.) nicht, zumal das Zitat in der Beschwerdebegründung in einem wesentlichen, die Einleitung eines Strafverfahrens betreffenden Punkt unvollständig ist und sich das Finanzgericht (FG) auf dieselbe höchstrichterliche Entscheidung berufen hat.

b) Eine in diesem Verfahren klärungsfähige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läßt die Beschwerdeschrift nicht erkennen; sie ist auch nicht gegeben. Das gilt vor allem auch zum Problem der Abgrenzung Strafverfahren/Besteuerungsverfahren: Das FG hat -- nach Aktenlage zu Recht -- festgestellt und in der Urteilsbegründung näher ausgeführt, daß das Strafverfahren im Streitfall erst am 24. Januar 1994 und damit lange nach Abschluß der Außenprüfung eingeleitet wurde. Daß die bloße Anregung, beim Kläger eine Außenprüfung durchzuführen, diesem gegenüber nicht allein deshalb als Einleitung eines Strafverfahrens i. S. des §397 der Abgabenordnung (AO 1977) anzusehen ist, bedarf keiner höchstrichterlichen Klärung. In der Beschwerdeschrift ist nichts Konkretes vorgetragen, was auf ein in diesem Verfahren entscheidungserhebliches Abgrenzungsproblem zur grundsätzlich vom Steuerstrafverfahren unabhängigen Besteuerung (vgl. §393 Abs. 1 AO 1977) hindeutet.

c) Wegen eines Verfahrensmangels i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO kommt Revisionszulassung ebenfalls nicht in Betracht:--

Mit Einwänden gegen die Beweiswürdigung können die Kläger in diesem Zusammenhang nicht gehört werden (vgl. Gräber, a. a. O., Rz. 28 f.).--

Daraus, daß das FG einen eigenen Prüfer in die Sachaufklärung einschaltete, können die Kläger schon deshalb nichts herleiten, weil ihr Prozeßvertreter im Termin vom ... Mai 1995 mit einem solchen Verfahren sein Einverständnis erklärt hat und dies insoweit als Rügeverzicht (§155 FGO i. V. m. §295 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --) zu werten ist (s. dazu auch Gräber, a. a. O., Rz. 37 f. und §155 Rz. 3, m. w. N.).--

Dafür, daß die Kläger im Klageverfahren nicht ausreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht gehabt hätten, ist nichts ersichtlich -- im Gegenteil: Obwohl sie von der Berichterstatterin am ... August 1996 auf die "in Kürze" bevorstehende Entscheidung und noch einmal ausdrücklich auf die Möglichkeit der Akteneinsicht hingewiesen worden waren, haben sie von diesem Recht fast drei Monate hindurch keinen Gebrauch gemacht.--

Auf ein Verwertungsverbot können sich die Kläger schon allein deshalb nicht berufen, weil die den streitigen Änderungen zugrundeliegende Prüfungsanordnung bestandskräftig geworden ist (s. dazu näher Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Rz. 14 Vor §193 AO 1977, §196 AO 1977 Rz. 9; Klein, Abgabenordnung, 6. Aufl., 1998, §193 Rz. 7 und §196 Rz. 6, jeweils m. w. N.). Nichts anderes ergibt sich aus dem nicht entscheidungserheblichen (s. unter b) Umstand, daß die Kläger, ihrem Vorbringen zufolge, erst nachträglich davon erfahren haben, daß die Anregung zur Durchführung einer Außenprüfung vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung stammte.--

Die in der Beschwerdeschrift gerügten Unterlassungen des FG begründen ebenfalls keinen Verfahrensfehler: die unterlassene Zeugenvernehmung nicht, weil es auf die im Beweisantrag genannten Tatsachen nicht ankam; der Verzicht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht, weil sich das Gericht in der Lage sah, aufgrund eigener Sachkunde zu entscheiden. Letzteres entspricht auch der Gesetzeslage, die insoweit gemäß §96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. §162 AO 1977 durch eine eigene Schätzungsbefugnis des Gerichts gekennzeichnet ist. -- Die in diesem Zusammenhang durch den Prüfer des Gerichts getroffenen Feststellungen sind zudem beiden Seiten rechtzeitig zugänglich sowie ausführlich und in nachvollziehbarer Weise zum Gegenstand der Urteilsbegründung gemacht worden, so daß insoweit ein Verfahrensverstoß auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht in Betracht kommt.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 875

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