Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu einer NZB im Falle eines nicht ordnungsgemäß durchgeführten Mietvertrags zwischen Angehörigen

 

Leitsatz (NV)

1. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mietvertrag zwischen Angehörigen ein Scheingeschäft ist und keine steuerbare Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 vorliegt, ist weitgehend eine Tatfrage, die einer Klärung durch das Revisionsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zugänglich ist.

2. Kommt das FG in Befolgung der Rechtsgrundsätze eines BFH-Urteils zu einem nach Ansicht des Beschwerdeführers falschen Subsumtionsergebnis, liegt keine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vor.

3. Zur Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs in einem solchen Fall.

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3, § 119 Nr. 3; AO 1977 §§ 41-42; UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) kaufte im Jahre 1985 einen LKW und nach dessen Verkauf im Streitjahr 1988 einen Sattelschleppzug. Sie schloß mit ihrem Schwiegervater, der einen Fuhrbetrieb und Baustoffgroßhandel unterhielt, nach dem Erwerb der Fahrzeuge je einen Mietvertrag. Nach beiden Verträgen sollte das Mietverhältnis vorerst einen Monat dauern; es sollte sich um einen weiteren Monat verlängern, falls es nicht spätestens eine Woche vor Ablauf der jeweiligen Mietszeit gekündigt werde. Für das im Jahre 1985 angeschaffte Fahrzeug war ein monatlicher Mietzins von ... DM und für den im Jahre 1988 angeschafften Sattelschleppzug ein monatlicher Mietzins von ... DM jeweils zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart.

Nach den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungspapieren erhielt sie die Miete jeweils in den Monaten des Sommerhalbjahres, als der Ehemann der Klägerin als Arbeitnehmer seines Vaters auf den Fahrzeugen fuhr. In den Winterhalbjahren, in denen der Ehemann arbeitslos gemeldet war, erhielt die Klägerin keine Miete.

Die Klägerin hatte für das Streitjahr (1988) eine Umsatzsteuer von ./. ... DM erklärt.

Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) das Mietverhältnis wegen Mißbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht an und setzte die Umsatzsteuer auf 0 DM fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) sah in den Mietverträgen ein Scheingeschäft i.S. von § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und § 41 Abs. 2 Satz 1 AO 1977. Nach seinen Feststellungen war das Unternehmen des Schwiegervaters gar nicht in der Lage, die vereinbarten Mieten fortlaufend zu zahlen. Das FG konnte auch die von der Klägerin behaupteten Mietzahlungen an Hand der vorgelegten Unterlagen (Kontoauszüge in Verbindung mit den Abrechnungspapieren) nicht nachvollziehen. Es ging davon aus, daß die baren Erträge des Unternehmens des Schwiegervaters nach dem Bedarf seiner Familie und der seines Sohnes verteilt wurden, daß also Zahlungen an die Klägerin oder ihre Familie nicht den Charakter von Mietzahlungen hatten.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung (§ 155 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend. Nach der Auffassung der Klägerin ist die zutreffende Abgrenzung eines Scheingeschäfts von der mangelhaften Durchführung eines Rechtsgeschäfts zwischen Angehörigen von grundsätzlicher Bedeutung. Das Urteil des FG weiche auch von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Juni 1989 V R 37/84 (BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913) ab; danach sei bei Verträgen zwischen Angehörigen der Fremdvergleich lediglich für die Frage von Bedeutung, ob der Leistende bei Abschluß des Vertrages ernsthaft damit gerechnet habe, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten. Den Verfahrensmangel sieht die Klägerin in der Verletzung ihres Rechts auf Gehör. Sie sei durch die Urteilsbegründung des FG überrascht worden, daß ein Scheingeschäft vorliege. Nach dem Prozeßverlauf sei nicht erkennbar gewesen, daß das FG die Vertragsgestaltung als Scheingeschäft auslegen könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) geltend macht, genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt. Sie nennt keinen Rechtssatz, der entscheidungserheblich ist und einer höchstrichterlichen Klärung bedarf. Im Kern geht es der Klägerin um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mietvertrag zwischen Angehörigen ein Scheingeschäft ist und keine steuerbare Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 ist. Dies ist aber - wie das FG zutreffend dargelegt hat - weitgehend eine Tatfrage, die einer Klärung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich ist. Daß das FG bei der Anwendung der von ihm herangezogenen Vorschriften (§ 117 Abs. 1 BGB, § 41 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 und § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980) von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen sein könnte, ist in der Beschwerdeschrift nicht ausreichend dargelegt.

2. Die Rüge der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist unbegründet. Die Klägerin entnimmt dem Urteil in BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913 den Rechtssatz, daß bei Verträgen zwischen Angehörigen der Fremdvergleich lediglich für die Frage von Bedeutung sei, ob der Leistende bei Abschluß des Vertrages ernsthaft damit gerechnet habe, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten. Gerade dies hat das FG im Streitfall verneint. Das FG ist deshalb nicht von dem zitierten BFH-Urteil abgewichen, sondern ihm gefolgt. Daß das FG in der Befolgung dieser Grundsätze nach Ansicht der Klägerin im Streitfall zu einem falschen Subsumtionsergebnis gelangt ist, begründet keine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

3. Schließlich ist auch die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) unbegründet.

Zwar verletzt eine Entscheidung, die maßgeblich auf einen bis zuletzt nicht angesprochenen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt wird, das Recht auf Gehör (BFH-Urteil vom 19. September 1990 X R 79/88, BFHE 162, 199, BStBl II 1991, 100). Wie sich aber aus der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 30. September 1991 ergibt, kam es dem Berichterstatter beim FG wesentlich auf die Frage an, ob die Mietverträge auch tatsächlich durchgeführt waren. Die Klägerin hatte deshalb ausreichend Gelegenheit, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dazu Stellung zu nehmen, ob trotz der mangelhaften Durchführung der Mietverträge ein Leistungsaustausch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 vorliege. Eine umfassende Erörterung aller rechtlichen Gesichtspunkte und Rechtsnormen war nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 22. Mai 1984 VIII R 60/79, BFHE 141, 211, BStBl II 1984, 697, und Beschluß vom 29. April 1992 XI S 19/91, BFH/NV 1992, 641).

4. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419271

BFH/NV 1994, 280

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