Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der PKH wegen Nichtvorlage der Erklärung gem. § 117 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (NV)

Prozeßkostenhilfe (PKH) für eine ohne Beachtung des Vertretungszwangs eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde kann nur gewährt werden, wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Beschwerdefrist nicht nur das PKH-Gesuch gestellt, sondern auch die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Das FG hat die Klagen der Antragsteller gegen das FA wegen Abrechnung abgewiesen. Die Urteile sind den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) ausweislich der Akten des FG am 18. Februar 1988 zugestellt worden. Mit am 18. März 1988 beim FG eingegangenen Schreiben haben die Antragsteller wegen der Nichtzulassung der Revisionen gegen die vorbezeichneten Urteile Beschwerden eingelegt, ohne dabei nach Maßgabe des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertreten zu sein. Sie beantragen in den Beschwerdeschriften zugleich, ihnen Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren, damit sie einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen könnten.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hält es für zweckmäßig, die Anträge auf PKH für die Beschwerdeverfahren zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Anträge können keinen Erfolg haben.

Nach § 142 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung der Antragsteller hat schon deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die von ihnen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden mangels Postulationsfähigkeit als unzulässig zu verwerfen sind. Denn die Antragsteller haben sich bei der Einlegung der Beschwerden nicht entsprechend der Rechtsmittelbelehrungen, die den angefochtenen Urteilen beigefügt waren, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG).

Zwar stellt es eine die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) rechtfertigende unverschuldete Verhinderung, die Beschwerdefrist einzuhalten, dar, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel durch einen befugten Vertreter vor dem Bundesfinanzhof (BFH) fristgerecht einzulegen. Nach der gefestigten Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist in diesem Falle aber voraus, daß der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist alles Zumutbare tut, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Das bedeutet, daß er bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen muß. Dazu gehört, daß der Antragsteller innerhalb dieser Frist das Gesuch um PKH und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der vorgeschriebenen Form (§ 117 Abs. 2 bis 4 ZPO) vorlegt, sofern er nicht auch hieran ohne sein Verschulden gehindert ist (vgl. zum Armenrecht nach der früheren Rechtslage: Beschluß des Senats vom 22. November 1977 VII S 5-6, 9/77, BFHE 123, 436, BStBl II 1978, 72, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH -; zur PKH: BFH-Beschlüsse vom 1. September 1982 I S 4/82, BFHE 136, 354, BStBl II 1982, 737, und vom 27. Juni 1983 II S 2/83, BFHE 138, 526, BStBl II 1983, 644; Beschluß des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. April 1982 7 BH 10/82, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 30; BGH-Beschluß vom 9. Juli 1981 VII ZR 127/81, Versicherungsrecht - VersR - 1981, 884). Nur wenn zugleich mit dem Antrag auf PKH durch eine postulationsfähige Person die Beschwerde (oder Revision) fristgerecht eingelegt (und begründet) ist, ist es für die Bewilligung der PKH nicht hinderlich, daß die Erklärung gemäß § 117 Abs. 2 ZPO nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nachgereicht wird (BFH-Beschlüsse vom 29. April 1982 IV S 4/77, BFHE 133, 253, BStBl II 1981, 580, und in BFHE 138, 526, BStBl II 1983, 644).

Die Antragsteller haben innerhalb der Beschwerdefrist lediglich PKH beantragt. Da ihrem Gesuch um PKH keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt war, kommt nach den vorstehend ausgeführten Rechtsgrundsätzen ihre Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist nicht in Betracht. Den Antragstellern kann deshalb keine PKH für ihre Nichtzulassungsbeschwerden gewährt werden (vgl. auch Beschlüsse des Senats vom 30. Juli 1985 VII S 4-5/85, BFH/NV 1985, 47, und vom 7. April 1987 VII S 35/86, BFH/NV 1987, 736).

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 318

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