Entscheidungsstichwort (Thema)

"Genehmigung" einer Beschwerde durch einen Steuerberater

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Beschwerde ist unzulässig, wenn sie von einer Steuerberatungs-GmbH als Prozeßbevollmächtigter des Beschwerdeführers eingelegt wird.

2. Wird innerhalb der Beschwerdefrist eine Vollmacht auf einen Steuerberater als Prozeßbevollmächtigten eingereicht, so wirkt dies nur dann fristwahrend, wenn der Steuerberater fristgerecht erklärt, die Einlegung der Beschwerde und ihre Begründung mitzutragen.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben vor dem Finanzgericht (FG) Klage gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) wegen Einkommensteuer 1983 bis 1987 erhoben und die Klage mit der Verfassungswidrigkeit des § 2 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) begründet. Dabei haben sie auf die vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Aktenzeichen 2 BvR 374/91 anhängige Verfassungsbeschwerde hingewiesen. Im Einvernehmen mit den Beteiligten hat das FG durch Beschluß vom 9. Juli 1991 das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 374/91 angeordnet. Der Beschluß wurde bestandskräftig.

Am 11. bzw. 24. März 1992 und am 2. März 1993 erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide 1983 bis 1987, die die Kläger gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in das Klageverfahren überleiteten. Am 16. Februar 1994 teilte der Berichterstatter den Beteiligten mit, daß das FG die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Rücksicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Mai 1993 IV R 69/92 (BFH/NV 1994, 100) beabsichtige. Die Kläger widersprachen der Wiederaufnahme. Das FA stimmte ihr zu. Das FG erließ am 14. März 1994 einen entsprechenden Wiederaufnahmebeschluß, den es den Beteiligten formlos und ohne Rechtsmittelbelehrung bekanntgab.

Gegen den Beschluß legten die Kläger, vertreten durch die A & B Steuerberatungs- GmbH am 28. März 1994 "vorsorglich" Beschwerde ein. Am 1. Juli 1994 ließen sie eine auf den Steuerberater A ausgestellte Vollmacht einreichen.

Sie beantragen sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie war deshalb zu verwerfen.

1. Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFH EntlG -- i. d. F. vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2235) muß sich jeder Beteiligte vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung einer Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFH EntlG). Danach sind Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen (BFH- Beschlüsse vom 12. November 1976 III R 14--15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121; vom 23. November 1978 V B 21/77, BFHE 126, 270, BStBl II 1979, 99; vom 2. August 1979 V R 58/76, BFHE 128, 342, BStBl II 1979, 699; vom 25. Juni 1985 VIII R 82/84, BFH/NV 1986, 38).

2. Im Streitfall wurde die Beschwerde von der A & B Steuerberatungs-GmbH eingelegt. Dies ergibt sich daraus, daß die Beschwerde auf dem Briefbogen der A & B Steuerberatungs-GmbH verfaßt wurde. Der Text der Beschwerdeeinlegung ist in der "Wir-Form" abgefaßt. Die A & B Steuerberatungs-GmbH war der Prozeßbevollmächtigte der Kläger vor dem FG. Bei dieser Sachlage ist kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, daß die Kläger sich bei der Beschwerdeeinlegung von einem Steuerberater vertreten ließen.

3. Zwar ließen die Kläger am 1. Juli 1994 eine Vollmacht auf den Steuerberater A einreichen. Auch war zu diesem Zeitpunkt die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen, weil der Beschluß des FG mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und den Beteiligten auch nicht zugestellt wurde. Die Einreichung der Vollmacht kann dennoch nicht als Genehmigung der eingelegten Beschwerde durch den Steuerberater A verstanden werden, weil es an jeder diesbezüglichen Erklärung des Steuerberaters fehlt. Das Begleitschreiben, mit dem die Vollmacht eingereicht wurde, trägt wiederum den Briefkopf der A & B Steuerberatungs-GmbH. Es ist nicht von dem Steuerberater A unterzeichnet.

4. Bei dieser Sachlage ist die Beschwerde unwirksam eingelegt. Sie war als unzulässig zu verwerfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420312

BFH/NV 1995, 633

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