Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Einlegung eines Rechtsmittels durch Steuerberatungs-GmbH

 

Leitsatz (NV)

Dem Vertretungszwang des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG ist nicht genügt, wenn das Rechtsmittel den äußeren Umständen nach von einer Steuerberatungsgesellschaft eingelegt worden und nicht davon auszugehen ist, daß der die Rechtsmittelschrift unterzeichnende Steuerberater persönlich für den Beteiligten gehandelt hat.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Einkommensteuer 1988 nur zum Teil stattgegeben; ihre Klage wegen Einkommensteuer 1989 hat es abgewiesen. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die angefochtenen Urteile des FG wurden der Prozeßbevollmächtigten der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren, einer Steuerberatungsgesellschaft, am 26. Juli 1996 bzw. am 29. Juli 1996 zugestellt.

Mit Schriftsätzen vom 20. August 1996, die am selben Tag beim FG eingegangen sind, haben die Kläger "in Sachen Dr. W und M. Z." gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerden eingelegt. In den Vollmachtsurkunden des Klägers zu 1 vom 23. September 1996 bevollmächtigt dieser "die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Steuerberatungsgesellschaft A. & Partner GmbH ... , vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn A." seine Interessen in den Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wahrzunehmen.

Das FG hat beschlossen, den Beschwerden nicht abzuhelfen.

Mit Schriftsätzen vom 14. Oktober 1996 hat der Steuerberater A. erneut in Sachen "Dr. W und M. Z. (Erben)" beantragt, die Revision zuzulassen. Wegen der Begründung hat er auf die Beschwerdeschrift vom 20. August 1996 Bezug genommen und erklärt, er mache sich deren Ausführungen in vollem Umfang zu eigen. Den Schriftsätzen vom 14. Oktober 1996 sind Vollmachten beigefügt, in denen der Steuerberater A. von den Klägern bevollmächtigt wird, sie in den Beschwerdeverfahren VIII B 83/96 und VIII B 84/96 vor dem BFH zu vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden sind unzulässig.

Vor dem BFH muß sich -- wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Urteile hervorgeht -- jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --). Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften sind nicht zur Vertretung vor dem BFH befugt (BFH- Beschluß vom 9. November 1988 II R 20/86, BFHE 155, 23, BStBl II 1989, 109, m. w. N.). Fehlt es an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genannten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung unwirksam.

Die mit Schriftsätzen vom 20. August 1996 eingelegten Beschwerden sind als Erklärungen der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft A. & Partner GmbH (GmbH) anzusehen. Das ergibt sich aus der Verwendung eines Briefbogens der GmbH und der durchgängigen Verwendung der "Wir-Form" im Text der Beschwerdeschrift. Die GmbH war die Prozeßbevollmächtigte der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren; auf sie lautete auch die Prozeßvollmacht vom 23. September 1996. Daß die Schriftsätze von dem Steuerberater A. unterschrieben worden sind, steht dem nicht entgegen. Herr A. ist Geschäftsführer der GmbH. Wenn er ein Schreiben unterzeichnet, das den Briefkopf der GmbH trägt, ist davon auszugehen, daß er seine Erklärung als Vertreter der GmbH abgegeben hat (BFH-Beschlüsse vom 2. März 1994 I B 233/93, BFH/NV 1994, 652; vom 1. Dezember 1994 VII R 61/94, BFH/NV 1995, 426). Hinweise darauf, daß er im eigenen Namen für die Kläger tägig werden wollte, fehlen.

Ob die von Steuerberater A. persönlich unterzeichneten Schriftsätze vom 14. Oktober 1996 als Genehmigung oder als Wiederholung der unzulässig eingelegten Rechtsmittel angesehen werden können, kann dahinstehen. Eine Genehmigung wäre ebenso wie eine wiederholte Einlegung des Rechtsmittels wirkungslos, da die Schriftsätze vom 14. Oktober 1996 erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (§ 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) eingegangen sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 1993 I B 97/92, BFH/NV 1994, 649, und in BFH/NV 1995, 426; vgl. auch vom 6. Oktober 1993 II B 112/93, BFH/NV 1994, 651).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421867

BFH/NV 1997, 372

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