Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde: Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und Divergenz; widerstreitende Steuerfestsetzung

 

Leitsatz (NV)

1. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde lediglich die Rechtsfrage aufgeworfen, ob als "bestimmter Sachverhalt" i. S. des § 174 AO 1977 im allgemeinen "jeder bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einheitlich zu beurteilende Vorgang einschließlich aller steuerlich relevanter Umstände und Gestaltungen" zu verstehen sei und auch bei der Entnahme eines Grundstücks in engem wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe vorliege, so ist damit mangels Auseinandersetzung mit der vorliegenden BFH-Rechtsprechung und dem Schrifttum grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.

2. Es liegt keine unter § 174 AO 1977 fallende sog. Periodenkollision vor, wenn ein betrieblicher Grundstücksanteil entweder aufgrund einer dem FA zunächst unbekannt gebliebenen Vereinbarung der Beteiligten entnommen wurde oder der im Zuge der späteren Betriebsaufgabe anzunehmenden "Totalentnahme" zuzuordnen war.

 

Normenkette

AO 1977 § 174 Abs. 4-5; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 16 Abs. 3; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die möglicherweise unzulässige Beschwerde ist jedenfalls unbegründet (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH --) vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344).

Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) ist nicht gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO "dargelegt". Denn hierfür muß der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) nach ständiger Rechtsprechung konkret darauf eingehen, inwieweit die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen umstritten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171, und vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676).

Diesen Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit genügt die vorliegende Beschwerde nicht, da sie lediglich die Rechtsfragen aufwirft, ob als "bestimmter Sachverhalt" i. S. des § 174 der Abgabenordnung (AO 1977) im allgemeinen "jeder bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einheitlich zu beurteilende Vorgang einschließlich aller steuerlich relevanten Umstände und Gestaltungen" zu verstehen sei und -- bezogen auf den Streitfall -- auch bei der Entnahme eines Grundstücks in engem wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe vorliege, ohne sich mit der zu dem genannten Tatbestandsmerkmal der widerstreitenden Steuerfestsetzung schon vorhandenen BFH- Rechtsprechung und dem Schrifttum auseinanderzusetzen. Dasselbe gilt für die Rüge der Verletzung des Gleichheitssatzes durch das Finanzgericht -- FG -- (vgl. BFH- Beschluß vom 27. März 1992 II B 547/90, BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842, Ziff. 2 c der Gründe). Soweit die Nichtbeachtung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO 1977) durch das FG bemängelt wird, handelt es sich unstreitig um eine Vorschrift des Verwaltungsverfahrens.

Die angeblich rechtsfehlerhafte Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsgrundsätze im konkreten Fall reicht für die Darlegung grundsätzlicher Bedeutung ebensowenig aus (vgl. BFH-Beschluß vom 13. Mai 1992 II B 131/91, BFH/NV 1992, 762 m. w. N.) wie der Hinweis auf das angeblich abweichende Urteil des FG Hamburg vom 11. Februar 1993 VII 17/91 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1993, 629), zumal dort lediglich über den Zeitpunkt der gewinnerhöhenden Auflösung des Minderwerts eines Kommanditanteils entschieden wurde.

Ferner ist die Klärungsfähigkeit der als grundsätzlich angesehenen Rechtsfragen lediglich behauptet, aber nicht, wie erforderlich (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1992 I B 81/92, BFH/NV 1993, 315), dargelegt, obwohl daran in verschiedener Hinsicht gezweifelt werden könnte. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die vertragliche Vereinbarung vom 21. Dezember 1985, aus der die Beteiligten die Entnahme im Streitjahr ableiten, hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung den einkommensteuerrechtlichen Anforderungen an Vereinbarungen unter nahen Angehörigen genügt.

Die Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist in bezug auf den BFH-Beschluß vom 6. Dezember 1979 IV B 56/79 (BFHE 130, 1, BStBl II 1980, 314) schon deshalb nicht schlüssig, weil es an der erforderlichen Gegenüberstellung voneinander abweichender Rechtssätze fehlt (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Juni 1993 IX B 5/93, BFH/NV 1994, 381). Zudem betrifft diese BFH-Entscheidung einen wesentlich anderen Sachverhalt als im vorliegenden Fall.

Hinsichtlich des BFH-Urteils vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93 (BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385) ist eine Abweichung des FG möglicherweise noch hinreichend behauptet, aber nicht gegeben. Denn der BFH hat dort entgegen der Beschwerdebegründung lediglich über einen Fall der sogenannten "Periodenkollision" entschieden, in dem vom Finanzamt ein ihm unstreitig bekannter Grundstücksverkauf aus dem Jahre 1976 rechtsirrig dem für 1975 angenommenen Betriebsaufgabegewinn zugerechnet war. Hier dagegen geht es nach dem FG-Urteil um die Frage, ob die Entnahme eines Grundstücksanteils entweder -- so die jetzige Auffassung der Prozeßbeteiligten -- auf einer dem FA zunächst unbekannt gebliebenen vertraglichen Vereinbarung der Beteiligten vom 21. Dezember 1985 oder -- so die anfängliche Auffassung des FA -- der im Zuge der späteren Betriebsaufgabe anzunehmenden "Totalentnahme" (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 1983 VIII R 90/81, BFHE 140, 526, BStBl II 1984, 474, Ziff. 3 a der Gründe) zuzuordnen war. Auf weitere Unterschiede der Fälle sei nur hingewiesen.

Die vom FA behauptete Abweichung der Vorinstanz von einem anderen FG-Urteil ist keine Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (BFH-Beschluß vom 6. Februar 1991 II B 137/90, BFH/NV 1992, 175).

Im übrigen ergeht die Entscheidung des Senats gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420734

BFH/NV 1996, 8

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