Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Statthaftigkeit einer Streitwertrevision

 

Leitsatz (NV)

Die Anwendung des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG auf eine am 20. Juni 1990 eingelegte Revision entscheidet sich danach, ob das der Revision zugrunde liegende Urteil des FG vor dem 15. September 1975 verkündet oder anstelle einer Verkündung zugestellt wurde. Darauf, daß der angefochtene Steuerbescheid vom 3. September 1975 datiert, kommt es nicht an.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5, Art. 2 Nr. 3, Art. 4

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im 2. Rechtszug. Ursprünglich hatte das Finanzgericht (FG) die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) wegen Körperschaftsteuer 1968 bis 1972 durch Urteil vom 10. Dezember 1981 zugesprochen. Auf die Revision des FA hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 7. Dezember 1988 das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Durch Urteil vom 9. Mai 1990 wies das FG die Klage im 2. Rechtszug ab. Es ließ die Revision nicht zu. Das Urteil wurde der Klägerin am 21. Mai 1990 zugestellt. Sie legte am 20. Juni 1990 beim FG eine auf § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte (Streitwert-)Revision ein. Im einzelnen werden die unrichtige Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1968, Verstöße gegen Erfahrungssätze und die Lebenserfahrung sowie die Abweichung von BFH-Urteilen gerügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

1. Nach § 115 Abs. 1 FGO steht den Beteiligten gegen das Urteil eines FG die Revision an den BFH zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes 1000 DM übersteigt oder wenn das FG die Revision zugelassen hat. Die danach gegebene Möglichkeit, Revision einzulegen, ist jedoch durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2404; BStBl I 1990, 8) für die Zeit vom 15. September 1975 bis zum 31. Dezember 1991 eingeschränkt worden. Danach findet die Revision abweichend von § 115 Abs. 1 FGO nur noch dann statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat. Gemäß Art. 2 Nr. 3 BFHEntlG ist Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG auf alle Rechtsmittel gegen Entscheidungen der FG anzuwenden, die in der Zeit ab Inkrafttreten des BFHEntlG bis zum 31. Dezember 1991 verkündet oder von Amts wegen an Stelle einer Verkündung zugestellt werden. Da das BFHEntlG am 15. September 1975 in Kraft getreten ist (Art. 4 BFHEntlG), entscheidet sich die Anwendung des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG auf eine am 20. Juni 1990 eingelegte Revision danach, ob das der Revision zugrunde liegende Urteil des FG vor dem 15. September 1975 verkündet oder anstelle einer Verkündung zugestellt wurde.

Nach der Niederschrift des FG über die Sitzung vom 9. Mai 1990 wurde das von der Klägerin mit der Revision angefochtene Urteil an diesem Tage verkündet. Deshalb ist Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG auf den Streitfall anzuwenden. Danach ist die sog. Streitwertrevision unstatthaft. Darauf, daß die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide vom 3. September 1975 datieren, kommt es nicht an. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hat wegen der Nichtzulassung der Revision keine Beschwerde eingelegt (§ 115 Abs. 3 FGO), weshalb es auch an einer Zulassung der Revision durch den BFH fehlt. Damit sind die Voraussetzungen des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG nicht erfüllt.

2. Zwar bedarf es einer Zulassung zur Einlegung der Revision dann nicht, wenn einer oder mehrere der in § 116 Abs. 1 FGO einzeln genannten wesentlichen Mängel des Verfahrens gerügt werden. Jedoch erfüllt die von der Klägerin geführte Revision auch diese Voraussetzungen nicht. Sie ist auf keinen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. der Vorschrift gestützt.

3. Fehlt es aber an der Zulassung der Revision bzw. an der Darlegung der Voraussetzungen für die Einlegung einer zulassungsfreien Revision, so findet dieselbe nicht statt. Die dennoch eingelegte Revision ist unzulässig. Sie war zu verwerfen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1991, 618

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