Rz. 75

Auch die Veräußerung eines Teilbetriebs ist nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG begünstigt. Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, steht die Aufgabe des Teilbetriebs seiner Veräußerung gleich.[1]

 

Rz. 76

Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des Einkommensteuergesetzes aufweist und für sich lebensfähig ist. Eine völlig selbstständige Organisation mit eigener Buchführung ist nicht erforderlich.[2]

 

Rz. 77

Es ist eine gewisse Selbstständigkeit, nicht eine völlige Selbstständigkeit, erforderlich. Maßgebend hierfür ist das Gesamtbild der beim Veräußerer bestehenden Verhältnisse im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe. Es reicht daher nicht aus, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter beim Erwerber zusammengefasst das für einen Teilbetrieb maßgebende Merkmal einer gewissen Selbstständigkeit aufweisen. Umgekehrt ist es aber unerheblich, wenn der Erwerber die Wirtschaftsgüter, die beim Veräußerer zusammengefasst das Merkmal "gewisse Selbstständigkeit" und damit ein Teilbetrieb waren, nicht als selbstständige Einheit weiterführt, sondern in sein Unternehmen integriert.[3]

Indizien für eine gewisse Selbstständigkeit sind:[4]

  • Örtliche Trennung
  • Verwendung jeweils anderer Betriebsmittel, insbesondere eigenes Anlagevermögen
  • Eigene Räume
  • Einsatz verschiedenen Personals
  • Gesonderte Buchführung (nicht notwendig)
  • Selbstständige Preisgestaltung
  • Eigener Kundenkreis
  • Vergütung eines eigenen Geschäftswerts durch den Erwerber
  • Eigene Einkaufsbeziehungen.[5]

Diese Indizien haben unterschiedliches Gewicht, je nachdem ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt.[6]

 

Rz. 78

Es ist nicht erforderlich, dass der Veräußerer seine gewerblichen Tätigkeiten in vollem Umfang beendet. Es ist ausreichend, wenn er die gewerbliche Tätigkeit aufgibt, die sich auf die veräußerten wesentlichen Betriebsgrundlagen bezieht. Allerdings muss sich die Teilbetriebseigenschaft aus einer organisatorischen Geschlossenheit ergeben.[7]

 
Praxis-Beispiel

U veräußert eine Zweigniederlassung seines Unternehmens. Im weitergeführten Unternehmen übt er seine bisherige Tätigkeit, die derjenigen der Filiale gleich ist, weiter aus.

 

Rz. 79

Die Annahme einer Teilbetriebsveräußerung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Unternehmen im Übrigen anderorts weiterhin eine gleichartige gewerbliche Tätigkeit ausübt. Erforderlich für die Annahme einer Teilbetriebsveräußerung ist aber, dass das Unternehmen mit der Veräußerung des entsprechenden Betriebsteils einen eigenständigen Kundenkreis aufgibt.[8]

 

Rz. 80

Die mit wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs verbundene Tätigkeit wird nicht aufgegeben, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs noch betrieblich genutzt werden. Das ist der Fall, wenn im Zuge der Veräußerung eines Teilbetriebs wesentliche Grundlagen in einen anderen Betrieb verbracht und dort betrieblich genutzt werden. Eine Teilbetriebsaufgabe setzt u. a. voraus, dass die nicht veräußerten wesentlichen Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen überführt werden.[9]

 

Rz. 81

Teilentgeltliche Übertragungen von Teilbetrieben werden wie teilentgeltliche Betriebsübertragungen behandelt (vgl. Rz. 37 ff.).

[3] Schmidt/Wacker, EStG, § 16 EStG Rz. 148 f.
[4] Schmidt/Wacker, EStG, § 16 EStG Rz. 148.
[5] Geissler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 143, Stand: 8/2019.
[7] BFH, Urteil v. 9.8.1989, X R 62/87, BStBl 1989 II S. 973; Geissler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 143, Stand: 8/2019.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge