Leitsatz

Der Wegfall der Betriebsaufspaltung stellt einen bestimmten Sachverhalt im Sinne der widerstreitenden Steuerfestsetzung dar.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Eigentümer eines Grundstücks, das er an eine GmbH vermietete. Diese GmbH errichtete auf dem Grundstück ein Bürogebäude, welches sie vermietete. Der Kläger war zunächst mit 64,99 % an der GmbH beteiligt. Die Beteiligten gingen deshalb von einer Betriebsaufspaltung aus. In 2002 übertrug der Kläger 15 % der Anteile an der GmbH unentgeltlich auf seinen Sohn, behielt sich aber ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Auch erhielt er die Vollmacht, die Rechte des Sohnes in der Gesellschafterversammlung der GmbH wahrzunehmen. Im ersten Einkommensteuerbescheid 2002 zog das Finanzamt aus der Übertragung der Anteile keine Konsequenzen. In 2004 veräußerte den Kläger das Grundstück an die GmbH. In seiner Einkommensteuererklärung 2004 erklärte er einen Veräußerungsgewinn von rund TEUR 181 als gewerbliche Einkünfte. Das Finanzamt folgte dem. In 2008 wurde eine Außenprüfung bei der GmbH für die Jahre 2002 bis 2005 durchgeführt. Der Prüfer kam hierbei zu der Ansicht, dass durch die Übertragung der Anteile auf den Sohn in 2002 die Betriebsaufspaltung beendet worden sei und ein Aufgabegewinn von TEUR 834 zu versteuern sei. Dem folgend erließ das Finanzamt für 2002 einen geänderten Einkommensteuerbescheid. Gleichzeitig erließ es einen geänderten Bescheid 2004, in dem der Veräußerungsgewinn nicht mehr erfasst wurde. Der Kläger legte gegen den geänderten Bescheid 2002 Einspruch ein. Er verwies auf die Nießbrauchsregelung, die dazu geführt habe, dass die Betriebsaufspaltung nicht entfallen sei. Das Finanzamt folgte dem schließlich, änderte nun aber die Festsetzung 2004 erneut unter Hinweis auf § 174 Abs. 4 AO. Gegen den Änderungsbescheid 2004 legte der Kläger Einspruch ein, da seiner Ansicht nach die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO nicht einschlägig seien. Nach einer abweisenden Einspruchsentscheidung wurde Klage erhoben.

 

Entscheidung

Die Klage hatte in der Sache keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln sei der angefochtene Änderungsbescheid rechtmäßig. Es sei unstreitig, dass die Betriebsaufspaltung erst mit der Veräußerung in 2004 weggefallen sei. Hierbei sei das Finanzamt auch berechtigt gewesen, den formell und materiell bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 2004 nach § 174 Abs. 4 AO zu ändern. Erforderlich sei hierfür, dass aus einem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs durch die Finanzbehörde zu Gunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geändert worden sei. Hier habe das Finanzamt hinsichtlich des Wegfalls der Betriebsaufspaltung in 2002 geirrt. Auch das Tatbestandsmerkmal des bestimmten Sachverhalts sei erfüllt. Dies sei gegeben, wenn ein einzelner Lebensvorgang gegeben sei, an den das Gesetz eine steuerliche Folge knüpft. Auch ein Sachverhaltskomplex könne dies sein. Im Urteilsfall sei dies die Betriebsaufspaltung gewesen bzw. deren Wegfall. Dies sei als ein Sachverhalt anzusehen.

 

Hinweis

Von den Änderungsbestimmungen der AO ist § 174 AO sicherlich die am schwierigsten zu handhabende. Hier einschlägig war § 174 Abs. 4 AO, der eine Korrekturmöglichkeit für Fälle vorsieht, in denen auf Antrag oder in einem Rechtsbehelfsverfahren aufgrund unrichtiger Beurteilung ein Sachverhalt zu Gunsten des Steuerpflichtigen aus einem Steuerbescheid herausgenommen worden ist, weil der Sachverhalt in einen anderen bestandskräftigen Steuerbescheid gehört. Ob der Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen liegt, ist dabei unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Fehler des Finanzamts vermeidbar war. Der bestandskräftige Bescheid kann dabei insoweit auch nachträglich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, ohne dass das Finanzamt zuvor auf die Verböserung hinweisen muss. Von zentraler Bedeutung für das Urteil war dabei hier, ob ein Sachverhalt gegeben war (vgl. ausführlich Frotscher, in Schwarz, AO, § 174 AO Rz. 131ff.). Dieser bestimmte Sachverhalt kann auch in einem Sachverhaltskomplex bestehen (BFH, Urteil v. 29.6.2005, X R 38/04, BFH/NV 2005 S. 1751). Wenn man dieses erkennt, und mit dem BFH für zutreffend ansieht, ist es folgerichtig, dass der Wegfall der Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung als ein bestimmter Sachverhalt im Sinne der Norm angesehen wird. Die Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheides war deshalb insofern zulässig.

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat das Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 28.04.2014, 10 K 1811/12

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