Entscheidungsstichwort (Thema)

"Bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Fortfall der sachlichen und personellen Verflechtung ist nicht als zwei unterschiedliche Sachverhalte im Sinne des § 174 Abs. 4 AO anzusehen.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.01.2017; Aktenzeichen X R 45/14)

BFH (Urteil vom 25.01.2017; Aktenzeichen X R 45/14)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid für 2004 nach § 174 Abs. 4 AO geändert werden durfte und in welchem Jahr eine Betriebsaufspaltung beendet wurde.

Der Kläger war Eigentümer des Grundstücks „A-Straße …”. Dieses vermietete er seit 1995 an die F Vermögensverwaltung GmbH (im Folgenden: GmbH). Die GmbH errichtete mit Zustimmung des Klägers auf dem Grundstück auf eigene Rechnung ein Bürogebäude. Die Büros vermietete sie. Ende 2001 erwarb der Kläger das angrenzende unbebaute Grundstück B-Straße … und verpachtete dieses Grundstück ebenfalls an die GmbH. Gesellschaftszweck der GmbH ist die Vermögensverwaltung einschließlich des Erwerbs von Immobilien, Finanzanlagen und Beteiligungen sowie deren langfristige Verwaltung, vorrangig innerhalb der Unternehmensgruppe F1 + F2.

Der Kläger war zunächst zu 64,99% an der GmbH beteiligt. Die Beteiligten gingen aufgrund personeller und sachlicher Verflechtung von einer Betriebsaufspaltung aus, sodass der Kläger aus der Vermietung der Grundstücke gewerbliche Einkünfte bezog (vergleiche die Anlage des Klägers zur Einkommensteuererklärung 2004). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Mit Notarvertrag vom 18. Dezember 2002 (Ur-Nr. 1 des Notars C) übertrug der Kläger mit Wirkung ab 31.12.2002 15% der Anteile an der GmbH unentgeltlich auf seinen Sohn. Nach § 5 des Übertragungsvertrages behält sich der Kläger auf seine Lebenszeit ab dem in § 2 Nr. 1 genannten Stichtag (31. Dezember 2002) an dem übertragenen Geschäftsanteil den Nießbrauch vor. Der Erwerber verpflichtete sich, sein Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und sein Stimmrecht dem Veräußerer für die Dauer des Nießbrauchsrechts zu überlassen und bevollmächtigte diesen unwiderruflich, hiermit alle mit dem Geschäftsanteil verbundenen Ladungen zu Gesellschafterversammlungen entgegenzunehmen sowie Stimmrechte in Gesellschafterversammlungen auszuüben. Das Stimmrecht unterlag keinerlei Beschränkungen oder Weisungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Übertragungsvertrag Bezug genommen.

Der erstmalige Einkommensteuerbescheid für 2002, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, zog ebenso wie der Kläger in seiner Erklärung aus der Übertragung der Anteile keine steuerlichen Konsequenzen.

Mit notariellem Vertrag vom 20. September 2004 veräußerte der Kläger die Grundstücke an die GmbH. Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr an dem verkauften Grundbesitz gingen mit dem Tag der Kaufpreiszahlung am 30. September 2004 auf die GmbH über.

Der Kläger gab die Einkommensteuererklärung für 2004 am 9. August 2005 ab. In der Anlage GSE erklärte er in der Zeile 14 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 180.741 EUR. Dieser betrifft nur den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der beiden Grundstücke. Einen Gewinn aus der Überführung der GmbH-Geschäftsanteile aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen erklärte der Kläger nicht. Vielmehr setzte er den Wert der Anteile mit dem Buchwert an.

Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung für 2004 mit Bescheid vom 15. November 2005, der nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, erklärungsgemäß durch.

Im Jahre 2008 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 2002-2005 durch. Dabei kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe und diese durch Übertragung der GmbH-Geschäftsanteile im Jahre 2002 beendet worden sei. Er ermittelte einen Betriebsaufgabegewinn i.H.v. 833.873 EUR, der sich aus der Entnahme der GmbH-Anteile und den stillen Reserven der Grundstücke zusammensetzte. Die Ermittlung des Gewinns erfolgte zwischen den Beteiligten einvernehmlich und wurde auch im Klageverfahren vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 2.6 des Betriebsprüfungsberichts vom 2. Juli 2008 Bezug genommen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 7. August 2008 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002, in dem er den Betriebsaufgabegewinn mit 833.873 EUR erfasste. Gleichzeitig erließ er einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2004, in dem er den bisher angesetzten Veräußerungsgewinn i.H.v. 180.741 EUR nicht mehr berücksichtigte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Außerdem erging ein geänderter Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2004. In diesem stellte der Beklagte keinen verbleibenden Verlustvortrag mehr fest.

Der Kläger legte gegen den Einkommensteueränderungsbescheid für 2002 Einspruch ein. Diesen begr...

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