Leitsatz

Erwirbt der Steuerpflichtige durch (fremdfinanzierten) Einmalbeitrag eine Leibrente unter Einschluss einer lebenslänglichen Hinterbliebenenrente zugunsten seines Sohnes, so sind die ihm erwachsenen Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten) nicht nach den Grundsätzen über die Nichtabziehbarkeit von Drittaufwand zu kürzen (Fortentwicklung der Rechtsprechung im Senatsurteil vom 16.9.2004, X R 29/02, BFH-PR 2005, 122, betreffend Überschusserzielungsabsicht).

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Ende des Streitjahrs 1991 schloss der Kläger u.a. mit der in Großbritannien ansässigen Versicherungsgesellschaft X einen Rentenversicherungsvertrag gegen Einmalbeitrag. Danach erhielt er eine sofort beginnende Leibrente. Nach seinem Tod wird an seinen Sohn eine lebenslängliche Hinterbliebenenrente gezahlt. Der Kläger finanzierte den Einmalbeitrag (nahezu ausschließlich) durch ein langfristiges Darlehen der B-Bank.

In seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr 1991 machte der Kläger die in diesem Jahr getätigten Aufwendungen für die Rentenversicherung (insbesondere Schuldzinsen, Disagio, Kreditgebühren) als Werbungskosten bei seinen Renteneinkünften geltend. Das FA lehnte den Abzug ab, weil der Kläger nicht die erforderliche Überschusserzielungsabsicht besessen habe.

Das FG gab der dagegen gerichteten Klage teilweise statt (vgl. DStRE 2005, 1438). Die Revision des Klägers hatte in vollem Umfang seines Begehrens Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH führte zunächst aus, dass die vom Kläger bezogenen Renteneinkünfte als Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG der deutschen Besteuerung unterlägen.

Entgegen der Ansicht des FG seien die im Zusammenhang mit der Rente geltend gemachten Aufwendungen nicht um den Teil zu kürzen, der anteilig auf die Hinterbliebenenrente des Sohnes entfalle.

Denn in die Überschussprognose könnte naturgemäß nur solche voraussichtlichen Erträge (Einnahmen) und Aufwendungen (Werbungskosten) eingestellt werden, welche im Rahmen der künftigen konkreten Einkünfteemittlung des betreffenden Steuerpflichtigen und ggf. seines unentgeltlichen Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolgers als steuerpflichtige Betriebseinnahmen bzw. Einnahmen und Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu berücksichtigen seien.

 

Hinweis

Im Streitfall hat der Kläger Finanzierungs- und sonstige Kosten aufgewendet, um mittels Einmalzahlung sowohl eine sofort beginnende lebenslängliche Rente an sich selbst als auch eine durch seinen Tod aufschiebend befristete und bedingte Hinterbliebenenrente an seinen Sohn zu erlangen. Das (Haupt-)Problem des Falls lag in der Beantwortung der Frage, ob ein Teil des Gesamtaufwands, nämlich soweit dieser rechnerisch (kalkulatorisch) auf den zugunsten des Sohnes erworbenen Anspruch auf die Hinterbliebenenrente entfiel, nach den Grundsätzen über die prinzipielle Nichtabziehbarkeit sog. Drittaufwands zu kürzen war.

Das FG hatte dies bejaht. Das Besprechungsurteil sah dies anders. Die Weichen zur Beantwortung der in Rede stehenden Frage sind m.E. bereits durch das BFH-Urteil vom 16.9.2004, X R 29/02 (BFH-PR 2005, 122) gestellt worden. Dort hat der BFH im Rahmen der für das Vorhandensein der Einkünfteerzielungsabsicht zu treffenden Überschussprognose ausgeführt, dass in diese Prognose nicht nur die voraussichtlich vom primären Rentenberechtigten (Steuerpflichtigen) vereinnahmten steuerpflichtigen Rentenbezüge, sondern auch die mutmaßlichen steuerpflichtigen Renteneinnahmen des Hinterbliebenen einzubeziehen seien. Damit korrespondierend seien auch die zu prognostizierenden Werbungskosten in vollem Umfang und ohne eine Kürzung nach Drittaufwandsgrundsätzen zu berücksichtigen.

Diese Entscheidung betraf zwar einen Fall, in dem es sich bei dem begünstigten Hinterbliebenen um den Ehegatten des primären Rentenberechtigten handelte. Nichts anderes kann aber auch dann gelten, wenn Begünstigter der Hinterbliebenenrente – wie hier – ein Kind des Steuerpflichtigen ist. Dasselbe muss m.E. aber auch für jedweden begünstigten Hinterbliebenen gelten, also beispielsweise auch für andere Angehörige oder den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Diese im Rahmen der Überschusserzielungsabsicht (Überschussprognose) geltenden Erwägungen müssen – wie im Besprechungsurteil zu Recht ausgeführt – gleichermaßen auch auf der Ebene der konkreten Einkünfteermittlung Anwendung finden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.11.2006, X R 15/05

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