1 Überblick

1.1 Inhalt

 

Rz. 1

Der durch das FISG[1] geschaffene § 316a HGB enthält Regelungen für Unt des öffentlichen Interesses. Satz 1 der Vorschrift enthält den Verweis auf die EU-Verordnung zur Abschlussprüfung, der früher in § 317 Abs. 3a HGB verortet war.

 

Rz. 2

Die Schaffung von § 316a HGB steht im Zusammenhang mit dem Wegfall von früheren deutschen Sonderreglungen durch Ausübung von Mitgliedstaatenoptionen, namentlich dem Wegfall der längeren Rotationspflichten für Abschlussprüfer von Unt öffentlichen Interesses (§ 318 Abs. 1a HGB a. F.) und den Ausschlussgründen für Prüfer von Unt von öffentlichem Interesse (§ 319a HGB a. F.).

[1] V. 3.6.2021, BGBl 2021 I S. 1534.

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 3

§ 316a HGB ist ausschl. für Abschlussprüfer von Unt des öffentlichen Interesses anwendbar, für die auch vorher schon entsprechende Sonderregelungen durch Verweis auf die für diese anwendbare EU-Verordnung zur Abschlussprüfung bestanden. Materiell hat sich insoweit nichts geändert, d. h. dass die Regelungen der §§ 316-324 nur dann zur Anwendung kommen, soweit die EU-Verordnung zur Abschlussprüfung nichts anderes regelt. Die Regelungen sind entsprechend für die Mehrzahl der Abschlussprüfer von Unt, die nicht im öffentlichen Interesse sind, nicht anzuwenden.

 

Rz. 4

§ 316a HGB ist unmittelbar mit Inkrafttreten des FISG am 1.7.2021 anwendbar. Da sich wie vorstehend ausgeführt materiell nichts ggü. der früheren Rechtslage geändert hatte, bedurfte es auch keiner Übergangsregelung.

2 Unternehmen von öffentlichem Interesse (Satz 2)

 

Rz. 5

Satz 2 der Vorschrift definiert Unt von öffentlichem Interesse als solche, die

  • kapitalmarktorientiert i. S. v. § 264d HGB sind (Nr. 1),
  • bestimmte CRR-Kreditinstitute sind (Nr. 2),
  • VersicherungsUnt i. S. d. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674 EWG sind (Nr. 3).
 

Rz. 6

Zur Definition von kapitalmarktorientierten Unt i. S. v. § 264d HGB wird auf die diesbzgl. Kommentierung verwiesen (§ 264d Rz 1 ff.).

 

Rz. 7

In der EU-Verordnung zur Abschlussprüfung werden Unt von öffentlichem Interesse als sog. PIE (Public Interest Entities) bezeichnet. Ein CRR-Kreditinstitut[1] ist im Bankwesen ein Unt, das Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegennimmt und Kredite für eigene Rechnung gewährt.

Als CRR-Kreditinstitute gelten u. a. Einlagenkreditinstitute, mit Ausnahme der Deutschen Bundesbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

§ 1 Abs. 3d Satz 3 KWG differenziert zwischen CRR-Kreditinstituten und CRR-Wertpapierfirmen. Aufgrund des Wortlauts in § 340k Abs. 1 HGB fallen nur CRR-Kreditinstitute i. S. d. § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG unter die PIE-Definition. § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG verweist auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013. Danach ist ein Kreditinstitut ein Unt, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren. CRR-Wertpapierfirmen sind lediglich dann PIE, wenn sie kapitalmarktorientiert sind.

Für Sparkassen und Genossenschaftsbanken gelten in Deutschland aufgrund der Inanspruchnahme des Wahlrechts nach Art. 2 Abs. 3 Verordnung 575/2013/EU bestimmte Regelungen der Verordnung 575/2013/EU nicht (vgl. z. B. § 340k Abs. 4 HGB).[2]

 

Rz. 8

VersicherungsUnt:

„Bei Versicherungsunternehmen erfolgt die Analyse, ob es sich um ein PIE handelt, auf Basis der Verweistechnik der PIE-Definition in Art. 2 Nr. 13 AP-RiLi: Danach sind PIE u. a. ‚Versicherungsunternehmen i. S. d. Artikels 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/EWG’ (Versicherungsbilanzrichtlinie). Die Versicherungsbilanzrichtlinie verweist für die Definition der Versicherungsunternehmen auf Versicherungsunternehmen i. S. d. Richtlinie 73/239/EWG (Schadenversicherung) und i. S. d. Richtlinie 79/267/EWG (Lebensversicherung), wobei letztere zwischenzeitlich durch die Richtlinie 2002/83/EG ersetzt wurde. Die Richtlinien 73/239/EWG und 2002/83/EG sind jedoch durch die Richtlinie 2009/138/EG (Solvency II) aufgehoben worden.

In der für diese Frage maßgeblichen Solvency II-Richtlinie wird geregelt, dass Verweisungen auf die aufgehobenen Richtlinien als Verweisungen auf die Solvency II-Richtlinie gelten und nach Maßgabe der Entsprechungstabelle im Anhang zu lesen sind (Art. 310 Solvency II-Richtlinie). Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Verweis in der Versicherungsbilanzrichtlinie auf die Definition von Versicherungsunternehmen in der Schadens- und der Lebensversicherungsrichtlinie als Verweise auf die Solvency II-Richtlinie zu lesen ist.

Finden sich für Vorschriften der aufgehobenen Richtlinien keine entsprechenden Normen in der Solvency II-Richtlinie, finden die aufgehobenen Normen keine Anwendung mehr. Sind bspw. für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) in den genannten und nunmehr aufgehobenen Richtlinien Ausnahmevorschriften geregelt, die in der Solvency II-Richtlinie keine Entsprechung finden, ist die Rechtsgrundlage für eine entsprechende Ausnahmeregelung entfallen. Dies kann bedeutsam sein in einem Beispiel, in dem ein VVaG kraft Ausnahmeregelung in einer der aufgehobenen Richtlinien nicht als Versicherungsunternehme...

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