Rz. 196

Eine Modifikation liegt vor, wenn ein immaterieller VG erweitert oder wesentlich über seinen ursprünglichen Zustand hinaus verbessert wird. Erweiterungen äußern sich in zusätzlichen betrieblichen Einsatz- oder Nutzungsmöglichkeiten im Vergleich zum ursprünglichen Zustand des VG. Zu einer wesentlichen Verbesserung führen Maßnahmen, die die Gebrauchsfähigkeit des immateriellen VG über eine zeitgemäße Modernisierung hinaus deutlich erhöhen.

Beide Tatbestände sind bei immateriellen VG eher selten anzutreffen.[1] Entwicklungsleistungen, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, werden in der Mehrzahl der Fälle durch neue Produkte, Verfahren oder Systeme ersetzt. Der Hauptanwendungsfall für nachträgliche HK sind erneut Softwareanpassungen. Aber auch hier dienen nachträgliche Aufwendungen vielfach nur der Programmpflege, indem sie eine reibungslose fortgesetzte Nutzung der Applikation gewährleisten sollen. Selbst wenn im Zuge dieser Maßnahmen kleinere Programmverbesserungen vorgenommen werden, handelt es sich bei den Aufwendungen um nicht aktivierungsfähigen Erhaltungsaufwand.

Aufwendungen für eine Modifikation teilen nach der Auffassung von IDW und DRSC das Schicksal der Aufwendungen für die ursprüngliche Software. Es soll nicht darauf ankommen, wer das Herstellungsrisiko trägt. Hat U die ursprüngliche Software wie im Beispiel von einem Dritten erworben, sind auch die nachträglichen Aufwendungen für ihre Modifikation zu aktivieren.[2]

Entsprechendes soll gelten, wenn sich die Erweiterung auf einen von U selbst geschaffenen immateriellen VG des AV bezieht, den dieser in Ausübung des Aktivierungswahlrechts nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB in die Bilanz aufgenommen hat. Demgegenüber sind nach beiden Standards nachträgliche Aufwendungen für nicht aktivierte selbst geschaffene immaterielle VG unmittelbar als Aufwand zu behandeln.

 
Praxis-Beispiel

U setzt eine ERP-Software ein, die von einem Softwarehersteller entwickelt und implementiert wurde. Die aktivierten Anschaffungskosten von 500.000 EUR schreibt U über zehn Jahre ab. Ende 01 wird die Software um ein Modul zur Liquiditätsplanung ergänzt. Die Anpassung nimmt erneut der Softwarehersteller zu einem Pauschalpreis von 80.000 EUR vor.

Da die Software entgeltlich von einem Dritten erworben und als solche aktiviert wurde, ist ihr Restbuchwert um die Aufwendungen für das Liquiditätstool von 80.000 EUR zu erhöhen.

Die Standards lassen offen, ob die Erweiterungsmaßnahme zu nachträglichen AK oder zu nachträglichen HK führt. Die Unterscheidung ist nicht nur mit Blick auf den unterschiedlichen Aktivierungsumfang von Bedeutung. Während im ersten Fall nur Einzelkosten aktiviert werden dürfen, umfassen nachträgliche HK auch fertigungs- und materialbezogene Gemeinkosten sowie ggf. die einem Bewertungswahlrecht unterliegenden weiteren Aufwendungen nach § 255 Abs. 2 und 3 HGB. Aus dem Blickwinkel des Gläubigerschutzes bedeutender ist die Frage, ob die Erweiterung bei einer KapG zu einer Ausschüttungssperre führt. Das IDW verneint das bei Modifikationen von Software, die zu einem früheren Zeitpunkt angeschafft worden ist. Zum Fall einer vom Unt hergestellten Software enthält sich der Standard einer ausdrücklichen Stellungnahme.[3]

 

Rz. 197

U. E. müssen aktivierungspflichtige Aufwendungen bei immateriellen VG des AV, für die das Unt das Herstellungsrisiko trägt, stets zu einer Ausschüttungssperre führen. Eine Differenzierung danach, ob es sich bei dem ursprünglichen VG um einen vom Unt erworbenen oder selbst geschaffenen VG handelt, ignoriert das mit der Regelung des § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB verfolgte Schutzanliegen. Sie soll die Auswirkungen einer Aktivierung selbst geschaffener immaterieller VG des AV auf den ausschüttungsfähigen Betrag neutralisieren. Begründen lässt sich diese Sonderbehandlung nur mit der vergleichsweise höheren Unsicherheit hinsichtlich der Werthaltigkeit der getätigten Aufwendungen. Aus diesem Blickwinkel kann es nicht überzeugen, vom Unt eingegangene Entwicklungsrisiken unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob die Maßnahmen dazu dienen, einen neuen VG zu schaffen oder einen bestehenden VG zu modifizieren. Das gilt umso mehr, als die mit einer Erweiterung geschaffene neue Funktionalität einer Software vielfach auch durch Entwicklung einer separaten Applikation realisiert werden könnte. Das Entwicklungsrisiko unterscheidet sich in diesen Fällen nicht signifikant.

 

Rz. 198

Die Behandlung von Aufwendungen für einen Release-Wechsel folgt den dargestellten Grundsätzen. Dient die neue Programmversion lediglich dazu, die Funktionsfähigkeit der ursprünglichen Software aufrechtzuerhalten, diese in einem nicht wesentlichen Umfang zu modernisieren oder erkannte Fehler zu beheben, sind die Aufwendungen sofort erfolgswirksam zu erfassen. Geht mit dem Release-Wechsel eine wesentliche Funktionserweiterung einher, liegen nachträgliche AK oder HK vor.

 
Praxis-Beispiel

U hat seit fünf Jahren eine ERP-Software im Einsatz. Mit Beginn des kommenden Jahres wird U auf das vom Hers...

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