Rz. 25

Beim Lifo-Verfahren ("last in – first out") wird angenommen, dass "die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind" (§ 256 Satz 1 HGB); damit wird unterstellt, dass sich der Lagerbestand am Ende der Periode aus den ältesten Zugängen (inkl. Anfangsbestand) zusammensetzt und die neuesten Zugänge als verbraucht oder verwendet gelten. Diese Verwendungsfiktion entspricht bspw. der Lagerung von Schüttgut in einer Mulde oder der Einschubregallagerung ("Stapel-Prinzip").

 

Rz. 26

Aufgrund der unterstellten Verbrauchsfolge wird der Einblick in die Ertragslage verbessert, da die fingierte Zeitnähe zwischen Erwerb und Verbrauch oder Veräußerung des Vorratsvermögens den Einfluss von Preisänderungen auf den Waren- bzw. Materialeinsatz und damit das Jahresergebnis verringert. Dies erschwert allerdings den Einblick in die Vermögenslage. So werden bei Preissteigerungen stille Reserven gebildet, deren (spätere) Realisierung zumindest fragwürdig ist; gleichzeitig bleibt dagegen die Gefahr des Ausweises von Scheingewinnen gering, da die Verbrauchsermittlung auf zeitnahen Wiederbeschaffungskosten beruht.[1] Bei sinkenden Preisen hingegen wird – dem strengen Niederstwertprinzip gem. § 253 Abs. 4 HGB folgend – eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Börsen- oder Marktwert bzw. beizulegenden Wert notwendig.

 

Rz. 27

Das Lifo-Verfahren ist sowohl in der permanenten als auch in der periodischen Variante möglich und sinnvoll, wobei sich i. d. R. unterschiedliche Verbräuche und Bestände ergeben (vgl. auch das nachfolgende Beispiel mit dem unter Rz 29). Das permanente Lifo-Verfahren ist sehr arbeitsaufwendig und führt kaum zu einer Vereinfachung,[2] da eine chronologische mengen- und wertmäßige Erfassung aller Zu- und Abgänge erforderlich ist. Die Abgänge werden der Verbrauchsfiktion folgend auf Basis der letzten Zugänge und – sofern diese nicht ausreichen – der Zwischenbestände bzw. des Anfangsbestands bewertet; folglich können aufgrund unterjähriger Bestandsschwankungen stille (Bestands-)Reserven aufgelöst werden, infolgedessen bei steigenden Preisen Scheingewinne ausgewiesen werden.

 
Praxis-Beispiel

Der Kfm. bewertet das Vorratsvermögen gem. § 256 Satz 1 HGB nach dem permanenten Lifo-Verfahren. Dabei sollen die in der folgenden Tabelle aufgeführten Geschäftsvorfälle zu verzeichnen sein (analog dem Beispiel zur Gruppenbewertung (§ 240 Rz 74) und zum Fifo-Verfahren (Rz 24)).

 
Datum Geschäftsvorfall Verbrauch Endbestand
Vorfall ME Preis/ME ME Wert ME Wert
1.1. Anfangsbestand 100 1,00     100 100
15.1. Zugang 100 1,10 – 100 – 110,00    
31.3. Abgang – 50          
20.6. Zugang 150 1,15 – 150 – 172,50    
15.7. Abgang – 200          
10.9. Zugang 100 1,20 – 100 – 120,00    
19.11. Zugang 200 1,25 – 200 – 250,00    
6.12. Abgang – 300          
27.12. Zugang 100 1,30     100 130
31.12. Endbestand 200   – 550 – 652,50 200 230

Die Bewertung des Endbestands von 200 ME erfolgt schließlich auf Basis des Zugangs vom 27.12. (100 ME) und des Anfangsbestands (100 ME), da bei jedem Verbrauch der Abgang der jeweils letzten Zugänge unterstellt wird. Im Unterschied zum periodischen Lifo-Verfahren (Rz 29) ist der Zugang vom 27.12. noch auf Lager, da anschließend (tatsächlich) kein Abgang mehr erfolgt. Der Wert des Endbestands liegt mit 230 noch unter den entsprechenden Werten nach einfach bzw. gleitend gewogenem Durchschnitt (235,31 bzw. 250; § 240 Rz 74) und nach dem Fifo-Verfahren (255; Rz 24). Infolge des Preisanstiegs ergeben sich stille Reserven i. H. v. 30 (= 200 * 1,30 ./. 230); der Scheingewinn beträgt 62,50 (= 550 * 1,30 ./. 652,50).

 

Rz. 28

Aufgrund der Komplexität des permanenten Verfahrens kommt in der Praxis häufiger das periodische Lifo-Verfahren zum Einsatz, bei dem lediglich am Ende der Abrechnungsperiode (i. d. R. das Gj, aber auch Halbjahr, Quartal, Monat) eine Bestandsbewertung vorzunehmen ist und folglich Bestandsschwankungen innerhalb der Periode keinen Einfluss auf die Bewertung haben.[3]

 

Rz. 29

In der einfachen Version des periodischen Lifo-Verfahrens (ohne differenzierte Erfassung der Mehrbestände in Layern; Rz 30) wird im Fall der (mengenmäßigen) Lagerbestandserhöhung der wertmäßige Endbestand aus dem Wert des Anfangsbestands zzgl. des Werts der ältesten Zugänge berechnet (vgl. hierzu das nachfolgende Beispiel); im Fall der (mengenmäßigen) Lagerbestandsminderung wird der Wert des Anfangsbestands proportional zu der mengenmäßigen Minderung zum Endbestandswert gekürzt.

 
Praxis-Beispiel

Der Kfm. bewertet das Vorratsvermögen gem. § 256 Satz 1 HGB nach dem (einfachen) periodischen Lifo-Verfahren (analog dem Beispiel zur Gruppenbewertung (§ 240 Rz 74), zum Fifo-Verfahren (Rz 21) und zum permanenten Lifo-Verfahren (Rz 27)).

 
Datum Geschäftsvorfall Verbrauch Endbestand
Vorfall ME Preis/ME ME Wert ME Wert
1.1. Anfangsbestand 100 1,00     100 100
15.1. Zugang 100 1,10     100 110
31.3. Abgang – 50          
20.6. Zugang 150 1,15 – 150 – 172,50    
15.7. Abgang – 200      

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