3.3.1 Klassische Projektansätze für komplexe Fragestellungen ungeeignet

Noch in der jüngeren Vergangenheit hatte man es bei Fragen der Konzernsteuerung überwiegend mit komplizierten Fragestellungen zu tun. Zwar existierte ein kalkulierbares Maß an Unsicherheit in Bezug auf die Lage der Problemstellung und mögliche Lösungsansätze, die zu erwartende Dynamik bei den Anforderungen bewegte sich jedoch überwiegend in überschaubarem Umfang. Es war meist möglich, sich durch genaue Analyse, durch das sich Aneignen oder Zukaufen von Wissen zügig hin zu einer Lösung oder zu einem auch mittelfristig gangbaren Ansatz zu bewegen.

In der digitalen Transformation begegnen den Teams komplexe Fragestellungen. Ein hohes Maß an Unsicherheit im Kern der eigentlichen Problemstellung geht einher mit einem hohen Maß an Dynamik und Freiheitsgraden, die man bei der Entwicklung einer Lösung evaluieren, neu durchdenken und ständig beobachten muss.

Insbesondere die Dynamik im Umfeld bedingt, dass tiefgreifende Analysen, das Zukaufen oder sich Aneignen von zusätzlichem Wissen die Problematik allein meist nicht auflösen können. Ein funktionierender Lösungsansatz lässt sich hierdurch allein nicht immer direkt entwickeln.

Abb. 3: Komplexitätsmatrix in Anlehnung an "Stacey-Complexity-Matrix"[1]

Dies führt insbesondere dazu, dass bei Projekten klassische Ansätze wie das Wasserfallmodell zur Steuerung ineffektiv werden. Insbesondere das hohe Maß an Veränderung im Umfeld des Projekts kann vorher abgeleitete und vermeintlich klare Anforderungen sehr schnell überholen. Das methodische Mittel der Wahl bei komplexen Fragestellungen bieten derzeit agile Methodiken. Die in Iterationen ablaufenden agilen Projekte setzen auf eine ständige Interaktion mit dem Auftraggeber/Kunden und bieten je nach Methodik ein Set an Techniken, das es ermöglicht, sehr flexibel auf Änderungen in den Anforderungen oder dem Umfeld zu reagieren.

[1] Vgl. Diehl, 2020, online.

3.3.2 Scrum erlaubt inkrementelle Entwicklung mit regelmäßiger Neujustierung

Eine der bekanntesten agilen Methodiken ist Scrum. Die Methodik stammt aus der Softwareentwicklung und stellt ein sog. Lightweight Framework dar. Das Softwareprodukt wird im Scrum-Prozess in sich wiederholenden Zyklen und in inkrementellen Schritten entwickelt. Hierbei steht die Interaktion mit dem Auftraggeber und eine fortlaufende Sammlung sowie Priorisierung der Anforderungen im Vordergrund.

Abb. 4: Der Scrum-Prozess[1]

Das Regelwerk definiert den generellen Ablauf, die Rollen und Verantwortlichkeiten, die Inhalte und Eckdaten der regelmäßigen Treffen ("Scrum-Events") und die im Prozess zu entwickelnden Outputs bzw. einzusetzenden Elemente ("Scrum-Artefacts").

Neben der inhaltlichen Flexibilität ergeben sich als Vorteile die verbesserte Kontrolle über Kosten und Risiken, eine sehr gute Visibilität des Projekts sowie die Tatsache, dass mit jedem Zyklus bereits ein teilweise verwendbares Produkt entsteht. Scrum als Framework setzt in diesem Zusammenhang einen sehr starken Fokus auf die Erstellung eines greifbaren Ergebnisses nach jeder Iteration (Sprint).

[1] Vgl. Warcholinski, 2020, online.

3.3.3 Anwendung in der BASF Controlling Community

Bei den jährlichen Zielen der globalen Controlling Community der BASF geht es meist nicht um Softwareentwicklung. Allerdings lassen sich bei einzelnen Zielen die genauen Anforderungen und der Zustand, der am Ende erreicht werden soll, nicht komplett und vollumfänglich beschreiben. Neben dem derzeit volatilen Umfeld ergeben sich zudem meist verschiedenste Freiheitsgrade und Optionen, die im Rahmen der Arbeit im Team zu evaluieren und gemeinsam zu Lösungsansätzen weiterzuentwickeln sind. Weiterhin steht die gemeinsame Erarbeitung eines greifbaren Ergebnisses am Ende des Prozesses bzw. der Zielerreichung im Vordergrund.

Im Rahmen der Realisierung der BASF Global Controlling Community Ziele 2019 wurde erstmals angeregt, dass die jeweiligen Arbeitsgruppen eine agile Methodik einsetzen. Insbesondere bei Zielen, die stark von technischen Fragestellungen geprägt waren, stieß das Angebot auf Interesse. Gestartet wurde in der Folge über umfangreiches internes Schulungsmaterial, kompakte Trainings sowie zentrale Ansprechpartner, die als Coaches fungierten und die Methodik an die Teammitglieder vermittelten.

Die Vorgehensweise erforderte ein Umdenken und ein gewisses Maß an Flexibilität bei den Mitwirkenden. Jedoch standen am Ende 3 mit Controllern aus den verschiedensten organisatorischen Einheiten besetzte Teams, die die Umstellung auf eine agile Methodik erfolgreich absolviert hatten und ein greifbares Ergebnis am Ende des Prozesses vorweisen konnten. Über die in der Scrum-Methodik gelebte iterative Vorgehensweise und intensive Kommunikation in der Gruppe konnte das umfassende Konzept der Digital Controlling Skills (s. Aufzählung unter Abschnitt 3.2) entwickelt und mit den einzelnen internen Gruppen sowie mit externen Inputgebern abgestimmt werden. Zum anderen wurde eine vielschichtige virtuelle Austauschplattform für die globale Community entwickelt und implementiert. Auch wenn die Zahl von 3 Teams auf den ersten Blick sehr klein erscheint, lässt sich festhalten, dass aus zentraler Sicht ein starkes Argume...

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