Ist der Teilwert des Grund und Bodens bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung[1] niedriger als dessen Anschaffungskosten, "kann" dieser nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG angesetzt werden.

 
Wichtig

Keine Bindung an den handelsbilanziellen Ansatz

Das steuerliche Wahlrecht besteht in erster Linie darin, dass – im Unterschied zum HGB – die Vornahme einer Teilwertabschreibung in das Ermessen des Unternehmers gestellt ist. Sofern es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt, "kann" der niedrigere Teilwert angesetzt werden, während handelsrechtlich bei Vorliegen dieser Voraussetzung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen "sind". Für den Fall der steuerlichen Inanspruchnahme des Wahlrechts dürfte indessen das Ausmaß der Teilwertberichtigung insgesamt nicht wesentlich von den handelsrechtlichen Wertkorrekturen abweichen. Immerhin haben der steuerrechtlich geprägte Teilwert und der handelsrechtlich geprägte Zeitwert eine gemeinsame Wurzel, nämlich die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, und sind daher – trotz aller bestehenden Differenzen bei ihrer begrifflichen Fassung – schon ihrer Natur nach nicht wesensverschieden.[2]

Die Nachweispflicht für den niedrigeren Teilwert liegt nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.  V.  m. Nr. 1 Satz 4 EStG beim Steuerpflichtigen. Darüber hinaus trägt der Steuerpflichtige auch die Darlegungs- und Feststellungslast für eine voraussichtlich dauernde Wertminderung. Zudem ist im Rahmen des Wertaufholungsgebots nachzuweisen, dass und in welchem Umfang der Teilwert weiterhin unter der Bewertungsobergrenze liegt.[3]

Die Frage einer Teilwertabschreibung ist losgelöst von der Bildung einer Rückstellung für Sanierungsverpflichtungen zu prüfen. Es handelt sich um unterschiedliche Sachverhalte, die im Hinblick auf den Grundsatz der Einzelbewertung und des Vollständigkeitsgebots grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen sind.[4] Wegen der möglichen Fallgestaltungen vgl. das BMF-Schreiben vom 11.5.2010.[5]

 
Praxis-Beispiel

Teilwertabschreibung bei nicht abnutzbarem Anlagevernögen[6]

Der Steuerpflichtige ist Eigentümer eines mit Altlasten verseuchten Grundstücks. Die ursprünglichen Anschaffungskosten des Grund und Bodens betragen 200.000 EUR. Zum Bilanzstichtag ermittelt ein Gutachter den Wert des Grundstücks aufgrund der festgestellten Altlast mit nur noch 10.000 EUR. Aus umweltrechtlichen Gründen ist der Steuerpflichtige grundsätzlich verpflichtet, die Altlast zu beseitigen. Mangels akuter Umweltgefährdung wird die zuständige Behörde die Schadensbeseitigung jedoch erst fordern, wenn der Steuerpflichtige die derzeitige Nutzung des Grundstücks ändert. Die Bildung einer Rückstellung ist aus diesem Grund nicht zulässig.

Eine Teilwertabschreibung in Höhe von 190.000 EUR auf den vom Gutachter ermittelten Wert ist zulässig. Zwar ist der Steuerpflichtige grundsätzlich verpflichtet, die Altlast zu beseitigen. Allerdings ist vor dem Hintergrund einer eventuellen Nutzungsänderung des Grundstücks nicht zu erwarten, dass der Steuerpflichtige in absehbarer Zeit behördlich zur Beseitigung des Schadens aufgefordert wird. Aus der Sicht am Bilanzstichtag ist daher von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung des Grundstücks auszugehen.[7] Wird die Altlast später beseitigt und erhöht sich dementsprechend der Wert des Grundstücks, ist eine Zuschreibung bis höchstens zu den ursprünglichen Anschaffungskosten vorzunehmen.

 
Achtung

Steuergeheimnis

Amtsträger haben nach § 30 AO das Steuergeheimnis zu wahren. Allerdings ist die Offenbarung der nach § 30 Abs. 2 AO erlangten Kenntnisse zulässig, wenn daran ein zwingendes öffentliches Interesse nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO besteht. Demzufolge ist die Weitergabe von Informationen über Verstöße gegen Umweltbestimmungen, die das Finanzamt im Besteuerungsverfahren erlangt, z.  B. durch eine vom Steuerpflichtigen vorgenommene Teilwertabschreibung auf ein schadstoffbelastetes Grundstück, an die zuständige Fachbehörde zulässig.[8]

[1] Wegen des Begriffs der voraussichtlich dauernden Wertminderung vgl. BMF, Schreiben v. 2.9.2016, IV C 6-S 2171-b/09/10002:002, BStBl 2016 I S. 995, Tz. 5 bis 7.
[2] Werndl in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 309. Aktualisierungslieferung 10/2020, 3. Gewinn, Rn. B 420.
[3] Vgl. BMF, Schreiben v. 2.9.2016, IV C 6-S 2171-b/09/10002:002, BStBl 2016 I S. 995, Tz. 4.
[6] Vgl. BMF-Schreiben v. 2.9.2016, IV C 6-S 2171-b/09/10002:002, BStBl 2016 I S. 995, Tz. 12.
[8] Vgl. AEAO zu § 30, Nr. 11.7.

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