1.1 Warum agile Strategieumsetzung?

Der gezielte Einsatz von agilen Rahmenwerken wie z. B. "Scrum" als Framework für das agile Projektmanagement oder "Objectives & Key Results" (OKR) als Rahmenwerk für die agile Strategieumsetzung bietet sich an, wenn die Frage- bzw. Problemstellung komplex ist. Genau dies trifft auf die Strategierealisierung zu. Denn die Strategieumsetzung ist sehr komplex.

Man hat zwar eine Vorstellung vom Ziel (Vision), kann aber noch nicht genau sagen, wie der Weg dorthin aussieht und wie sich die Reise dorthin entwickelt, da während der Realisierung zahlreiche unvorhergesehene Ereignisse und Effekte den Umsetzungsprozess und die Ergebnisse beeinflussen können. Deshalb ist in einem komplexen Umfeld eine detaillierte Ausplanung des Vorhabens vom Anfang bis zum Ende – wie dies in der traditionellen Herangehensweise üblich ist – nicht effektiv. Stattdessen empfiehlt sich zur Lösung von komplexen Problemstellungen ein empirisches bzw. agiles iteratives Vorgehen, welches auf Überprüfung und Anpassung ("inspect and adapt") basiert (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Traditionelle versus empirische bzw. agile Prozess-Steuerung

Auch vor der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine war bereits von der "VUCA-Welt" oder sogar von dem Akronym "BANI" die Rede.

 
Hinweis

VUCA und BANI – was versteht man darunter

VUCA: Volatile (volatil), Uncertain (unsicher), Complex (komplex) und Ambiguous (mehrdeutig).

BANI:

  • Brittle (steif, wenig anpassungsfähig, brüchig),
  • Anxious: ängstlich, besorgt,
  • Non-linear (der Zusammenhang von Ursache und Wirkung, von Aktion und Reaktion geht verloren; Ungewissheit),
  • Incomprehensible: unverständliche, unbegreifliche Ereignisse, Entscheidungen; Planungssicherheit geht verloren.)

Seitdem wurde die komplexe bzw. chaotische Situation erst recht noch verschärft. So ist von zahlreichen Unternehmen aktuell häufig folgender Satz zu hören: "Wir fahren nur noch auf Sicht!"

Genau in dieser komplexen Situation wird der Mehrwert, den "Objectives & Key Results" (OKR) als Rahmenwerk für die agile Strategieumsetzung bietet, deutlich: Durch den Einsatz von OKR können sowohl Unternehmen als auch Non-Profit-Organisationen oder auch einzelne Geschäftsbereiche und Unternehmensfunktionen ihre Strategien agil und erfolgreich realisieren, indem quartalsweise 2-4 strategisch relevante Ziele (Objectives) definiert und mit jeweils 2-4konkreten Ergebnissen pro Ziel (Key Results) messbar hinterlegt werden.

Durch diese iterative Vorgehensweise kann die Organisation im Rahmen der agilen Strategieumsetzung flexibel agieren und steuern bzw. zeitnah und adäquat auf Unvorhergesehenes reagieren (siehe Abbildung 2).

Abb. 2: OKR als Rahmenwerk für die agile Strategieumsetzung sowie Scrum als Framework für das agile Projektmanagement

1.2 Agile Strategieumsetzung mit OKR

"Wie kann man Strategien in einem komplexen und dynamischen Umfeld erfolgreich umsetzen?"

Mit dieser Frage hat sich Andy Grove (ehemaliger CEO von Intel) bereits in den 1970er Jahren beschäftigt und auf Basis von Peter Druckers "Management by Objectives"-Ansatz schließlich "Objectives & Key Results" (OKR) entwickelt, um Strategien agil zu realisieren.[1]

Bei OKR handelt es sich um einen stringenten strukturierten Prozess der Definition der strategisch relevanten (Quartals-)Ziele sowie der agilen Strategieverfolgung und -realisierung. Im Wesentlichen geht es bei OKR um die Beantwortung von zwei entscheidenden Fragen (siehe. Abbildungen 3 und 4):

  1. "Was ist unser strategisches Ziel (für das nächste Quartal), was wollen wir erreichen?" ("Objectives").
  2. "Wie können wir messen bzw. erkennen, dass wir das Ziel erreicht haben?" ("Key Results")[2]

Abb. 3: Objectives, Key Results, Activities

Abb. 4: Beispiele für Objectives, Key Results, Activities

Checkliste für gute Objectives:

  • Umsetzbar: Beschreiben die "Objectives", Ziele, die einen zu erreichenden Zustand definieren, den wir in 3 bzw. 6 Monaten auch wirklich erreichen können (keine "Evergreens")?
  • Im Idealfall sind Objectives als Outcome oder Impact formuliert.
  • Objectives werden aus der Strategie bzw. von den strategischen Zielen in der Strategy Map abgeleitet.
  • Objectives sind keine KPIs.
  • Objectives sind ambitioniert ("Durchbruchsziel").
  • Unbequem (Veränderungen sind notwendig).
  • Differenzierung: Verbindliche vs. erstrebenswerte Ziele.
  • Leicht verständlich & "emotional aufgeladen".

Checkliste für gute Key Results:

  • "If it does not have a number, it is not a Key Result."[3]
  • Von den Objectives abgeleitet, geben sie an, wie die Zielerreichung gemessen werden soll.
  • Sind eher "leading indicators" als "lagging indicators".[4]
  • Die Key Results können regelmäßig eine Auskunft über den aktuellen Fortschritt geben.
  • Key Results enthalten keine Aktivitäten (Key Results sind keine To-Do-Listen).
  • Klare Ausgangswerte und Zielwerte müssen definiert sein.
  • Wird eine 100-prozentige Zielerreichung benötigt (oder reichen 60-70 %)?

Damit die agile Strategieumsetzung mit Hilfe von OKR erfolgreich wirken kann, werden spezifische strategische Unternehmensziele als "Leitplanken" für die rollierende Ableitung der entsprechenden...

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