§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG räumt für die Anschaffung, Herstellung oder Einlage bzw. Zuführung bei Betriebseröffnung neuer oder gebrauchter selbständig nutzungsfähiger abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Wahlrecht zwischen Sofortabzug und Verteilung des Aufwands (bei Einlagen des fiktiven Aufwands) ein. Das Wahlrecht gilt für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Abs. 1 EStG), oder der nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 bis 6 EStG an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 800 EUR (seit 1.1.2018, vorher 410 EUR) nicht übersteigen.

Abweichend von dieser GWG-Abschreibung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG kann für die genannten Wirtschaftsgüter ein Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Abs. 1 EStG), oder der nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 bis 6 EStG an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 250 EUR, aber nicht 1.000 EUR übersteigen[1].

Die Grenze, ab der GWG besonders aufgezeichnet werden müssen,[2] ist ab 2018 von 150 EUR auf 250 EUR angehoben worden, wobei anzumerken ist, dass diese Aufzeichnungspflicht nicht gilt, wenn die Angaben aus der Buchführung ersichtlich sind[3].

Die steuerliche GWG-Betragsgrenze in § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG soll wie erwähnt durch das Wachstumschancengesetz[4] von bislang 800 EUR auf 1.000 EUR erhöht werden. Die neue Betragsgrenze soll erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2023 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 52 Abs. 12 Satz 7 EStG-E).

§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine betriebliche Gewinnermittlungsvorschrift und gilt für sämtliche Gewinneinkünfte, und zwar auch bei Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG). Bei Mitunternehmerschaften kann das Wahlrecht für zum Gesamthandsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter nur einheitlich für die Gesellschaft ausgeübt werden, nicht unterschiedlich für den einzelnen Mitunternehmer[5]. Bei der Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG handelt es sich rechtssystematisch um einen Anwendungsfall des § 7 EStG[6], also um eine Abschreibungsregelung (Sofortabschreibung der begünstigten Wirtschaftsgüter). § 6 Abs. 2 EStG ist keine Subventions- und Lenkungsnorm, sondern eine Vereinfachungsvorschrift, die eine "Sofortabschreibung" anstelle der an sich gebotenen Aktivierung und Aufwandsverteilung nach § 7 EStG gestattet

[7]. Das gesetzliche Bewertungswahlrecht kann für jedes einzelne Wirtschaftsgut unabhängig von den übrigen ausgeübt werden[8].

Wird das Sofortabschreibungswahlrecht in der Handelsbilanz nicht beansprucht, sondern nur für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung, müssen für den Werbungskostenabzug bei Überschusseinkünften ist § 6 Abs. 2 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG entsprechend anzuwenden.

[4] Gesetz zur Stärkung von Wachtsumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) i. d. F. des Refentenentwurfs des BMF (Bearbeitungsstand: 14.7.2023).
[7] BFH, Urteil v. 19.1.1984, IV R 224/89, BStBl 1984 II S. 312 Rn. 15; BFH, Beschluss v. 27.10.2006, IV B 8/05, BFH/NV 2007 S. 231 Rn. 8.

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