Ab Vz 2014 wird der unbestimmte Rechtsbegriff Arbeitsstätte durch den gesetzlich definierten Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ersetzt, vgl. "Tätigkeitsstätte" Rz. 122 (mit allen Neuerungen und aktueller Rspr.) und Rz. 122a. Der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte ist nicht so auszulegen, dass hierunter nur ein punktueller Ort zu verstehen ist. Regelmäßige Arbeitsstätte kann auch ein verhältnismäßig kleines, in sich geschlossenes, zusammenhängendes, überschaubares Gebiet sein ("weiträumige Arbeitsstätte" ab Vz 2014 weiträumiges "Tätigkeitsgebiet" (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 und 4 EStG). Die Rspr. vertritt insoweit eine einschränkende Interpretation.[1] Eine weiträumige Arbeitsstätte liegt danach nur dann vor, wenn es sich um ein der Verfügungsgewalt des Arbeitgebers unterstehendes Gebiet handelt. Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist immer ein Ort oder ein Gebiet, über das der Arbeitgeber eine gewisse Verfügungsmacht ausübt[2], nicht aber ein Stadtbereich oder eine Region. Unter diesen Voraussetzungen kann auch ein Werksgelände, ein Forstrevier, ein Waldgebiet oder ein Bergwerk[3] eine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte bzw. einen Tätigkeitsmittelpunkt darstellen.[4] Bei einem 400 qkm großen Forstgebiet als weiträumiges Arbeitsgebiet ohne jede ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers liegt keine regelmäßige Arbeitsstätte vor.[5] Dabei ist zu beachten, dass sich die Rspr. des BFH geändert hat und ein Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte bei einem Arbeitgeber haben kann. Es ist allein entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers befindet.[6] Gerade bei weiträumigen Arbeitsstätten ist von entscheidender Bedeutung, ob der Arbeitnehmer auch dort an einer dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig wird. Dieses typisierende Merkmal ist mit Blick auf eine Unterscheidung zur Auswärtstätigkeit maßgeblich.

Solange der Stpfl. in diesem Gebiet tätig wird, bleibt er im Bereich seiner regelmäßigen (weiträumigen) Arbeitsstätte; Mehrkosten sind dann weder nach den Grundsätzen der Dienstreisen abziehbar noch nach den Grundsätzen der Einsatzwechseltätigkeit anzusetzen. Der Stpfl. wird vielmehr an seiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig; Fahrten dahin sind Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.[7] Nach diesen vorstehenden Grundsätzen wird in künftigen Fällen in den meisten Fällen, soweit nicht ausnahmsweise der Arbeitgeber in diesen Gebieten eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung unterhält, von einer Auswärtstätigkeit bzw. einer Einsatzwechseltätigkeit auszugehen sein, mit der Folge, dass hier Verpflegungsmehraufwendungen anfallen oder ggf. der Bruttoarbeitslohn mit Blick auf § 8 Abs. 2 S. 3 EStG zu mindern ist. Eine weiträumige Arbeitsstätte i. d. S. kann ein 50 ha großes Klinikgelände[8] sein. Ein Bezirk, der sich über 70 km erstreckt, ist aber zu weitläufig, um noch eine "weiträumige Arbeitsstätte" sein zu können.

In der älteren Rspr. ist in der Mehrzahl der folgenden Fälle eine großräumige Arbeitsstätte angenommen worden:

  • ein Zustell- oder Schornsteinfeger-Bezirk[9]; Zustellbezirk der Post;
  • die jeweiligen Bezirke für Polizeibeamte im Streifendienst, Zollbeamte im Grenzaufsichtsdienst, Wasserschutzpolizei; i. d. R. liegt eine ständige Arbeitsstätte am Sitz der Einsatzzentrale vor.[10] Es handelt sich nicht um Fahrtätigkeit[11];
  • Straßenreiniger ohne Fahrzeug, Stadtgärtner und ähnliche Personen;
  • eine Großstadt bei Mitgliedern einer "Betriebsreserve", die bei einer Bank in verschiedenen Filialen eingesetzt werden; i. d. R. werden mehrere regelmäßige Arbeitsstätten an den jeweiligen Einsatzstätten vorliegen[12];
  • eine Großstadt bei einem Angestellten des städtischen Bauhofs[13];
  • ebenso FG des Saarlandes (v. 1.3.1991, 1 K 89/90, EFG 1991, 470) für einen Bergmann, der in den verschiedenen Gruben eines Bergbauunternehmens eingesetzt wurde;
  • ein Stadtgebiet[14];
  • ein Hafengebiet für einen Hafenarbeiter[15];
  • ein Hafengebiet für Lotsen[16];
  • ein Einsatz auf einem Fahrzeug in einem Bergwerk.[17]

Fahrtkosten innerhalb eines weiträumigen Arbeitsgebiets, das keine "weiträumige Arbeitsstätte" i. d. S. ist, sind nach Dienstreisegrundsätzen abzurechnen. Ebenfalls können Mehraufwendungen für Verpflegung angesetzt werden.

Ab Vz 2014 hat der Gesetzgeber mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2012 diese Rechtslage für weiträumige Arbeitsstätten in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a EStG n. F. ausdrücklich geregelt. Hat der Stpfl. keine erste Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 EStG und hat er dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, sind nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG die Regelungen über die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entsprechend anzuwenden (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG), d. h. dann gilt ausschließlich die Entfernungspauschale. Dies gilt z. B. für Berufsgruppen, die im Normalfall arbeitstäglich z. B. an einem vom Arbeitgeber festgelegten Ort ...

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