5.5.1 Ergebnis der Risikoanalyse

 

Rz. 45

Sofern ein Unternehmen bei seiner Risikoanalyse ein Risiko identifiziert hat, ist es gem. § 6 Abs. 1 LkSG verpflichtet, unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen nach § 6 Abs. 24 LkSG zu implementieren. Das Gesetz unterscheidet zwischen dem eigenen Geschäftsbereich und den unmittelbaren Zulieferern.

5.5.2 Eigener Geschäftsbereich

 

Rz. 46

Im eigenen Geschäftsbereich geht es zunächst darum, interne sowie externe Verhaltensvorschriften oder Richtlinien hinsichtlich einzelner Geschäftsfelder und Geschäftsabläufe auf Basis der Menschenrechtsstrategie der Grundsatzerklärung zu entwickeln. Besonders zu beachten sind Bereiche, die für das Risikomanagement als relevant identifiziert worden sind. Der Gesetzgeber erwähnt in der Gesetzesbegründung bspw. die Erstellung von Verhaltenskodizes sowohl für die eigenen Mitarbeiter als auch für potenzielle Vertragspartner. Verhaltenskodizes können sinnvollerweise in die Lieferverträge einbezogen werden. Auch soll die Definition einer Strategie zur Lieferantenauswahl und -entwicklung in Betracht gezogen werden.[1]

 

Rz. 47

Durch geeignete Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken sollen festgestellte Risiken verhindert bzw. minimiert werden. Dem Einkauf kommt insofern eine entscheidende Rolle zu. Die Gesetzesbegründung sieht die Festlegung von Lieferzeiten, Einkaufspreisen und die Dauer der Vertragsbeziehungen als relevante Bereiche an, die besondere Beachtung unter Risikominimierungsaspekten verdienen. Ferner wird empfohlen, in einer unternehmensinternen Verhaltensrichtlinie für die einzelnen Beschaffungsschritte (Produktentwicklung, Auftragsplatzierung, Einkauf, Produktionsvorlaufzeiten) Maßnahmen zu definieren, durch welche die identifizierten Risiken gemindert oder ausgeschlossen werden können. Schließlich soll sich der Einkauf um Transparenz in der Lieferkette bemühen.[2]

 

Rz. 48

Unternehmensintern soll durch geeignete Schulungen und Fortbildungen sichergestellt werden, dass die eigenen Beschäftigten den Inhalt und die Hintergründe der Menschenrechtsstrategie kennen und anwenden können. Schließlich bedarf es angemessener risikobasierter Kontrollmaßnahmen zur Überprüfung, ob die Strategie in die alltäglichen Unternehmensabläufe integriert wurde. Auch ist an eine regelmäßige Aktualisierung der Verfahrensleitfäden zu denken.[3]

[1] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 46 f.
[2] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 47.
[3] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 47.

5.5.3 Unmittelbare Zulieferer

 

Rz. 49

Bei der Auswahlentscheidung hinsichtlich eines unmittelbaren Zulieferers sollen die menschenrechtsbezogenen Erwartungen des Unternehmens berücksichtigt werden. Die Gesetzesbegründung schlägt vor, diese als festen Bestandteil einer Lieferantenbewertung zu etablieren, welche bei der Evaluierung eines neuen Vertragspartners zur Anwendung kommen sollen.[1]

Eine vertragsrechtlich vom Unternehmen umzusetzende Präventionsmaßnahme findet sich in § 6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG: Das Unternehmen muss seinen unmittelbaren Zulieferer vertraglich verpflichten, die von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einzuhalten und sodann gegenüber den eigenen Zulieferern bzw. der gesamten Lieferkette weiterzugeben. Durch entsprechende Weitergabeklauseln soll sichergestellt sein, dass die vom Unternehmen festgelegten Standards entlang der gesamten Lieferkette Beachtung finden. In der Gesetzesbegründung wird ferner exemplarisch darauf hingewiesen, dass die Unternehmen vertraglich festlegen können, von welchem (zertifizierten) Vorlieferanten ihr Vertragspartner einkaufen darf, aus welchen (zertifizierten) Regionen die Produkte stammen sollen sowie welche (zertifizierten) Fabriken in Betracht kommen.[2]

 

Rz. 50

Um ihre Verpflichtungen nach dem LkSG zu erfüllen, werden die allermeisten Unternehmen zum Instrument der Vertragsanpassung greifen und insbes. versuchen, Weitergabeklauseln durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob es in einigen Ländern mit größerem politischen Selbstbewusstsein zu Widerstand gegen diese de facto extraterritoriale Regulierung seitens des deutschen Gesetzgebers kommt. Fraglich ist auch, ob derartige vertikale Vertragsvorgaben immer mit dem Kartellrecht in den Herkunftsländern der Zulieferer konform gehen bzw. ob nicht auch deutsches bzw. europäisches Kartellrecht weitreichenden vertikalen Verpflichtungen Grenzen setzt. Das kartellrechtliche Selbstständigkeitspostulat verlangt, dass jedes Unternehmen sein Marktverhalten grds. autonom definiert.[3]

 

Rz. 51

Weiterhin erwartet das LkSG zur effektiven Durchsetzung der vertraglichen Zusicherungen von den Unternehmen Schulungen und Weiterbildungen der unmittelbaren Zulieferer. Schließlich obliegt den Unternehmen auch die Pflicht, vertraglich Kontrollmechanismen gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer zu vereinbaren, durch die geprüft werden soll, ob dieser die Vorgaben tatsächlich einhält. Die Kontrolle kann durch eigene Begehung vor Ort, durch mit Audits beauftragte Dritte oder durch Nutzung anerkannter Zertifizierungssysteme erfolgen. Wenn das Unternehmen Dritte man...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge