Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Bauzeitzinsen

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG von Bauzeitzinsen, die in Herstellungskosten für unterjährig ausgeschiedene Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens eingegangen sind, kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. a); HGB § 255 Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen III B 145/21)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen streitig, die die Klägerin nach § 255 Abs. 3 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in die Herstellungskosten von unterjährig aus ihrem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens einbezogen hatte.

Die Klägerin ist eine … GmbH mit Sitz in A. Gegenstand ihres Unternehmens ist die … Durchführung von Bauprojekten …. Insbesondere erstellt die Klägerin auf zuvor von ihr erworbenen Grundstücken Wohn- und Gewerbeimmobilien, die sie anschließend entweder als Teil- bzw. Sondereigentumseinheiten oder als ungeteiltes Objekt an Investoren zur Selbst- oder Fremdvermietung veräußert. Die Aufwendungen zum Erwerb der Grundstücke und Errichtung der Bauobjekte werden von ihr in der Regel über Bankenkredite und die Bereitstellung finanzieller Mittel durch andere Gesellschaften der B-Unternehmensgruppe finanziert.

Alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzesbuches befreiter Geschäftsführer der Klägerin war in den Streitjahren Herr C. Am 25.000 € betragenden Stammkapital der Klägerin war neben dem Geschäftsführer Herrn C mit einem Anteil von 1.500 € (6 %) die B AG mit einem Anteil von 23.500 € (94 %) beteiligt. Sämtliche Anteile an der B AG wurden wiederum vom Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin gehalten.

Für die Streitjahre 2011 bis 2013 war die Klägerin durch das ursprünglich zuständige Finanzamt D zunächst erklärungsgemäß zum Gewerbesteuermessbetrag veranlagt worden. Sämtliche Bescheide waren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ergangen.

Ab dem 16.06.2015 führte das Finanzamt E sodann eine steuerliche Betriebsprüfung (Bp.) für die Jahre 2011 bis 2013 bei der Klägerin durch. Diese mündete in den abschließenden Prüfungsbericht vom 08.01.2016. In gewerbesteuerlicher Hinsicht stellte die Bp. in diesem unter Tz. 2.6.1 fest, dass die Klägerin im Prüfungszeitraum erhebliche, im Zusammenhang mit der Errichtung ihrer Bauobjekte angefallene Finanzierungszinsen und -kosten getragen habe. Eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) habe sie für diese Aufwendungen insgesamt nicht vorgenommen, auch wenn einzelne Bauobjekte zum jeweiligen Bilanzstichtag bereits veräußert gewesen seien.

Dies hielt die Bp. für unzulässig. Nach § 255 Abs. 3 Satz 1 HGB gehörten Zinsen für Fremdkapital grundsätzlich nicht zu den Herstellungskosten eines Vermögensgegenstandes. Gemäß § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB dürften Zinsen für Fremdkapital, das zur Herstellung eines Vermögensgegenstandes verwendet werde, jedoch angesetzt werden, soweit sie auf die Zeit der Herstellung entfielen. Die Ausübung des Wahlrechts und somit die Aktivierung der Bauzeitzinsen erfolge jeweils zum Abschlussstichtag; eine unterjährige Aktivierung von Bauzeitzinsen sei bereits handelsrechtlich nicht zulässig. Auch steuerrechtlich habe somit eine Aktivierung von Bauzeitzinsen, die auf am Bilanzstichtag bereits veräußerte oder dem Anlagevermögen zugeführte Wirtschaftsgüter entfielen, zu unterbleiben, da diese Wirtschaftsgüter dem Umlaufvermögen am Bilanzstichtag nicht mehr zuzurechnen seien.

Mangels Aktivierung würden diese Zinsen im Jahr der Veräußerung ertragsmindernd berücksichtigt und seien dem Gewerbeertrag nach dem Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 02.07.2012 zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG (BStBl I 2012, 654, dort Rz. 2 und 13) gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG wieder hinzuzurechnen.

Der Höhe nach beliefen sich die danach vorzunehmenden Hinzurechnungen auf die von der Klägerin für die Konten 1 und 2 ermittelten, am jeweiligen Bilanzstichtag nicht mehr aktivierten Fremdkapitalzinsen und Bearbeitungsgebühren von 20.297,28 € (2011), 3.495,92 € (2012) und 120.379,06 € (2013). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bp.-Bericht vom 08.01.2016 Bezug genommen.

Zwischen den Beteiligten ist dem Grunde und der Höhe nach unstreitig, dass es sich bei den vorgenannten Beträgen um Finanzierungsaufwendungen im Zusammenhang mit der Herstellung von in den Streitjahren verwirklichten Bauobjekten der Klägerin handelte, die im jeweiligen Jahr der Fertigstellung noch vollumfänglich auf den Zeitraum der Herstellung der Objekte entfielen.

Das Finanzamt D folgte der Auffassung der Bp. und erließ unter dem 13.04.2016 entsprechend nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2011 bis 2013, in denen es die o.g. Beträ...

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