Tz. 175

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Wenn sich Sachverhalte und Umstände mindestens eines der drei Elemente der Beherrschung geändert haben könnten, hat ein Investor zu überprüfen, ob er weiterhin Beherrschung über das Beteiligungsunternehmen ausübt (IFRS 10.8, IFRS 10.B80). Mögliche Indikatoren können sich beziehen auf:

  • Verfügungsgewalt:

    • Veränderung der Anteilsquoten/Stimmrechte am Beteiligungsunternehmen durch den Investor oder andere Parteien (hierzu gehören auch Transaktionen zwischen Dritten);
    • potenzielle Stimmrechte wurden gewährt, sind verfallen oder sind nicht mehr bzw. werden substanziell;
    • die Struktur des Beteiligungsunternehmens, vor allem Entscheidungsbefugnisse werden geändert, zB durch zusätzliche Verträge (IFRS 10.B81);
    • Insolvenzantrag des Beteiligungsunternehmens (vgl. auch Tz. 102, 153 und 178);
    • Restrukturierung, vor allem der Verbindlichkeiten;
    • geändertes Abstimmungsverhalten oder Teilnahme an Hauptversammlungen;
    • Ausübung von Rechten durch Dritten;
  • Beteiligung an oder Anspruch auf schwankende Renditen:

    • Kündigung eines Vertrags, leistungsabhängige Vergütungen zu erhalten (IFRS 10.B83);
  • Verknüpfung zwischen Verfügungsgewalt und schwankenden Renditen:

    • Veränderung von Entscheidungsbefugnissen bei delegierten Rechten (IFRS 10.B84), dies gilt auch für Änderungen in den Marktbedingungen, die dazu führen, dass sich Ausmaß und Variabilität der Renditen verändern und der Entscheidungsträger nun als Prinzipal handelt (vgl. Tz. 155 ff.).
 

Tz. 176

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Dies kann dazu führen, dass das Beteiligungsunternehmen bei einem Konzernabschluss Bestandteil, beim nächsten Konzernabschluss aber nicht mehr Bestandteil des Konzerns ist. Sofern sich die Sachverhalte und Umstände allerdings nicht ändern, ist nicht zu erwarten, dass sich die Einschätzung zur Beherrschung des Beteiligungsunternehmens ändert. Angenommen ein Investor hat bspw. einen neuen Fonds aufgesetzt und diesen zunächst vollständig mit finanziellen Mitteln ausgestattet; zudem hat der Investor die Rolle des Fondsmanagers übernommen. Mit Einwerbung weiterer Investoren sinkt nun sein Anteil am Fonds beständig und der Investor wird in seiner Rolle als Fondsmanager vielmehr als Agent für sämtliche Investoren tätig. Dies führt dazu, dass er seine anfängliche Beherrschung verliert, da er zwar noch über Verfügungsgewalt als Fondsmanager verfügt, diese aber als Agent ausübt, und der Fonds nun zu endkonsolidieren hat (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 6, Abschn. 9).

 

Tz. 177

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Änderungen der Marktbedingungen führen regelmäßig nicht dazu, dass sich die Einschätzung der Beherrschung oder des Status als Prinzipal oder als Agent ändert, da Beherrschung grundsätzlich auf Rechten beruht und die Einschätzung, ob Rechte substanziell sind, auf einer Vielzahl von Indikatoren und Beurteilungen beruht, die nicht nur durch Marktbedingungen beeinflusst werden. Gemäß IFRS 10.B85 können geänderte Marktbedingungen Einfluss auf die Beurteilung der Beherrschung haben, wenn sich eines der drei Elemente der Beherrschung ändert oder die Beziehung zwischen Agent und Prinzipal geändert wird. So führen geänderte Marktbedingungen häufig lediglich dazu, dass sich die Höhe oder Zusammensetzung schwankender Renditen ändert, nicht jedoch, dass ein Anrecht auf schwankende Renditen gänzlich entfällt. Veränderte Marktbedingungen können aber dazu führen, dass sich die Höhe der Vergütung des Entscheidungsträgers innerhalb einer Prinzipal-Agenten-Beziehung ändert und der Entscheidungsträger nun als Prinzipal handelt. Ebenso können geänderte Marktbedingungen dazu führen, dass Optionen auf Stimmrechte nun nicht mehr im Geld sind, sondern weit aus dem Geld sind und daher die Ansprüche nicht mehr als substanziell anzusehen sind (vgl. Tz. 77 ff.). Dies kann zu einer Neueinschätzung der Verfügungsgewalt und damit der Beherrschung über das Beteiligungsunternehmen führen, bei der neben diesen Marktänderungen stets sämtliche Faktoren und Umstände zu berücksichtigen sind.

 

Tz. 178

Stand: EL 51 – ET: 10/2023

Ein Insolvenzantrag oder die Restrukturierung von Finanzierungen führen üblicherweise zur Notwendigkeit, die Beherrschung erneut zu beurteilen. Beispielsweise sei angenommen, dass ein Kreditgeber über das Recht verfügt, die Veräußerung bestimmter Vermögenswerte zu veranlassen, wenn der Kreditnehmer seinen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann. Bei der erstmaligen Einschätzung von Beherrschung sei dieser Kreditgeber zu der Einschätzung gekommen, dass es sich lediglich um ein Schutzrecht handelt, da die Nichtbedienung des Kredits nur ein außerordentliches Ereignis darstellen wird. Die Beherrschung wird in diesem Fall nicht durch dieses vertragliche Recht, sondern vielmehr durch die Stimmrechte der Anteilseigner determiniert. Wird der Kreditnehmer nun allerdings säumig, kann sich dieses Veräußerungsrecht in ein Recht wandeln, das dem Kreditgeber relevante Entscheidungsbefugnisse einräumt. Beispielsweise stellt der Bruch von Covenants, durch die Rechte erstmali...

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