Veränderung ist die einzige Konstante – das gilt auch und besonders in der Architektur.
Mit dieser Grundhaltung eröffnete Martin Reuter, Managing Director von ingenhoven associates, seinen Vortrag auf der Strategie & Transformations-Konferenz von Horváth. Ingenhoven associates ist ein international renommiertes Architekturbüro mit Sitz in Düsseldorf, das für seine wegweisenden, nachhaltigen und oft „grünen“ Gebäudeprojekte bekannt ist. Das Büro setzt sich seit Jahrzehnten für innovative und zukunftsfähige Architektur ein, die ökologische, soziale und technologische Aspekte miteinander verbindet. Reuter zeigte, wie die Architekturbranche im Spannungsfeld von Klimakrise, gesellschaftlichem Wandel und technologischem Fortschritt immer wieder neue Antworten finden muss – und warum nachhaltiges Bauen heute mehr denn je zur Pflicht geworden ist.
Verantwortung und Chance: Eine Branche im Wandel
Die Bau- und Immobilienwirtschaft sowie die Materialherstellung zählen weltweit zu den größten Verursachern von CO₂-Emissionen. Für Martin Reuter steht außer Frage: Die Branche trägt eine immense Verantwortung, Emissionen zu vermeiden, zu reduzieren und letztlich zu dekarbonisieren. Regulatorische Vorgaben wie die EU-Taxonomie schaffen hierfür den Rahmen und beschleunigen den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit. Doch Reuter sieht darin nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine große Chance für Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt – Aspekte, die er in seiner Unternehmensstrategie konsequent verfolgt.
Nachhaltigkeit als Leitbild: Supergreen und gesellschaftlicher Mehrwert
Das Leitbild von ingenhoven associates lautet: „Supergreen“. Es steht für einen radikalen, aber pragmatischen Minimalismus, der das Beste aus allen Systemen vereint und Nachhaltigkeit stets ins Zentrum stellt – verbunden mit sozialer Verantwortung. Reuter betont, dass nachhaltige Architektur nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. Internationale Projekte, etwa in Australien, Tokio und Singapur, zeigen, dass sich Investitionen in nachhaltige Bauweisen langfristig für Umwelt, Nutzer und Investoren gleichermaßen auszahlen. Im Hinblick auf das 2-Grad-Klimaziel setzt ingenhoven associates auf Verdichtung und Begrünung sowie Hochbau und Urban Jungle als Zukunftsmodell. Begrünte Fassaden, Dachgärten und die Vernetzung von Grünflächen sind dabei zentrale Elemente.
Zukunftsfähige Architektur setzt auf Kreislaufwirtschaft („Cradle to Cradle“), Low-Tech-Lösungen und Net-Plus-Energy-Projekte. Es geht darum, Ressourcen zu schonen, Einfachheit zu fördern und Gebäude so zu gestalten, dass sie flexibel und anpassbar bleiben – für die Herausforderungen von Klima, Urbanisierung und Arbeitswelt.
Transformation und Innovation: Bestehendes neu denken
Transformation bedeutet für Reuter, Bestehendes zu hinterfragen und neu zu nutzen. Viele Projekte setzen auf die Umnutzung und Weiterentwicklung bestehender Gebäude, um Ressourcen zu schonen und neue Chancen zu eröffnen. „Transform Space“ steht dabei für Erholungsräume in, um, auf und unter Gebäuden – Orte, die zum Verweilen und Begegnen einladen und so einen echten Mehrwert für die Gesellschaft schaffen. Auch die Arbeitswelt hat sich durch die Pandemie verändert. Reuter zeigt, wie Architektur dazu beitragen kann, Mitarbeitende wieder ins Büro zu bringen und neue, flexible Arbeitswelten zu gestalten. Dabei geht es nicht nur um Gebäude, sondern um Räume, die Kreativität, Austausch und Wohlbefinden fördern. Technologie wie künstliche Intelligenz und Hyperautomatisierung sind wichtige Werkzeuge für die Planung und Umsetzung moderner Architektur, doch für Reuter bleibt der Mensch der entscheidende Dirigent des Prozesses. Technologie unterstützt – aber Kreativität, Empathie und Verantwortung kann sie nicht ersetzen.
Reuter gab den Teilnehmenden der Konferenz vier zentrale Empfehlungen für eine erfolgreiche Transformation mit auf den Weg:
- Klare Vision und Werte - Eine Transformation benötigt ein klares Leitbild, das Nachhaltigkeit, Innovation und gesellschaftliche Verantwortung in den Mittelpunkt stellt.
- Ganzheitlicher Ansatz - Die Verbindung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten ist entscheidend, um nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen zu schaffen.
- Flexibilität und Bereitschaft zum Umdenken - Bestehende Strukturen müssen hinterfragt und neue Wege beschritten werden – sei es durch Umnutzung, Kreislaufwirtschaft oder innovative Technologien.
- Partizipation und Menschlichkeit - Technologie ist nur ein Werkzeug. Der Mensch mit seiner Kreativität, Empathie und Verantwortung bleibt der zentrale Treiber jeder erfolgreichen Transformation. Nur durch die Einbindung aller Beteiligten entstehen wirklich nachhaltige Veränderungen.
Der Vortrag von Martin Reuter machte deutlich: Transformation ist in der Architektur kein Ausnahmezustand, sondern Daueraufgabe. Mit Mut zu Innovation, einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung kann die Branche nicht nur Gebäude, sondern die Gesellschaft selbst positiv verändern.