Advanced Analytics bei BOSCH

Der Einsatz von Advanced Analytics: Wie erschließt man die nötigen Daten? Wieviel kann die „Maschine“ und wofür braucht man noch den Menschen? Björn Reitzenstein, Senior Manager Finance Transformation, stellt die Digitalisierung der Finanzfunktion, das Datenmanagement sowie konkrete Anwendungen der Datenanalyse bei der BOSCH-Gruppe vor.

Roadmap: Digitalisierung braucht ein klares Zielbild

Basis der zukünftigen Aktivitäten in der Finanzfunktion bei BOSCH ist eine ausgearbeitete Roadmap – mit Fokus Digitalisierung. Darin sind alle betroffenen Themenfelder aufgeführt, vom Steuerungsmodell über die Mitarbeiter bis hin zur Ausgestaltung der Governance.

Essentiell an der Roadmap ist bereits zu Beginn eine klare Zielvorstellung der einzelnen Pfade zu haben. Entlang der Pfade findet eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Detailierung der Initiativen statt.

Advanced Analytics kann nur mit einer umfassenden Datenbasis funktionieren

Der umfassende Datenbestand ist durch den Aufbau eines Data Lake ermöglicht worden. Hier sind der Großteil der bei Bosch im Einsatz befindlichen ERP-Systeme angeschlossen. Ergänzt durch eine zentrale Governance und Datenbereitstellung werden Diskussionen bzgl. Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit von Daten erst gar nicht ermöglicht. Auf diesem Wege ist es gelungen eine übergreifende „Single source of truth“ aufzubauen.

Zudem ist über die Zeit der Wandel zu einem ganzheitlichen Reportingverständnis gelungen. Weg vom klassischen Excel Einsatz wird in zwei verschiedene Bereiche unterschieden:

  1. Business Analytics zur Bereitstellung von deskriptiven Auswertungen sowie der Durchführung von Detailanalysen
  2. Advanced Analytics, was den Einsatz von Methoden mit Zukunftsausrichtung (predictive) umfasst sowie der datengetriebenen Identifikation von möglichen Handlungsfeldern (prescriptive)

Business Analytics: Dashboards und „Process Mining“ sind fester Bestandteil

Der Einsatz von Dashboards ist bereits in vielen Unternehmen gängiger Standard, so auch bei BOSCH. Über alle Business Units hinweg steht ein einheitliches Top Management Reporting zur Verfügung, welches einen starken Self-Service Charakter hat und umfassende Analysepfade im Standard mit anbietet. Die initialen Zielsetzungen der nutzerspezifischen Informationsversorgung und einem Präsentationsmodus losgelöst von Power Point wurden vollumfänglich erfüllt. 

Der Einsatz von Process Mining zur Analyse der bestehenden Prozesslandschaft ist im direkten Vergleich deutlich weniger verbreitet. Der Einsatz bei BOSCH zielt klar auf die Visualisierung komplexerer Prozesse ab, um Optimierungspotenziale abzuleiten:

  1. Reduktion von Durchlaufzeiten
  2. Minimierung von Prozessvarianten

Darüber hinaus werden die Ergebnisse ebenfalls als Anhaltspunkt für den Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) genutzt. Jeder Bruch in der automatisierten Prozesskette bietet einen möglichen Anhaltspunkt für den Einsatz von RPA. 

Advanced Analytics: Auf dem Vormarsch, es fehlt aber noch an Vertrauen

Im Bereich der Advanced Analytics geht es im Kern darum Aufgaben durch „Maschinen & Algorithmen“ durchführen zu lassen, die der Mensch aufgrund der Komplexität nicht mehr ganzheitlich erfassen kann. Man wendet sich konkret von reinen Expertenschätzungen und zielt auf eine faktenbasierte Entscheidung bzw. Informationsversorgung ab. Neu in diesem Vorgehen ist, dass diese Entscheidung auf Basis einer fundierten Datenlage und nicht wie bisher auf Erfahrungswerten oder Bauchgefühl der Experten getroffen werden. Die konkrete Umsetzung erfolgt aber weiterhin durch den Experten.

Predictive Advanced Analytics: Prognosen sollen zukünftig ohne Experten möglich sein

Im Bereich „predictive“ wurde zur Verbesserung der Umsatzprognose ein komplexer Algorithmus entwickelt und eingeführt. Der Output beschränkt sich dabei nicht nur auf die Prognose des Umsatzes einer aggregierten Ebene, zusätzlich ist ein drill-down in unterschiedliche Dimensionen, wie z.B. Business Unit, Erzeugnisklasse usw. möglich. Erste Ergebnisse seit der Einführung in 2018 haben bereits gezeigt, dass der Algorithmus bessere Ergebnisse hervorbringt als die Einschätzungen der Experten. Die Ablösung der Expertenprognose wird weiter vorangetrieben und erfolgt, sobald im Management eine breitere Akzeptanz sowie ein hohes Vertrauen in die Algorithmen erreicht ist.

Prescriptive Advanced Analytics: Ergebnisse müssen auch in Zukunft von Experten bewertet werden

Zur Ursachenforschung im Net Working Capital wird ein BI-Tool eingesetzt, welche datengetrieben Verbesserungspotenziale identifiziert. So wurden explizit die Prozesse "order2cash" und "purchase2pay" unter die Lupe genommen. Dazu wurden die Rohdaten automatisch analysiert. In der Analyse werden Bewegungsdaten automatisch selektiert, auf statistische Abhängigkeiten und Patterns analysiert. Als Ergebnis erhält man vom System gefundene Verbesserungsvorschläge, die dazu dienen die Prozesse besser zu analysieren und zu optimieren. Die aufgeworfenen Ergebnisse sind allerdings nicht überschneidungsfrei und auch nicht fachlich validiert. Der generierte Output ist als Ansatzpunkt zu verstehen und muss von den Experten ganzheitlich bewertet werden. Um genau diesem Ansatz zu entsprechen ist eine zentrale Einheit etabliert worden, welche die Analysen durchführt und im Nachgang mit einen cross-funktionalen Gremium diskutiert. Der große Vorteil ist, dass einige der vorgeschlagenen Verbesserungen aufgrund der Komplexität ansonsten gar nicht zum Vorschein gekommen wären.

Am Einsatz von Advanced Analytics führt kein Weg vorbei

Die Ausführungen haben verschiedene Aspekte beim Einsatz von Advanced Analytics aufgezeigt. Zum einen bieten die Algorithmen und Softwareprodukte Einblicke, die man sonst nicht gewonnen hätte oder sind oftmals besser als eine menschliche Einschätzung. Dennoch führt am Faktor Mensch noch kein Weg vorbei. Es gilt Vertrauen in eine neue Art von Arbeit zu schaffen und zu verstehen, wo Advanced Analytics einen Mehrwert schaffen kann.

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Schlagworte zum Thema:  Analytics, Reporting, Big Data