Bosch nutzt diese Kennzahlen für digitale Geschäftsmodelle

Während andere Unternehmen noch analysieren, setzt Bosch die Digitalisierung bereits konzernweit um. Das praktische Vorgehen bezüglich neuer Geschäftsmodelle, agiler Organisation und Qualifikation der Controller stellte ein Congress-Highlight dar. Konkret stellte Prof.  Stefan Asenkerschbaumer das Kennzahlen-Set für digitale Projekte und die Schwerpunkte der Controller-Weiterbildung vor.  

Die Agenda des Bosch-CFOs 

Trends wie Individualisierung und Kundenorientierung bestimmen Gegenwart und Zukunft vieler Unternehmen. Sie müssen nicht nur begleitet, sondern auch hinreichend bewertet werden. In seiner Key Note erläuterte Prof. Dr. Stefan Asenkerschbaumer (stellv. Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH) die veränderten Rahmenbedingungen im Controlling am Beispiel der Bosch Gruppe. Dabei sieht er seinen Finanzbereich vier Herausforderungen ausgesetzt, denen sich auch das Controlling widmen muss: Agilität, Kompetenz als Business Partner, Zukunftsfokussierung und Maßnahmenfokussierung. Diese Kernherausforderungen führen zu einer Reihe an Themen, die auf der Agenda der CFOs sehr weit oben stehen:

  • Analyse,
  • Kennzahlen,
  • Zusammenwachsen von Finanzen und Controlling,
  • Shares Services,
  • Agilität und
  • Ausbildung und Enablement.

Standardisierung und Homogenisierung der Daten als Voraussetzung für eine gute Analyse

Ein Bestandteil der digitalen Transformation ist das Internet der Dinge (IoT). Laut Asenkerschbaumer wird dieses alle Lebensbereiche verändern, damit auch die Bosch Gruppe. So sollen ab 2020 alle ausgelieferten Bosch-Produkte vernetzt sein, ab 2025 sollen alle Produkte über „Intelligenz“ verfügen. Durch diese Vernetzung aller Produkte miteinander und der einzelnen Unternehmensbereiche untereinander stehen Bosch – wie anderen Unternehmen – immer mehr Daten zur Verfügung. Um diese Daten nutzen zu können, sind Standardisierung und Homogenisierung eine unverzichtbare Voraussetzung. Um dies gewährleisten zu können, hat Bosch neue Funktionalitäten im Datenmanagement eingeführt, die eine Nutzung fast in Echtzeit erlauben. Eine dieser Funktionalitäten ist bspw. die skalierbare, automatisierte Integration und Verknüpfung von Rohdaten die verschiedensten Organisationsbereiche hinweg. Aufgrund der transparenten Verarbeitungssystematik (Data Governance) fallen auch die Diskussionen über die Datenkorrektheit weg.

Monetarisierungsstrategien für die neuen Geschäftsmodelle

Mit dem Boom der sozialen Medien haben sich auch die Geschäftsmodelle grundlegend verändert. Der Käufer wird zum Nutzer, zahlt allerdings nicht direkt für den in Anspruch genommenen Service (z.B. Facebook). Die Bezahlung erfolgt indirekt über die zur Verfügung gestellten Nutzungs- und Nutzer-Daten. Eine Monetarisierung des Services erfolgt erst durch einen Dritten (z.B. Werbepartner, der personalisierte Werbung schaltet). Der Umsatz wird dementsprechend erst erzielt, wenn genügend Nutzer gewonnen wurden. Am Beispiel von Amazon erläuterte der Referent die Nutzung verschiedenster Monetarisierungsstrategien auf Basis derselben Nutzer.

Zu Beginn wird deshalb eine wachsende Nutzerzahl angestrebt, anschließend die Implementierung einer Monetarisierungsstrategie. Dabei müssen sich Unternehmen nicht nur auf eine Strategie festgelegen. Bezogen auf das Controlling stellt vor allem der anfänglich sehr hohe Cash-Bedarf ein Problem dar. Dr. Asenkerschbaumer stellte als Lösung die Steuerung nach drei Phasen jeweils mit den entsprechenden Kennzahlen zu Nutzern (N), Partnern (P) und Entwicklern (E) vor. 

  1. In der ersten Phase stehen die Erstellung eines „Minimum Viable Product“ und die Plausibilisierung des Geschäftsmodells im Vordergrund. 
  2. In der zweiten Phase folgen die Skalierung der Nutzer und die Kostenverfolgung. In dieser Phase werden zudem neue KPIs für entwickelt.
  3.  In der dritten und letzten Phase beginnt die Monetarisierung. Nun kommen sowohl klassische als auch neue KPIs zum Einsatz, um die Rentabilität der Geschäftsmodelle hinreichend prüfen und steuern zu können.

„Neue“ Kennzahlen für die neuen Geschäftsmodelle 

Bosch setzt dazu in den Phasen 2 und 3 die folgenden Kennzahlen ein:
Kundengewinnung

  • Visits (N, P, E)
  • Weiterempfehlungsquote (N, E) 
  • Akquisitionskosten (N, P, E)
  • Absprungrate/Bounce Rate (N, P, E)
  • Cost-per-Click (N)

Konversion

  • Konversionsrate (N. P, E)
  • Return on Advertising Spending/ROAS (N. P, E)

Kundenbindung

  • Online-Bewertung (N, E)
  • Kunde-/Stammkunde-Umwandlungsrate (N, P, E)
  • Monthly Returning Revenue/MRR (N, P, E)
  • Customer Lifecycle Value/CLV (N, P, E)

Agile Transformation auf allen Ebenen

Agilität ist eines der populärsten Buzzwords in den Diskussionen zur Digitalisierung. Agilität bedeutet eine schnelle Anpassung von „Lösungen“ aller Art mit klarem Kunden-Fokus. 
Damit ein Unternehmen zur agilen Organisation werden kann, ist es wichtig, bei den Mitarbeitern im ersten Schritt ein agiles Mindset zu schaffen. Darauf aufbauend können agile Teams gebildet werden. Hierzu dienen Methoden wie Scrum, die Mitarbeitern, auch im Controlling, neue Freiräume geben. 
Der Referent betonte, dass Agilität bei den Führungskräften anfängt, da sie für die Steuerung der agilen Transformation auf allen Ebenen verantwortlich sind. Demzufolge sind auch sie es, die entsprechende Freiräume zur Verfügung stellen müssen. Für Führungskräfte im Speziellen bedeutet das, die Kunst des Loslassens und Vertrauens zu beherrschen.

Der Controller der Zukunft 

Schon oft wurde über die Rollenveränderung des Controllers zum Business Partner gesprochen. Doch wie qualifiziert man einen Business Partner überhaupt? Stefan Asenkerschbaumer zeigte die vier wesentlichen Schritte auf: 

  1. Anpassung der Ausbildung
  2. Berufsbegleitende Weiterbildung
  3. Wechsel zwischen Disziplinen
  4. Laufende Lernbereitschaft

Um Business Partner werden zu können, müssen Controller bestimmte Kompetenzen mitbringen und erlernen:

  • ein tiefes Verständnis des operativen Geschäftes und auch (neuer) Geschäftsmodelle
  • umfassende Kenntnis der Wertschöpfungskette und ihrer Schnittstellen
  • ausgeprägte methodische und analytische Kompetenzen (wegen der voranschreitenden digitalen Transformation)
  • Denken in Prozessen
  • fundiertes Technikwissen
  • Kenntnisse in IT, Künstlicher Intelligenz und dem Datenmanagement sowie
  • vor allem Kommunikationsfähigkeiten und interkulturelle Kompetenzen, um Veränderungsnotwendigkeiten für jeden verständlich und klar darstellen zu können.

Die Verantwortung für das Erlernen der neuen Kompetenzen liegt allerdings nicht alleine beim Controller, sondern auch bei den Unternehmen, die entsprechende Angebote für Schulungen  bereitstellen müssen.
Stefan Asenkerschbaumer beendete seinen Vortrag mit Erinnerung daran, dass es alles zu tun gelte, um den Blick für die Zukunft zu schärfen.