Rz. 1

Stand: EL 137 – ET: 03/2024

Der Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn für eine gesetzliche Differenzierung ein sachlich einleuchtender Grund nicht vorhanden ist und deshalb die Gesetzesnorm als willkürlich bezeichnet werden muss (BVerfG 25, 101 = BStBl 1969 II, 253). Das gilt sowohl für ungleiche Belastungen, als auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG 79, 1 = BGBl 1989 I, 187). Nähere Maßstäbe und Kriterien lassen sich nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl BVerfG 75, 108) abstrakt und allgemein zwar nicht präzisieren, der Gleichheitssatz ist aber stets dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl BVerfG 1, 14; BVerfG 89, 132).

Im Steuerrecht hat der Gesetzgeber aber einen weiten Entscheidungsspielraum, vgl zB BFH 242, 44 = BStBl 2013 II, 812 zur > Entfernungspauschale. Auch die Begrenzung der Steuerbefreiung für die Vorteile aus der privaten Nutzung betrieblicher PC und Telekommunikationsgeräte (> Telekommunikationskosten Rz 5 ff) auf ArbN verletzt nach Sicht der Rechtsprechung nicht den Gleichheitssatz (BFH 214, 223 = BStBl 2006 II, 715; kritisch indes zB Hilbert, NWB 2012, 2600). Ebenso wenig die Gewährung des > Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nur für Stpfl, die nicht die Voraussetzungen für eine > Zusammenveranlagung erfüllen (Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 22.05.2009, BStBl 2009 II, 884).

 

Rz. 2

Stand: EL 137 – ET: 03/2024

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG wird das Gebot der Steuergerechtigkeit abgeleitet. Für den Bereich der ESt muss der Gesetzgeber bei der Bestimmung der Sachverhalte, an die er bestimmte Rechtsfolgen knüpft und die er als rechtlich gleich qualifiziert, das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit beachten. Stpfl mit gleicher Leistungsfähigkeit sind gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergleichheit) und bei der Besteuerung von Stpfl mit unterschiedlich hoher Leistungsfähigkeit muss die unterschiedliche Steuerlast in einem angemessenen Verhältnis (vertikale Steuergerechtigkeit) zueinander stehen (BVerfG 43, 108; 43, 120; ergänzend BVerfG 2 BvL 17/99, BStBl 2002 II, 618 = DB 2002, 557 [zur Besteuerung der > Alterseinkünfte bis VZ 2004]; BVerfG 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BStBl 2003 II, 534 = DB 2003, 860 [zur Zweijahresfrist bei der > Doppelte Haushaltsführung]). Darüber hinaus muss der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines steuerlichen Tatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig umsetzen (vgl BVerfG 99, 88 – der völlige Ausschluss der Verlustverrechnung bei laufenden > Einnahmen aus der Vermietung beweglicher Gegenstände verstößt gegen den Gleichheitssatz). Durch das Gebot der Folgerichtigkeit ist der Gesetzgeber zwar nicht gehindert, nichtfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen. Diese rechtfertigen eine abweichende steuerliche Be- oder Entlastung jedoch nur dann, wenn sie erkennbar von der legislativen Entscheidung getragen werden (vgl BVerfG 93, 121 – die unterschiedliche steuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen bei der Vermögensteuer ist mit dem Gleichheitssatz unvereinbar; BVerfG 99, 280 – Verfassungswidrigkeit der Regelung über steuerfreie > Aufwandsentschädigungen für ins > Beitrittgebiet entsandte Bundesbedienstete).

 

Rz. 3

Als Ausdruck des Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und der folgerichtigen Umsetzung (> Rz 2) muss die Besteuerung das > Nettoprinzip beachten. Die > Bemessungsgrundlage muss im Hinblick auf die > Einnahmen und die damit zusammenhängenden > Erwerbsaufwendungen (> Werbungskosten oder > Betriebsausgaben) den wirtschaftlichen Vorgang folgerichtig abbilden. Ausnahmen davon bedürfen eines sachlichen Grundes (vgl BVerfG 99, 280 = BStBl 1999 II, 502). Der Gesetzgeber muss jedoch nicht allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung tragen, sondern er ist insbesondere zur Regelung von Massenerscheinungen befugt, eine realitätsgerechte > Typisierende Betrachtungsweise anzulegen (vgl BVerfG 101, 297 = BStBl 2000 II, 162 zum häuslichen > Arbeitszimmer). Er darf darüber hinaus missbräuchlichen Umgehungen einer Steuernorm (> Steuerumgehung) bereits durch die Tatbestandsgestaltung vorbeugen. Daraus folgt jedoch, dass grundsätzlich nicht besteuert werden darf, was der ArbN für die Ausübung seines Berufs als > Werbungskosten ausgibt, (zB BFH 201, 156 = BStBl 2003 II, 403). Ergänzend > Bundesverfassungsgericht, > Nettoprinzip, > Rechtsstaatsprinzip.

 

Rz. 4

Zum Verbot einer > Diskriminierung vgl ebenda und > Gleichbehandlungsgebot.

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