Zurück in die Zukunft – 5 Argumente, mit denen du deine Geschäftsleitung überzeugst


Nachhaltigkeit: 5 gute Argumente für die Geschäftsleitung

Auch ohne strikte Regulierung bleibt nachhaltiges Handeln ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, meint Alexander Kraemer. In dieser Kolumne nennt er die fünf besten Argumente für Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsstrategie auch in Zeiten der neuen Freiwilligkeit fortzusetzen.

Willkommen im Jahr 2025, in dem Nachhaltigkeit wieder „freiwillig“ wird. Fast so wie Anfang der 2000er Jahre, als ein Umweltbeauftragter, ein grüner Imagefilm und ein bisschen Altpapiertrennung als Engagement durchgingen.

Was ist passiert? Der Regulierungsturbo stottert. Der Omnibus-Entwurf der EU bringt Unruhe in die CSRD-Landschaft. Kleinere Unternehmen könnten herausfallen, Berichtspflichten werden aufgeweicht – und plötzlich fragen sich viele: Müssen wir das überhaupt noch machen? Das kostet doch nur und bringt nichts.

In den letzten Wochen habe ich viele Gespräche geführt – mit Nachhaltigkeitsmanager:innen, ESG-Berater:innen, Softwareanbietern. Die Stimmung ist angespannt. Projekte werden auf Eis gelegt, Budgets gekürzt, Teams aufgelöst. Und der Satz, der am häufigsten fällt: „Lassen Sie uns abwarten, wie sich das entwickelt.“

Aber du willst nicht abwarten. Du willst nicht zurück in die Zeit der Symbolpolitik. Du willst, dass Nachhaltigkeit im Unternehmen eine strategische Bedeutung behält – auch ohne regulatorische Keule.

Hier sind fünf starke Argumente, mit denen du deine Geschäftsleitung vom Weitermachen überzeugst. Ganz ohne Pflichtgefühl.

1. Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern Risikoabwehr

Globale Lieferketten, Ressourcenknappheit, geopolitische Spannungen: Unternehmen, die vorausschauend und verantwortungsvoll wirtschaften, sind langfristig robuster aufgestellt. Wer Risiken kennt und vorbereitet ist, kann flexibel reagieren. Und genau das ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Über viele Jahre wurden Lieferketten auf maximale Effizienz und punktgenaue Just-in-time-Lieferungen getrimmt. Doch ein Hochwasser, ein liegen gebliebener Frachter, eine Dürre oder politische Instabilität können alles ins Wanken bringen. Vorausschauendes Handeln – ganz im Sinne eines ehrbaren Kaufmanns – minimiert Risiken und stärkt die Handlungsfähigkeit.

Das bedeutet auch: Die Rolle der Nachhaltigkeitsverantwortlichen wandelt sich erneut – vom datengetriebenen Reporting-Profi hin zum Risiko- und Foresight-Spezialisten.

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2. Investoren und Banken bleiben anspruchsvoll – auch ohne Pflicht

Auch wenn die Regulierungen ins Wanken geraten: Die Finanzwelt bleibt stabil anspruchsvoll. Investoren, Banken und Ratingagenturen arbeiten längst mit eigenen ESG-Kriterien. Viele europäische Banken sind hier bereits sehr weit und nutzen Nachhaltigkeitsdaten aktiv zur Risikobewertung.

Wer keine ESG-Informationen liefern kann oder schlecht abschneidet, bekommt schlechtere Finanzierungskonditionen oder fliegt aus dem Portfolio. Und das völlig unabhängig davon, was gerade in Brüssel passiert.

3. Purpose, aber zielgruppengerecht – nicht zu „woke“

Nachhaltigkeit ist längst ein Thema der Arbeitgeberattraktivität – aber eben nicht für alle Zielgruppen gleich. Während jüngere Generationen nach Sinn, Wirkung und Werten fragen, ruft das Thema bei Teilen der „alten Garde“ eher Stirnrunzeln oder offene Abwehr hervor.

Hier ist Kommunikation gefragt. Nachhaltigkeitsverantwortliche müssen in der Lage sein, dieselben Inhalte unterschiedlich zu verpacken. Für die einen sprechen wir über „Purpose“, für die anderen über „guten Arbeitgeber“, „Wettbewerbsvorteile“ oder „Lieferkettenstabilität“.

Eines bleibt gleich: Wer verantwortungsvoll mit seinen Mitarbeitenden und Partnern umgeht – intern wie extern – wird langfristig belohnt. Denn auch das spricht sich herum.

4. Es wird wieder verpflichtend – versprochen

Die aktuelle Debatte rund um den Omnibus-Entwurf ist keine Abkehr von Nachhaltigkeit, sondern eine Verzögerung. Wer glaubt, damit sei alles erledigt, unterschätzt die Dynamik der globalen Entwicklung.

Die regulatorischen Anforderungen werden zurückkommen – vielleicht überarbeitet, vielleicht in Etappen. Aber sie werden ganz sicher nicht dauerhaft abgeschafft. Wer jetzt dranbleibt, spart sich später hektische Aufholjagden, Nachschulungen und Kriseneinsätze. Wer aus Überzeugung handelt, ist besser vorbereitet, wenn die nächste Welle kommt.

5. Die Klimakatastrophe wartet nicht auf Regulierung

Die Erderwärmung pausiert nicht, nur weil Brüssel gerade eine Denkpause einlegt. Extremwetter, Wasserknappheit, Biodiversitätsverluste und wirtschaftliche Folgekosten schreiten weiter voran.

Unternehmen, die heute Verantwortung übernehmen, handeln nicht nur moralisch richtig, sondern wirtschaftlich klug. Wer Risiken erkennt und gezielt in Resilienz investiert, sichert sein Geschäftsmodell langfristig ab.

Jetzt kommt das Thema „Transitionspläne“ ins Spiel. Es geht darum zu verstehen, wo das Unternehmen heute steht, welche Klimarisiken auf das Geschäftsmodell wirken – und mit welchen Investitionen sich die großen Hebel bedienen lassen.

Nicht um gut dazustehen, sondern um handlungsfähig zu bleiben in einer Welt im Wandel. Nachhaltigkeit ist keine Kür, sondern die betriebswirtschaftliche Risikoversicherung der Zukunft.

Fazit: Wir müssen die wirtschaftliche Relevanz von Nachhaltigkeit aufzeigen

Jetzt gilt es, die richtigen Fragen zu stellen. Vielleicht sogar mal unangenehm zu werden – ohne zu drohen oder den Untergang zu beschwören. Es ist ernst. Und deshalb müssen wir die Dringlichkeit und die wirtschaftliche Relevanz von Nachhaltigkeit deutlich machen. Geld versteht schließlich jede Geschäftsleitung.

Was mir diese Zeit besonders zeigt: Wie wenig nachhaltig unser Nachhaltigkeitsmanagement bisher war. Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Jetzt sehen wir, welche Unternehmen es ernst meinen – und welche nur mitgemacht haben, solange es Pflicht war.

Betrachte diese fünf Argumente als Diskussionsgrundlage. Ergänze sie, verbessere sie, baue darauf auf. Es sollte uns als Nachhaltigkeitsmanager:innen egal sein, ob gerade eine Regulierung gilt oder nicht. Nachhaltige Unternehmen haben mehr Chancen am Markt, sind resilienter aufgestellt und werden langfristig besser dastehen.

Ich bin gespannt, welche Argumente ihr noch habt.

Euer

Alex Kraemer