Nachhaltig im Wandel: Pahlke Schaumstoffe

Biogas, Ökostrom, optimierte Prozesse: Das Unternehmen Oskar Pahlke tut sehr viel, um nachhaltig zu wirtschaften. Es gibt da allerdings eine Riesenherausforderung: der Stoff, auf dem das Geschäftsmodell beruht.

Das rund 74 Köpfe starke Unternehmen Oskar Pahlke im rheinland-pfälzischen St. Katharinen – eine Gemeinde mit rund 3.500 Einwohnern – verarbeitet Schaumstoffe für gewerbliche Kunden. Pahlke arbeitet mit Ökostrom, Biogas und Solarenergie, die Beleuchtung ist auf LED umgestellt, bei der Auswahl von Firmenfahrzeugen sind die CO2-Emissionen ein wichtiges Kriterium. Vor gut drei Jahren fiel der Entschluss, beim nachhaltigen Engagement nochmal eine Schippe draufzulegen und dafür auch Geld in die Hand zu nehmen. Unter anderem wurde die Stelle der Nachhaltigkeitsbeauftragten geschaffen.

Nachhaltigkeit ist in der 1959 gegründeten Firma Familiensache: Er sei vermutlich der einzige Geschäftsführer in der kunststoffverarbeitenden Industrie, der seit Jahrzehnten aktives Mitglied bei den Grünen ist, lacht Pahlke-Chef Patrick Kopischke. Die Hauptgesellschafterin, seine Frau Kirsten Pahlke, treibt das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls voran, sein Sohn war bei Fridays for Future aktiv.

„Wenn wir ehrlich sind, werden wir nicht klimaneutral wirtschaften können“

Kurzum: Das Unternehmen Oskar Pahlke tut eine ganze Menge, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Wenn da nicht der Werkstoff wäre: Schaumstoff wird nun mal aus Erdöl gemacht, und das ist und bleibt ein Klimakiller. Das lässt sich nicht schönreden – und das tut das Team bei Pahlke auch nicht. „Wir sind nicht klimaneutral, aber EHRLICH NACHHALTIG!“, heißt es in der Außenkommunikation.

„Ursprünglich hatten wir mal die Parole ausgegeben, bis 2030 klimaneutral zu sein“, erzählt Patrick Kopischke, „wir haben aber unsere sehr engagierte Nachhaltigkeitsbeauftragte, und die hat gesagt: ,Das wird schwierig‘. Wenn wir ehrlich sind, werden wir nicht klimaneutral wirtschaften können, denn Wirtschaften ist nicht klimaneutral.“ Letztlich haben auch Ökostrom und Biogas einen CO2-Fußabdruck und auch nachwachsende Rohstoffe und Recycling-Materialien müssen angebaut, hergestellt und verarbeitet werden.

Das Scope-3-Transparenzproblem

2023 hat das Unternehmen seine Produktion noch energieeffizienter gemacht und erstmals eine Treibhausgasbilanz erstellt und extern verifizieren lassen. Die Herausforderung: In Scope 1 und 2 kann das Unternehmen selbst etwas bewegen. Das Potenzial ist nahezu ausgereizt und generell ist die Menge der im Betrieb entstehenden Emissionen überschaubar. Schwierig wird’s bei Scope 3 – also bei der Berechnung von Emissionen, die extern anfallen, unter anderem bei Produktion, Transport, Recycling und Entsorgung.

Valide Daten dazu gibt es schlicht nicht. Nur so viel steht fest: „Über 85 Prozent der mit unserem Betrieb verbundenen Emissionen hängen mit dem Werkstoff zusammen“, erklärt Patrick Kopischke. Und das lässt sich schlecht ändern. Da Pahlke nicht selbst schäumt, ist das Unternehmen auf die Forschung und Entwicklung seiner Lieferanten angewiesen. Schaumstoffe haben große Produktvorteile, die sich zum Beispiel bei der Wärmedämmung nur schwer substituieren lassen. Zwar wird viel geforscht und ausprobiert, adäquate Alternativen sind aber noch nicht gefunden. Spätestens beim Preis schließen sich die Türen der Kunden. Es ist in der Schaumstoffbranche wie in allen anderen auch: Alle möchten nachhaltig einkaufen, allerdings darf das nachhaltige Produkt nicht teurer sein und muss dieselben Eigenschaften mitbringen wie das konventionelle. Neue Verfahren aber sind aufwändig – und nicht zum gleichen Preis zu haben wie die herkömmliche Standardversion.

Ackerflächen für Schaumstoff? Ein No-go für viele Kunden

Ein moralisches Dilemma: Man könnte Schaumstoffe statt aus Erdöl auch aus Naturöl herstellen, beispielsweise aus Soja, Raps oder Rizinus. Dann hätte man einen Tipptopp-Schaumstoff – nur leider auch eine Flächenkonkurrenz, denn die Äcker stünden nicht für die Lebens- oder Futtermittelproduktion zur Verfügung. „Manche Kunden stehen dem offen gegenüber, andere lehnen das kategorisch ab“, berichtet Patrick Kopischke.

Und wie sieht es mit Recycling aus? Das, antwortet Kopischke, sei derzeit ein großes Ding in der Schaumstoffindustrie, weil es nahezu identische Produkteigenschaften erzeugt. Nur leider ist das chemische Recycling von Schaumstoff sehr energieintensiv und erzeugt erhebliche CO2-Emissionen. Weshalb recycelte Ware von vielen Kunden abgelehnt wird. „Wir sind seit locker drei Jahren mit unseren Lieferanten an der Entwicklung nachhaltiger Schaumstoffe beteiligt, aber noch gibt es keine rundum zufriedenstellende Lösung“, so Kopischke.

Nachhaltigere Schaumstoffe Pahlke

Die Nachhaltigkeitsbeauftragte von Oskar Pahlke, Michelle Maier, schreibt auf LinkedIn: „Wir fühlen uns auch für unsere Scope 3-Emssionen (mit)verantwortlich und müssen anerkennen, dass wir aktuell gewisse Dinge nicht unmittelbar in der eigenen Hand haben und wir häufig vor dem Henne-Ei-Problem stehen. Kein Angebot ohne Nachfrage & keine Nachfrage ohne Angebot – gar nicht so leicht für uns als B2B-Unternehmen.“ Pahlke werde am Thema „Werkstoffe mit geringerem CO2-Fußabdruck“ dranbleiben, werde weiterhin recherchieren, testen, Gespräche mit Lieferanten führen und Projektpartner auf Anwendungsseite suchen.

Ein klares Ja zur CO2-Bepreisung

Patrick Kopischke begrüßt die Erhöhung der CO2-Bepreisung. „Sie wird die chemische Produktion verteuern und die Preislücke zu nachhaltigen Produkten schließen.“ Sein Wunsch: Dass eines Tages im Produktkonfigurator von Pahlke nicht nur Produktspezifikationen und Preis zu den Auswahlkriterien zählen, sondern auch die Höhe der CO2-Emissionen. Dann könnten die Kunden dem Mehrpreis der nachhaltigeren Produkte einen klaren Gegenwert entgegensetzen. Das würde eine produktbezogene CO2-Bilanzierung für alle 20.000 Artikel voraussetzen, was an sich schon eine aufwändige Sache wäre. Solange aussagefähige Daten zu Scope 3 fehlen, bleibt die Transparenz auf Produktebene allerdings tatsächlich sowieso: ein Wunsch. Kopischkes Fazit: „Von mir aus könnte das alles viel schneller gehen. Es ist ein Marathon, kein Sprint.“